Holz ist seine Leidenschaft: Pascal Frauendorf gehört zu den besten Zimmerern in ganz Deutschland. Fotos: Christian Modla
Holz ist seine Leidenschaft: Pascal Frauendorf gehört zu den besten Zimmerern in ganz Deutschland. Fotos: Christian Modla

Der Geruch von Holz liegt in der Luft, lange hölzerne Leisten sind überall auf dem Boden verteilt, es wird vermessen, gesägt und gehämmert. In der Werkstatt des Bildungs- und Technologiezentrums der Handwerkskammer in Borsdorf bei Leipzig trainieren an diesem Tag die besten Zimmerer aus ganz Deutschland.

Eine Woche lang üben sie gemeinsam für die Europameisterschaft, die im September im polnischen Danzig ausgetragen wird. Einer der vier Anwesenden ist Pascal Frauendorf aus Zwenkau. Der 22-Jährige trägt eine schwarze Weste und die typische schwarze Cordhose der Zimmerleute. Er ist eifrig bei der Sache. Gemeinsam mit seinen drei Mitstreitern soll er unter den prüfenden Blicken der Trainer einen Pavillon aus Holz anfertigen. Das Modell stellt die Handwerker vor Herausforderungen. An einigen Stellen sei es „kniffelig” gewesen, sagt Frauendorf. Aber: „Das Ergebnis kann sich sehen lassen.”

Jury bewertet nach strengen Kriterien

Bewertet wurde die Arbeit der vier Zimmerer nach den Kriterien, die auch die Jury in Danzig ansetzen würde: Die Maße müssen millimetergenau stimmen, schon bei kleinen Ungenauigkeiten werden Punkte abgezogen. Außerdem sollten die Schnitte des Holzes sauber und nicht ausgefranst sein. „Jede kleinste Abweichung sieht man und sie kann dazu führen, dass das Bauteil nicht passt”, erklärt Frauendorf. Die vier Handwerker arbeiten zwar zusammen, aber am Ende darf nur einer von ihnen Deutschland bei der Europameisterschaft vertreten. „Wir stehen in Konkurrenz zueinander”, macht auch Pascal Frauendorf klar. Doch beim Training bemerke man das nicht, sagt er. „Wir helfen uns gegenseitig und finden gemeinsam Lösungen, wenn es Probleme gibt.”

„Am Ende des Tages kann ich was in den Händen halten und sagen: Darauf bin ich stolz.“

Dabei konnte der Zwenkauer bereits im Vorjahr einen großen Erfolg verzeichnen: 2022 wurde er Deutscher Meister im Zimmer-erhandwerk. Er setzte sich gegen sämtliche Kandidaten im Wettbewerb durch – und wurde so bundesweit zum Besten des aktuellen Jahrgangs gekürt.

Dabei findet Frauendorf eher durch Zufall zu dieser Zunft. Dass er nach dem Abitur etwas Praktisches machen will, steht fest. Der Vater ist Bauingenieur, die Mutter Zahnarzthelferin. Pascal Frauendorf will auf keinen Fall den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen. Er muss raus, an die frische Luft und mit seinen Händen arbeiten. Er will einen Beruf lernen, „wo man hinterher sieht, was man geschafft hat und nicht nur Zahlen in einen Computer tippt”. Das Thema Bauen habe ihn durch seinen Vater schon immer interessiert. Doch eigentlich will er studieren – Forstwirtschaft oder Holzbau, am besten im dualen System. Dabei besucht man Vorlesungen an der Uni und macht gleichzeitig eine Ausbildung in einem Betrieb. Doch der Plan geht nicht auf. Frauendorf findet keine Firma, die ihn nebenher studieren lässt.

Ausbildungsplatz bei Firma in der Region

Also entscheidet er sich für eine klassische Ausbildung mit dem Plan, das Studium hinterher draufzusatteln. Er bewirbt sich bei mehreren Zimmereien im Umkreis von Leipzig. In Neukieritzsch bietet ihm die Firma Nickel schließlich einen Ausbildungsplatz an. Vorher soll er ein viertägiges Praktikum machen. Schon in dieser kurzen Zeit merkt er: „Das war das Richtige für mich.“ Er baut ein kleines Dachstuhlmodell, der Chef kümmert sich um den jungen Mann. „Ich war sofort begeistert.”

Im Herbst 2019 beginnt Frauendorf seine Ausbildung, sitzt gemeinsam mit 24 weiteren Azubis in der Berufsschule. In seiner Firma darf er sofort Verantwortung übernehmen, kleinere Aufträge bearbeitet er selbstständig. Wenn man ihn fragt, welche Voraussetzungen man für den Beruf mitbringen sollte, antwortet er: Grundlegende mathematische Kenntnisse, vor allem Winkelbeziehungen und Geometrie, und räumliches Vorstellungsvermögen seien von Vorteil. Und: Zimmerer müssen auch körperlich beanspruchbar sein.

Sie sind viel in der Werkstatt und viel draußen – und zwar bei jedem Wetter. Im Sommer geht es zeitig los, oft ist schon 6 Uhr morgens Arbeitsbeginn, dann fahren alle gemeinsam zur Baustelle. Das zeitige Aufstehen stört Frauendorf nicht. „Da hat man noch was vom Nachmittag.” Überstunden muss er selten machen. „Meistens beginnen alle zusammen und hören auch gemeinsam auf.”

Respekt vor der Höhe sollte bleiben

Was er besonders liebt, ist die Arbeit an einem Dachstuhl. „Ich hab da oben einen Ausblick, den sonst niemand hat.” Dabei hatte Frauendorf als Kind Höhenangst, doch das legte sich mit der Zeit. „Es muss trotzdem ein gesunder Respekt da sein, damit man nicht leichtsinnig wird”, weiß er. Und wie steht es um die Sicherung oben auf dem Dach? Frauendorf grinst und sagt: „Es gibt da so gewisse Vorschriften”. Ob die immer streng eingehalten werden, dazu sagt er lieber nichts.

„Am Ende des Tages kann ich was in den Händen halten und sagen: Darauf bin ich stolz.” Im vergangenen Jahr hat er seine dreijährige Ausbildung abgeschlossen. Seit August ist er nun Geselle in dem siebenköpfigen Team in Neukieritzsch. Nach der Ausbildung hätte Frauendorf jetzt für drei Jahre auf die Walz gehen können und dabei in andere Betriebe hineinschnuppern. Doch er gesteht sich ein: „Ich bin nicht der Typ dafür. Ich konnte es mir nicht vorstellen, mich so lange von zu Hause zu verabschieden.” Wer auf die Walz geht, darf das laut Regelwerk, nur zu Fuß tun oder per Autostopp. Manchmal sei es ungewiss, wo man schlafen wird, sagt Frauendorf. Auf einer Parkbank zu übernachten, darauf hatte er keine Lust.

Frauendorf hat den Meister im Blick

Statt durchs Land zu ziehen, hat Frauendorf bereits den nächsten Karriereschritt im Blick. Aktuell bereitet er sich in einem Lehrgang auf die Meisterprüfung vor. Anfang nächsten Jahres hat er dann mit großer Wahrscheinlichkeit bereits den Meister in der Tasche. Das Thema Studium ist längst in den Hintergrund gerückt. Das Zimmererhandwerk – für Frauendorf ist es inzwischen Beruf und Hobby zugleich. Wenn er Zeit findet, werkelt er an eigenen Holzprojekten, dafür kann er die Werkstatt seiner alten Firma nutzen.

Kürzlich musste Frauendorf dann eine kleine Enttäuschung verdauen: Zur Europameisterschaft nach Polen fährt ein anderer Mitbewerber der Nationalmannschaft aus Thüringen. „Natürlich hätte ich mich riesig gefreut, aber am Ende wusste ich auch, dass die anderen schon fast zwei Jahre dabei sind und somit auch mehr Erfahrung haben.” Außerdem sei es für ihn schon viel wert, überhaupt in der Nationalmannschaft trainieren zu dürfen. Wenn er den Meister in der Tasche hat, will der 22-Jährige vielleicht in einer anderen Firma anheuern und noch weitere Bereiche des Holzbaus kennenlernen. Fachwerksanierung, Massivholzbau und ökologisches Bauen sind Themen, die ihn interessieren. Und dann gibt es da noch seinen Traum: In zehn Jahren will sich der Handwerker ein kleines, eigenes Holzhaus bauen, seine persönliche Wohlfühloase.

Gina Apitz

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