Eintauchen in die 90er Jahre in Leipzig: Dies macht die neue Sonderausstellung möglich. Foto: Markus Scholz
Eintauchen in die 90er Jahre in Leipzig: Dies macht die neue Sonderausstellung möglich. Foto: Markus Scholz

Es war eine außergewöhnliche Zeit: Turbulent im positiven wie im negativen Sinne – mit grenzenlosen Freiheiten und neuen Westautos, aber auch mit tiefen Einschnitten in Lebensläufe und existenziellen Sorgen im Alltag. Erstmals widmet das Stadtgeschichtliche Museum den 1990er Jahren in Leipzig eine eigene Ausstellung: Ein Jahr lang lädt „Zwischen Aufbruch und Abwicklung. Die 90er in Leipzig“ in das Haus Böttchergäßchen zu einer Sicht auf jene umbruchvolle Zeit ein.

1990 begann in Leipzig eine turbulente Zeit voller Freiräume und Herausforderungen. Nach der Friedlichen Revolution und dem Ende der DDR war vieles möglich: Technopartys, besetzte Häuser, medienwirksame Sportereignisse oder neue Festivals. Kultur wurde freier, Stadtpolitik demokratisch. Prall gefüllte Supermarktregale und Westautos gehörten nun zum Alltag – doch nicht für alle. Sehr viele Betriebe schlossen oder schrumpften.

Erbe der DDR wurde heiß diskutiert

Gegen die neue Massenarbeitslosigkeit protestierten Tausende. Ein besseres Leben zog viele ins Umland oder in den Westen. Das Erbe der DDR wurde heiß diskutiert, von Stasiakten bis Paulinerkirche. Zugleich entstanden junge Unternehmen und Initiativen.

Überall wurde geplant und gebaut: Neue Messe, Flughafen, Wohnungen, Neuseenland, neue Sportstätten. Menschen aus dem Westen und dem Ausland fanden in Leipzig ein neues Zuhause. Heute ist Leipzig lebendige Kulturstadt, Verkehrs- und Wirtschaftszentrum. Trotzdem gibt es Armut und Ungleichheit …

Erstmal zu Norma ... die neuer 90er-Schau im Stadtgeschichtlichen Museum zeigt interessante Momentaufnahmen aus dieser Zeit in Leipzig. Foto: Stadtgeschichtliches Museum
Erstmal zu Norma … die neuer 90er-Schau im Stadtgeschichtlichen Museum zeigt interessante Momentaufnahmen aus dieser Zeit in Leipzig. Foto: Stadtgeschichtliches Museum

Die Ausstellung spannt mit etwa 400 historischen Zeugnissen den Bogen von der Friedlichen Revolution bis ans Ende der 90er Jahre in Leipzig. Es ist eine multimediale kulturhistorische Ausstellung mit Erinnerungsstücken, Film- und Hörbeiträgen, Fotografien, Schriftgut oder Plakaten, ebenso mit Dingen des alltäglichen Gebrauchs. Im Spannungsfeld von Aufbruch und Abwicklung ist der Umbruch ebenso Leitmotiv der Ausstellung wie der Zustand zwischen Alt und Neu oder Verlust und Gewinn.

Das Team des Gestalterbüros Basis Leipzig wählte dafür eines der auffälligsten Konstruktionen der Zeit: Das Baugerüst. Es kommt direkt aus dem Arbeitsalltag und betont so die Ambivalenz des Unfertigen in diesem Jahrzehnt und strukturiert den Ausstellungsrundgang durch die sechs Themenbereiche „Anstöße“, „Aufbrüche“, „Alltag“, „Arbeit“, „Aufarbeitung“ und „Aufschwung“.

Rolle Leipzig als regionales Zentrum

Derweil bleibt es eine spannende Frage, welche Rolle Leipzig als regionales Zentrum im Osten hat und wie die 90er Jahre in den Köpfen der Menschen und im Stadtbild fortwirken. Ein umfangreiches Begleitprogramm widmet die Ausstellung daher dem Dialog mit Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen, um darüber zu sprechen, was von den 90ern heute geblieben ist.

Der „Freiraum“ – dies ist das offene Forum der Ausstellung – lädt ein, sich mit aktuellen Sichtweisen auf die 90er auseinanderzusetzen. Themen und Inhalte stammen aus Gesprächen und Projekten mit vielen Menschen. Er ist ein Platz für persönliche Geschichten und wird sich im Laufe der Ausstellung stetig verändern – auch mit der Meinung und den Erinnerungen aller Gäste.

www.stadtmuseum-leipzig.de

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