Großbardau. Vor wenigen Wochen war für die Knirpse des Großbardauer Kindergartens „Parthenzwerge“ der große Tag gekommen: Der Tag, an dem sie erstmals auf Tuchfühlung mit den ersten gefiederten Gästen im zum Tierhäuschen umfunktionierten einstigen Trafohaus des Grimmaer Ortsteiles gehen konnten. Dort hatte sich bereits Bernd Holfter in Stellung gebracht, um sechs Schleiereulen-Jungen zu beringen. Dass ihm dieses Prozedere routiniert von der Hand ging, kommt nicht von ungefähr. Denn der Grimmaer engagiert sich seit vielen Jahren als ehrenamtlicher Naturschutzhelfer, wobei einer der Schwerpunkte das Beringen von Turmfalken und Schleiereulen ist.
Eine Tätigkeit, die den rüstigen Rentner in diesem Jahr mehr denn je gefordert hat. „Ich habe in den vergangenen Wochen und Monaten 309 Falkenjungen beringt, und bei den Schleiereulen wird es auf 200 hinauslaufen“, so Holfter, der bei letzterer Vogelart trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit noch immer in Sachen Beringung unterwegs ist.
„Weil die diesjährige Feldmäuseplage ein Futterüberangebot bietet, löst dieses bei den Raubvögeln den Impuls zu einer zweiten Brut aus“, erläutert Holfter, der schätzt, in diesem Jahr rund 40 Prozent mehr Jungvögel beringt zu haben als in Jahren mit einem normalen Futterangebot. „Bei den zweiten Bruten war aber bereits erkennbar, dass aus den Eiern nicht mehr so viele Junge geschlüpft sind, was darauf hindeutet, dass das Futterangebot zuletzt rückläufig war.“
Ungewöhnlich sei die diesjährige Feldmäuseplage allerdings keineswegs. „Sie trat auch schon in früheren Zeiten im Vier-Jahres-Rhythmus auf und hing mit den Zyklen der Feldbewirtschaftung zusammen“, erklärt Holfter und hebt die Rolle der Raubvögel bei der Eindämmung der Nager-Plage in früheren wie in den heutigen Zeiten hervor. „Sie sind im wahrsten Wortsinne biologische Schädlingsbekämpfer.“
Um deren Entwicklung auch langfristig im Auge behalten zu können, opfert Bernd Holfter alljährlich viele Stunden, um auf Kirchtürme und Hausböden zu steigen, um Jungvögel zu beringen. Regelmäßiger Gast ist er dabei unter anderem im Landgasthof des Wurzener Ortsteiles Dehnitz, in dessen Dachgeschoss seit Jahren Turmfalken nisten, zu deren Beringung Wirtsfamilie Lehne den Nachwuchs hinzuzieht. „Im Unterschied zu Säugetieren stellt aufgrund des bei Vögeln gering ausgeprägten Geruchsinnes das Berühren der Jungtiere kein Problem dar“, informiert der 68-Jährige, der seit 1978 nach eigener Aussage über 10 000 Vögel beringt hat. Und der sich bis vor wenigen Jahren auch noch mit einem für die Beringung verantwortlich zeichnenden ehrenamtlichen Naturschutzhelfer in der Bornaer Region austauschen konnte. „Seit seinem Tod hat sich leider bis heute noch kein Nachfolger gefunden.“ Roger Dietze