Döbeln. Vor einigen Wochen haben die Fußballer von Bayern München die Champions League gewonnen und damit das Titel-Triple perfekt gemacht. Dabei haben sicher auch viele Nachwuchs-Kicker aus der Region ihren kickenden Helden die Daumen gedrückt – verbunden mit dem Traum, irgendwann selbst einmal auf der großen Bühne zu kicken.
Die ersten Schritte auf diesem Weg können die besten Talente der Region im Döbelner Nachwuchszentrum (DNZ) im Gruner-Sportpark beim Döbelner SC gehen. Hier können seit sechs Jahren die besten Jungen und Mädchen in den verschiedenen Altersklassen aus der Region ihr fußballerisches Talent unter Beweis stellen. Aktuell werden 211 Kinder und Jugendliche von 17 Trainern und Übungsleitern trainiert. Das Stützpunkttraining findet immer montags statt. Von 16 bis 17.15 Uhr sind die 12- und 13-Jährigen an der Reihe, von 17.30 bis 19 Uhr die 14- und 15-Jährigen. Dabei stellt der Nachwuchsleiter Ulrich Löser, der sich noch mehr Talente aus dem Döbelner Umland beim Stützpunkttraining wünschen würde, klar: „Das Stützpunkttraining ist eine Chance für talentierte Spielerinnen und Spieler, sich weiter zu verbessern und sich mit den besten Talenten zu messen. Wir wollen den kleineren Vereinen der Region keine Spieler wegnehmen.“ Immer wieder schaffen die besten Talente den Sprung zu den großen sächsischen Fußballvereinen, deren Talentsucher das Döbelner Leistungszentrum natürlich längst auf dem Schirm haben.
Mit Helene Baumann ist bereits das nächste Talent des Nachwuchszentrums auf dem Sprung zu RB Leipzig. Die 12-Jährige aus Wermsdorf bereitet sich derzeit auf die Einschulungsüberprüfung in der Leipziger Sportschule vor. Sollte die Prüfung erfolgreich verlaufen, will sie ab dem Schuljahr 2021/22 die Sportschule besuchen. Bei der pfeilschnellen Offensivspielerin aus der D1-Jugend des Döbelner SC, in der sie sich in der kommenden Saison noch mit den besten Jungs der Altersklasse messen soll, liegt das Fußball-Gen übrigens in der Familie. Ihr Bruder Dominic schaffte vor einigen Jahren von Wermsdorf aus den Sprung zur SG Dynamo Dresden, absolvierte in der Saison 2016/17 vier Zweitliga-Spiele für den 1. FC Nürnberg und schaffte in der vergangenen Spielzeit mit den Würzburger Kickers den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Im Februar schaffte Alexander Suhr aus Hartha den Sprung in die C-Jugend des Chemnitzer FC. „Alex ist ein Topspieler. Er ist sehr willensstark und hat in Chemnitz richtig gut eingeschlagen“, freut sich Ulrich Löser. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Mügelner Erik Schreiber über das Döbelner Nachwuchszentrum den Sprung zum FC Erzgebirge Aue geschafft. Und wenn es nach dem Nachwuchsleiter geht, werden in den kommenden Jahren noch weitere seiner Schützlinge den Sprung in eines der großen sächsischen Fußballzentren schaffen – wie Ben Schmidt. Der 13-Jährige aus der D-Jugend sei eines der Talente, das sich in den letzten Jahren am besten entwickelt habe. Er gehörte auch zum D-Jugend-Team, dass im Februar den Sachsenmeistertitel im Futsal nach Döbeln holte und sich dabei auch gegen RB Leipzig, dem FC Erzgebirge Aue und Dynamo Dresden durchsetzte. Aufgrund des „starken Jahrganges“ ist die D-Jugend derzeit das Aushängeschild des Döbelner Nachwuchszentrums. „Da sind ein paar echte Granaten dabei. Der Sieg bei den Sachsenmeisterschaften war richtig stark von den Jungs. Das ist der bislang größte Erfolg unserer Vereinsgeschichte“, schwärmt Ulrich Löser. In den kommenden Wochen soll Ben Schmidt, der auch im Kader der Kreisauswahl Nordwestsachsen steht, sein Nachhole-Probetraining bei RB Leipzig absolvieren. Das Talent der Spielerinnen und Spieler sei auf dem Weg nach oben aber nur die eine Seite der Medaille. „Die zweite Seite sind Wille, Ehrgeiz und Engagement. Viel wichtiger ist es, dass die Jungs und Mädels wirklich den Schritt zu einem anderen Verein wagen wollen. Vieles steht und fällt dabei mit den Eltern, die ihre Kinder zum Training oder zu den Spielen fahren müssen. Das ist nicht in allen Familien möglich“, weiß Ulrich Löser.
Es geht im Döbelner Nachwuchszentrum nicht nur um die richtige Zweikampfführung und die Körperspannung beim Kopfball, stellt Nachwuchsleiter Ulrich Löser klar: „Das Maß der Dinge ist, dass die Kinder und Jugendlichen Spaß am Fußball haben und sich bei uns kontinuierlich entwickeln können. Vor allem in den jüngeren Jahrgängen steht der Spaß am Spiel im Vordergrund.“ Das Schlimme derzeit sei allerdings, dass „das Gewinnen müssen“ oft von den Eltern hereingetragen wird. Damit verlieren einige Kinder die Lust am Spiel und hören auf. „Das war vor 10 bis 15 Jahren noch nicht so schlimm“, erklärt Ulrich Löser.
Insgesamt werde es schwerer, Kinder für den Sport zu begeistern, da macht selbst „König Fußball“ keine Ausnahme. „Es ist unser Anspruch, uns mit dem DSC-Nachwuchs im Bezirk zu etablieren, um den Talenten eine Perspektive und ein gutes Leistungsniveau bieten zu können. Aber das wird immer schwerer, weil die Kinder fehlen“, bedauert Ulrich Löser, der seit sechs Jahren beim Döbelner SC arbeitet: „Aber das ist kein Döbeln-Phänomen, das geht allen Vereinen so. Irgendwann wird es in Döbeln nur noch einen Fußballverein geben. Da werden Spielgemeinschaften notwendig sein, um spielfähig zu sein.“ Diesbezüglich laufen im Hintergrund bereits Gespräche. Nicht nur die Vereine auf dem Land, auch die großen Vereine spüren längst die weniger werdenden Kinder. Dafür hat Ulrich Löser auch ein klares Indiz: „Seit drei oder vier Jahren kommen die Talent-Scouts aus Aue, Chemnitz, Dresden oder Leipzig regelmäßig zum Nachwuchsturnier in die Döbelner Stadtsporthalle. Das war früher nicht so. Weil es auch bei diesen Vereinen weniger Kinder werden, gehen sie aufs Land, um Talente zu sichten.“ Andreas Neustadt