Sachverständige Claudia Dietrich bietet Pilzwanderungen durch die Region an. Foto: privat
Sachverständige Claudia Dietrich bietet Pilzwanderungen durch die Region an. Foto: privat

Wer nach regnerischen Tagen in den Wald geht, begegnet nicht selten Menschen mit Körben an den Armen. Genau: den Pilzsammlern. Eine von ihnen ist Claudia Dietrich. Pilze sind für die 56-Jährige eine faszinierende Gattung. „Bäume und Pilze gehen zusammen eine Art Partnerschaft ein. Dank eines breiten Pilzgeflechtes im Waldboden können Bäume viel besser Wasser und Nährstoffe aufnehmen“, berichtet sie.

Zudem seien Pilze eine der artenreichsten Organismengruppe. „Bislang kennen wir etwa 10 000 Pilzarten in Mitteleuropa, davon sind knapp 200 Arten essbar und 150 giftig und von den giftigen sogar zehn tödlich. Man geht aber davon aus, dass es weltweit bis zu fünf Millionen Arten gibt.“ Und sie liebt die Gerüche. „Jeder Pilz riecht anders. Der eine nach Zedernholz, der andere nach Mehl oder Anis“, beschreibt sie.

Über Pilze aufklären

Warum sie so viel über die Pilze weiß? Claudia Dietrich ist seit 2011 bestellte Pilzsachverständige (PSV) der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) – und dieses Amt bekleidet sie im Ehrenamt. „Bestellt heißt es, weil der Landrat mich dafür beruft“, erklärt sie. Anfangs war sie für den Landkreis Leipzig zuständig, weil sie in Wurzen wohnte. Da sie aber seit vier Jahren in Delitzsch zu Hause ist, ist sie nun für den Landkreis Nordsachsen zuständig. Ihre Aufgabe als PSV ist es, Pilzsammler und Interessierte über Schutzbestimmungen, ökologische Zusammenhänge und einzelne Pilzarten aufzuklären und die ihr vorgelegten Pilze zu erkennen, zu bestimmen und ihren Speisewert einzuschätzen.

Eigenen Horizont erweitern

Die Liebe zu Pilzen entwickelte sich in Kindheitstagen. „Ich bin mit meinen Eltern und meiner Oma regelmäßig in den Wald und in die Pilze gefahren.“ Aus dieser Zeit weiß sie auch noch: „Pilze sucht man nicht, man findet sie.“ Für sie ist es auch ein wunderbares Hobby: „Man ist draußen in der Natur unterwegs und es bleibt am Ende immer etwas für den Kochtopf übrig.“

Da Claudia Dietrich viel mehr über Pilze wissen wollte, besuchte sie später verschiedene Veranstaltungen zum Thema. 2010 begann die Volkshochschule (VHS) Muldentalkreis und das Landratsamt Leipziger Land PSV auszubilden. Daraufhin absolvierte sie 2010 einen eineinhalbjährigen Weiterbildungskurs an der VHS Grimma, den sie 2011 erfolgreich abschloss.

„Jeder Pilz riecht anders. Der eine nach Zedernholz, der andere nach Mehl oder Anis.“

Hinzu kommt, dass sie auch beruflich – wenn auch im weitesten Sinne – mit Pilzen zu tun hat. Claudia Dietrich arbeitet als Krankenschwester im Krankenhaus Wurzen in der inneren Funktionsabteilung/Endoskopie. „Also da, wo die Menschen hinkommen, die ungenießbare oder gar giftige Pilze gegessen haben.“ Und da hat sie schon einige Pilzvergiftungen unter ihren Händen gehabt. Deshalb ihr dringender Rat: „Kommen Sie vor dem Pilzverzehr zu mir, damit Sie auch anschließend noch genüsslich viele Pilzen essen können!“

Pilze im Ganzen zur Beratung mitbringen

84 Pilzberatungen mit 840 Pilzbestimmungen hat Claudia Dietrich im vergangenen Jahr durchgeführt. Dabei hat sie elf giftige Sorten und zehn verdorbene aussortiert. „Alles wird genau dokumentiert und am Jahresende dem Landratsamt gemeldet“

Bei den Pilzberatungen ist die Aufklärung das A und O. „Wer seine Pilze begutachten lassen möchte, muss vorher anrufen und wir vereinbaren einen Termin. Dieser muss dann zwingend bei Tageslicht stattfinden, damit ich die Farben gut erkennen kann“, sagt sie. Und die Qualität sei wichtig. „Das heißt, der Pilz muss im Ganzen gesammelt werden, also mit Stielende, denn an dieser Stelle entscheiden die Merkmale über ‚gut‘ oder ­‚böse‘“, betont sie. Als Beispiel nennt Claudia Dietrich den Perlpilz. „Dieser hat eine charakteristische, rübenförmige Knolle. Ist diese nicht mit am Pilz, kann es auch der giftige Doppelgänger, der Pantherpilz, sein.“

Der Wiesenchampignon (links) ist ein beliebterSpeisepilz. Er riecht fein pilzig, ist weit verbreitet und tritt in großer Anzahl auf. Foto: Andreas Kunze
Der Wiesenchampignon ist ein beliebter Speisepilz. Er riecht fein pilzig, ist weit verbreitet und tritt in großer Anzahl auf. Foto: Andreas Kunze

Deshalb empfiehlt sie auch, Pilze lieber behutsam aus dem Boden zu drehen, als abzuschneiden. „Durch das Abschneiden gehen die bei einigen Arten sehr wichtigen Bestimmungsmerkmale an der Stielbasis verloren.“ Zudem gilt als Unterscheidungsmerkmal der eingangs erwähnte Geruch der Pilze. So können Pilze zum Beispielnach Mehl, Obst, Hering, Kokos, Anis oder Karbol riechen.

Was ihr auch wichtig ist, zu erwähnen: „Speisepilze dürfen in Wäldern für den Eigenbedarf gesammelt werden. Wieviel Eigenbedarf genau ist, ist in Sachsen nicht exakt geregelt, aber es sollten auch nicht Unmengen sein!“

Verzehr von Pilzen

Wer abends seine Pilze sammelt, kann diese kühl und trocken lagern und am nächsten Tag verzehren. Das sei kein Problem. Man könne Pilze aber auch blanchieren und einfrieren, trocknen oder silieren (wie bei der Sauerkrauterzeugung). „Aber am besten schmecken sie frisch aus dem Wald“, weiß Claudia Dietrich aus Erfahrung. Wer seine gebratenen Pilze an einem Tag nicht schafft zu essen, kann diese ruhigen Herzens am nächsten Tag nochmal aufwärmen und genießen. Voraussetzung: über Nacht kaltstellen!

Pilze unserer Breiten

Grundsätzlich findet man das ganze Jahr über Pilze. In der Regel sind aber die Monate Oktober und November die besten. Es sei die Zeit, in der die meisten Pilze aufgrund der Witterungsverhältnisse wachsen. Früher seien viele auch im September gefunden worden, aber durch die Trockenheit wurde das immer weniger.

Viele Pilze haben ihren Baumpartner. „Am Ahorn zum Beispiel wachsen weniger Pilze als an Buchen, Eichen oder Kiefern.“ Pilze brauchen auch verschiedene Böden. „Rund um die Goitzsche als Tagebaufolgelandschaft wachsen mehr Kiefern und Birken und so finden sich vor allem Butterpilze, Rotkappen, Täublinge, Birkenpilze, Kuhröhrlinge oder Erbsenstreulinge in unserer Region“, weiß Claudia Dietrich. In der Dübener oder Dahlener Heide wachsen dagegen vorwiegend unter Buchen und Eichen Steinpilze, Pfifferlinge und Maronen. Ihr Lieblingspilz ist übrigens der Hexenröhrling. „Ein optisch sehr hübscher Pilz mit einem dunklen Kopf und rotem Futter, der allerdings bläut, wenn man ihn anschneidet. Daher wird er oft von Laien gemieden. Dabei ist er sehr lecker.“

Aber: „Viele Pilze haben giftige Doppelgänger, die Laien nicht von den Originalen unterscheiden können. Daher kann ich nur appellieren, um sicher zu gehen, mit dem Pilzfund zu mir zu kommen. Oder wirklich nur die Pilze zu sammeln, bei denen man sich zu 100 Prozent sicher ist!“ In diesem Sinne: Wenn Dir das Leben einen Korb gibt, geh Pilze sammeln! Nannette Hoffmann

Kontakt Wer mit Claudia Dietrich einen Termin zur Pilzberatung ausmachen möchte, meldet sich telefonisch unter 0177 6175454 an.

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