Es sind frühlingshafte zehn Grad Celsius, die Sonne scheint – beste Bedingungen also für Frau K., die namentlich nicht genannt werden möchte, um in ihrem Gebiet den SachsenSonntags zu verteilen. Seit 2014 ist die heutige Rentnerin fast jeden Sonntag in Schkeuditz unterwegs, um rund 300 Exemplare des SachsenSonntag auszutragen. Stets gut gelaunt, freundlich und gründlich, so kennen und schätzen sie die Anwohnerinnen und Anwohner.
Das „Geschäft“ mit der Zustellung von Werbung kennt Frau K. schon seit 1999, damals war sie allerdings noch Gebietsbetreuerin für eine Firma, die Werbeflyer verteilte. Erst 2014 stand sie vor der Frage, ob sie lieber selbst verteilen will. „Ich wollte unbedingt sonntags arbeiten, daher habe ich das Angebot gerne angenommen“, sagt sie lächelnd. Seit November 2014 hat sie „ihr Gebiet“ in Schkeuditz.
Austrägerin kennt Tricks und Kniffe
Die vielen Jahre der Zustellung haben sie sehr viele Tricks und Kniffe gelehrt. Beim Schieben ihres Zustellwagens (auch Trolley genannt) etwa hat sie inzwischen eine Technik entwickelt, die kraft- und gelenkschonend ist. Hin und wieder gibt sie dem Gefährt einen kräftigen Schubs, damit es alleine bis zum nächsten Briefkasten weiterrollt.
Trotzdem verschleißt die Technik viel schneller als die Gelenke. Es sei inzwischen ihr dritter oder vierter Trolley, die sie alle selbst bezahlt hat, sagt Frau K. Bei jeder Tour parkt sie ihr Auto mehrmals um, damit die Fußwege nicht allzu weit sind. Das Wichtigste sei eine gewissenhafte Vorbereitung, um nicht unnötige Wege zu gehen. Rund 40 bis 70 Zeitungspakete – das Gewicht der Zeitungen ist hierbei ausschlaggebend – packt sie in ihren Trolley, dann begibt sie sich zügigen Schrittes in ihr Zustellgebiet.
Wenn sie Kollegen vertreten muss, etwa im Krankheitsfall oder Urlaub, übernimmt sie gerne auch ein zusätzliches Vertretungsgebiet. Dann können es bis zu 700 Zeitungen werden, welche sie an einem Tag austrägt. In Schwierigkeiten kommt sie dabei nie, denn sie steht immer um halb fünf Uhr morgens auf. Je nach Jahreszeit ist sie dann spätestens um halb acht draußen auf der Straße unterwegs für die Zustellung. Ihre Pakete sortiert sie sich im Auto zurecht. Bis zu zwanzig verschiedene Werbe-Einleger können im SachsenSonntag enthalten sein. „Da wird der Trolley manchmal eng“, sagt sie.
Zeitungen wiegen bis zu 500 Kilo
Die Federn ihres Autos hat sie extra verstärken lassen, berichtet sie. Denn je nach Umfang und Menge können die Zeitungen, die sie austrägt, gerne mal 500 Kilo wiegen. Dennoch belade sie das Auto jeden Samstag selbst. „Weil ich mir nicht reinreden lasse, ich habe mein System und bin das so gewohnt. Ich habe früher auch allein gearbeitet“, sagt sie im Brustton der Überzeugung.
Dabei hat sie Verständnis für Menschen, die keine Anzeigenblätter in ihrem Briefkasten wünschen, so genannte Werbeverweigerer. Davon gibt es selbstverständlich auch in ihrem Gebiet einige, auch wenn viele das nicht durch einen Aufkleber am Briefkasten kenntlich machen. Doch Frau K. kennt Schkeuditz und dessen Bewohner und nimmt genauestens Rücksicht. Probleme gibt es nur, wenn sie etwa bei Urlaub oder Krankheit selbst mal ausfällt. „Meine Vertretung kennt in der Regel diese Werbeverweigerer ohne Aufkleber am Briefkasten nicht“, sagt sie und bittet in solchen Fällen um Nachsicht.
„Ich habe mein System und bin das so gewohnt. Ich habe früher auch allein gearbeitet.“
Sie weiß aus eigener Erfahrung: „Wenn man ein unbekanntes Zustellgebiet vertritt, nimmt es eine gewisse Zeit in Anspruch, sich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu machen.“ Durch die Routine braucht sie aber meistens nur zwei Stunden und 15 Minuten, bis sie die 300 Exemplare verteilt hat. Einmal im Monat erscheint der „Schkeuditzer Bote“ als zusätzliche Mitnahme, wodurch sich der Aufwand der Zustellung erhöht.
SachsenSonntag wird in Tüten eingewickelt
Bei schlechtem Wetter klingelt sie auch mal, um die Zeitungspakete abzugeben oder bei Mehrfamilienhäusern im Flur abzulegen. Doch auch wenn wie heute die Sonne nach Kräften scheint, schlägt sie den SachsenSonntag in Zeitungstüten ein, wo sie keinen Platz im Briefkasten finden. „Es könnte ja trotzdem in ein paar Stunden regnen, da sollen die Zeitungen nicht nass werden“, sagt sie pflichtbewusst. Das Engagement für „ihren“ SachsenSonntag geht so weit, dass es ihr richtiggehend schlecht geht, wenn am Ende der Zustellrunde mal eine Zeitung übrig bleibt.
Den Großteil ihres Berufslebens hat die Leipzigerin als Einkaufsdisponentin im Großhandel sowie als Buchhalterin in einem Handwerksbetrieb gearbeitet. „Ich liebe Zahlen“, sagt sie. Ab 1999 hat sie als Gebietsbetreuerin für einen Verlag gearbeitet, daher komme wohl ihr Verständnis für die Leserschaft. „Ich gebe mir Mühe, dass ich weniger penibel bin, aber das wird wohl nix mehr.“ Die Entscheidung, die Zeitungen nun nur noch zu verteilen, hat sie nie bereut. Die Vorteile ihrer Zustelltätigkeit liegen für Frau K. auf der Hand. Man sei immer in Bewegung, stets an der frischen Luft und komme leicht ins Gespräch mit den Anwohnerinnen und Anwohnern. „Ich mache das sehr gerne, auch bei Wind und Wetter. Die selten auftretenden Unannehmlichkeiten blende ich dabei aus.“
Angesprochen auf solche Schwierigkeiten führt Frau K. Stolperfallen an, die nicht sein müssten. So können etwa Gartenschläuche oder ungeschickt platzierte Natursteine ihr zum Hindernis werden. Tüchtige Schwierigkeiten machen ihr auch die modernen, aber viel zu kleinen Briefkästen. Häufig sind diese aus Edelstahl und haben scharfe Kanten, weshalb sie beim Austragen stets Arbeitshandschuhe trägt.
Denkt Frau K. als Rentnerin schon ans Aufhören? „Das steht nicht zur Debatte!“ Solange die Gesundheit mitmache, will auch sie weitermachen. Die Freude der Menschen, wenn sie die Zeitung bringt, die Dankbarkeit und die guten Gespräche motivieren sie, weiterzumachen. Andreas Bayer