WELLAUNE. Alte Obstsorten sind selten geworden und viele der letzten Streuobstbestände gelten deutschlandweit als gefährdet. Umso erfreulicher ist es, wenn alte Streuobstwiesen, wie sie früher an jedem Dorfrand zu finden waren, auch heute erhalten bleiben und bewirtschaftet werden können. Ein Beispiel ist in Wellaune zu finden, wo sich eine grüne Oase hinter einer hohen Hecke verbirgt.
Seit einigen Jahren bewirtschaftet Markus Aé aus Bad Düben dieses etwa 2.500 Quadratmeter große Areal und, wie von ihm zu erfahren ist, wachsen dort 44 Obstbäume. Einige sind schon sehr alt und wurden von Vorbesitzern gepflanzt. Andere sind noch jung und kamen erst vor ein paar Jahren ins Erdreich. Unter den Apfelsorten finden sich Kaiser Wilhelm, Gravensteiner, Berner Rosenapfel, Geflammter Kardinal, Rote Sternrenette und Boskop. Hinzu kommen einige Birnen sowie Kirschen und in der Hecke finden sich noch einige Pflaumenbäume.
Also, was die Obstbaumblüte anbelangt, kann man sich in diesem Jahr wirklich nicht beklagen. Ob in Kleingartenanlagen, Bauerngärten, Plantagen oder auf Streuobstwiesen – überall versanken die Bäume in einem Traum aus Weiß und Zartrosa. So natürlich auch auf der Wellauner Wiese, was eine reiche Ernte verspricht.
Doch was macht man mit Obst von 44 Bäumen? Wie Markus Aé erklärt, werde ein Teil der Früchte von der Familie verzehrt, eingekocht und gelagert. Die meisten Äpfel landen jedoch in der mobilen Obstpresse oder werden in einer Mosterei verarbeitet. „Wir trinken sehr gern Saft“, verrät der 43-jährige Familienvater, und im vergangenen Jahr ergab die Ernte über 500 Liter Fruchtsaft. Fallobst, das nicht verwendet wird, ist nicht verloren. Es dient unter anderem als Tierfutter für Schafe und Kaninchen, aber auch die heimische Tierwelt bedient sich gern auf einer Streuobstwiese.
Eine klassische Streuobstwiese, die optimalerweise auch noch von einer gemischten Hecke umsäumt ist, stellt einen wertvollen Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten dar, denn Insekten, Amphibien, Reptilien, Vögel und kleine Säugetiere finden genügend Nahrung und Unterschlupf. Hier und da liegen altes Astwerk, Reisig und Totholz und bieten manch kleinem Wesen Schutz.
Der Obstanbau kann übrigens auf eine jahrhundertelange Geschichte zurückblicken und die urältesten Apfelsorten Deutschlands fanden bereits im 12. Jahrhundert ihre Ersterwähnung. Im einstigen Persien (heute Iran) soll der kultivierte Obstanbau bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. begonnen haben, den die Griechen und Römer dann weiterentwickelten und verbreiteten. Auch die Klostergärten des Mittelalters und spätere Schlossgärten hatten einen großen Anteil an der Sortenentwicklung. KiKi