Leipzig. Eigentlich würden sich die besten Leipziger Schwimmerinnen und Schwimmer derzeit im Höhentrainingslager auf die nächsten Wettkampf-Höhepunkte vorbereiten. Doch daran ist im Moment nicht zu denken, bedauert Trainer Frank Embacher. Schließlich gebe es auf der Welt kaum noch eine geeignete Region, die wegen der aktuellen Corona-Pandemie nicht zum Risiko-Gebiet erklärt wurde. Da wolle man jetzt kein unnötiges Risiko eingehen.
Also wird nach der dreiwöchigen Sommerpause seit Anfang September wieder in der heimischen Schwimmhalle in der Mainzer Straße trainiert. Doch auch hier gibt es einige Einschränkungen. Unter anderem muss jede zweite Leine rausgenommen werden, sodass nur vier statt der acht Bahnen zur Verfügung stehen. Außerdem kann nur jede dritte Dusche genutzt werden und natürlich müssen auch die obligatorischen Abstände eingehalten werden. „Inzwischen haben wir uns an die Einschränkungen gewöhnt, auch wenn diese für die Trainingsgruppe nicht gerade förderlich sind“, sagt Frank Embacher zu den aktuellen Einschränkungen: „Ich befürchte, dass das für das nächste halbe Jahr unser Alltag sein wird, obwohl das Risiko einer Ansteckung im Wasser eigentlich Richtung null geht.“ Schließlich atmet man beim Schwimmen bekanntlich über dem Wasser ein und unter dem Wasser aus. Seit zwei Wochen kann zwar wieder intensiver trainiert werden, sogenanntes Hochintensivtraining ist aber aufgrund der Vorgaben der Sportärzte noch immer nicht möglich. „Für Leistungssportler sind Tests und damit auch eine Orientierung momentan sehr schwierig. Aber wir machen das Beste draus“, so Frank Embacher weiter: „Vor den Sportlerinnen und Sportlern muss ich einfach den Hut ziehen, dass sie auch in dieser Phase der großen Unsicherheit durchziehen. Da muss ich natürlich auch als Trainer den einen oder anderen Kompromiss machen.“ Er hofft, dass ab November wieder ein normales Training möglich ist. Trotz der Corona-Einschränkungen, die nun bereits seit sieben Monaten andauern, ist der Coach, der unter anderem Paul Biedermann und Britta Steffen zum WM-Titel führte, sei er vom Abschneiden seiner Sportlerinnen und Sportler beim letzten Wettkampf vor der Sommerpause im Juli in Magdeburg durchaus überrascht gewesen. „Bis drei Viertel der Strecken waren unsere Leute konkurrenzfähig, im Endspurt sind sie dann aber abgefallen. Das war aber auch kein Wunder bei den unterschiedlichen Trainingsmöglichkeiten. Magdeburg, zum Beispiel, konnte auch in der Coronazeit komplett durchziehen. Die sind damit natürlich auf einem anderen Stand“, weiß Frank Embacher. Dennoch sei er von den Leistungen seiner Schützlinge positiv überrascht gewesen, auch wenn zur Qualifikationsnorm für die Olympischen Spiele 2021 in Tokio derzeit noch 1 bis 2 Prozent entfernt sind.
Die erste Standortbestimmung der neuen Saison steht vom 30. Oktober bis 1. November in Berlin auf dem Programm. Ursprünglich waren hier die Deutschen Meisterschaften geplant. Aufgrund der Corona-Beschränkungen, die auch nur eine begrenzte Teilnehmerzahl an Wettkämpfen zulassen, glaubt Frank Embacher, dass der Wettkampf als „Bundesstützpunkt-Wettkampf“ über die Bühne geht. Doch anstatt mit den Corona-Beschränkungen zu hadern, blickt Frank Embacher lieber nach vorn – in Richtung Olympische Spiele 2021 in Tokio. „Ich setze momentan viel darauf, dass es Anfang 2021 einen Impfstoff gibt. Das ist für mich die Grundlage, dass die Olympischen Spiele stattfinden können. Dort wird es vielleicht keine ausverkauften Stadien geben, aber das Flair wird trotzdem ein ganz besonderes sein“, so Frank Embacher, der die Top-Schwimmer des Leipziger Stützpunktes seit drei Jahren trainiert: „Der Leistungssport braucht dieses Event, sonst bekommt er noch mehr Probleme, als er ohnehin schon hat.“ In Sachen Olympianormen gibt es allerdings noch viele Fragezeichen. Laut Frank Embacher wartet der Deutsche Schwimmverband derzeit noch ab, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) endgültig den Olympia- und den Nominierungs-Zeitplan endgültig festlegt. Erst danach sollen die Nominierungskriterien aufgestellt werden. Nach aktuellem Stand soll der erste Olympiaqualifikations-Wettkampf Mitte Dezember in Berlin stattfinden. Auch wenn es keine offizielle Vorgabe gibt, hat man sich zum Ziel gesetzt, mindestens einen Sportler oder Sportlerin in Tokio am Start zu haben. „Mittelfristig muss es aber Standard werden, dass wir mindestens zwei oder drei Starterinnen oder Starter bei internationalen Meisterschaften am Start haben“, stellt Frank Embacher klar. Doch das ist aktuell noch Zukunftsmusik. Die Realität ist die Vorbereitung auf das Olympiajahr. Andreas Neustadt