Tassen hoch auf drei Jahrzehnte Bandgeschichte: The Firebirds - natürlich mit Bassist Konrad Schöpe (2.v.r.) - machen Kaffeepause beim Videodreh. Foto: El Bender

Leipzig. „Wir sind nie fertig – wir sind immer auf dem Weg.“ Sagt Konrad Schöpe – seines Zeichens Bassist und Gründungsmitglied der Leipziger Rock’n’Roll-Band The Firebirds – mit einem Lächeln. Und dieser Weg bietet dann auch gern mal spannende Schlenker und vor allem stets neue Herausforderungen, wie sich in diesen Tagen gezeigt hat. So stehen auf „Stripes“, der in diesen Tagen frisch erschienene Platte der Kult-Band, erstmals die Eigenkompositionen der Leipziger im Fokus.

Drei Jahrzehnte Bandgeschichte

Im vergangenen November feierten die Firebirds ein bemerkenswertes Jubiläum: Satte 30 Jahre Bandgeschichte galt es zu bestaunen, zu bejubeln und zu feiern. „Natürlich gab es immer eigene Songs in der Schublade“, erzählt Konrad Schöpe mit Blick auf diese drei Jahrzehnte. Aber er berichtet auch davon, dass der Umgang mit diesen Songs nie so einfach war für die Rock’n’Roller. „Irgendwie hatten wir nie die Zeit, um uns mal ausgiebig und intensiv mit diesen Songs zu beschäftigen. So etwas kann man ja nicht zwischen Tür und Angel machen.“ Und dann war da noch ein Punkt, dies gibt er nur zu gern zu: „Klar, es war eine Mischung zwischen fehlender Zeit und auch ein wenig Angst.“

Rund 150 Mal stehen die Firebirds im Jahr auf der Bühne – und sie haben dabei immer einen Riesenspaß, was wiederum das Publikum wie hier in Markkleeberg begeistert. Foto: André Kempner

Echt? Angst? Bei den Firebirds? Doch doch, sagt der Bassist. Immerhin sei der Wunsch nach dieser Platte mit ganz eigener Musik (gut, zwei Coverversionen sind auch dabei – aber stattliche elf der 13 Stücke stammen aus den Federn der Firebirds-Musiker) schon uralt, „aber wir sind immer am eigenen TÜV gescheitert. Und außerdem ist man mit eigenen Songs auch immer ein wenig auf Glatteis unterwegs“. Bis Corona kam und damit der Lockdown. Die Zeit war auf einmal kein Problem mehr. Und die Angst vor den eigenen Ansprüchen? Nun, dieser stellte man sich kurzerhand. Gemeinsam mit dem Produzenten Bernd Batke, „der hat unseren Horizont noch einmal deutlich erweitert“. Das Ergebnis heißt wie gesagt „Stripes“ und „fühlt sich für uns irgendwie an wie ein Debüt“.

Der DIY-Spirit ist weiter ungebrochen

Was ja schon bemerkenswert ist – immerhin sind die Firebirds eben seit mehr als 30 Jahren am Start. Andererseits zeigt dies wohl auch die Besonderheiten dieser Band: Die Ausdauer mit einem gewissen Hang zur Starrköpfigkeit, mit der die eigenen Visionen verfolgt werden, geht stets einher mit der Lust auf Experimente, auf Neues, auf Grenzerfahrungen. Und zusammengehalten wird dies alles von einem ungebrochenen DIY-Spirit. „Wir machen alles, wirklich alles selbst“, erzählt Konrad Schöpe: „Im Zweifelsfall müssen wir dann natürlich dafür auch gerade stehen, aber wir haben die Dinge selbst in der Hand.“ Komfortzone mal anders definiert: „Was wir uns an Suppe eingebrockt haben, löffeln wir auch aus.“

„Nicht gesucht, aber trotzdem gefunden!“

Das hat wohl auch etwas mit der Bandgeschichte zu tun. Mit der Tatsache, dass sich da im Jahr 1992 am Leipziger Heisenberg-Gymnasium eine Truppe junger Leute „nicht suchte, aber trotzdem gefunden hatte“. In einer Zeit – dies muss schon so explizit erwähnt werden – in der Rock’n’Roll nun nicht gerade ganz oben rangierte in der Publikumsgunst. Um es mal vorsichtig zu formulieren angesichts der allgegenwärtigen Techno- und Grungewelle … „Wir hatten einfach Lust auf diesen Sound der Fifties und Sixties. Oder anders gesagt: Wir haben uns auf dieser Rock’n’Roll-Insel der Glückseligkeit richtig wohl gefühlt“, blickt Gründungsmitglied Konrad Schöpe lächelnd zurück auf die ersten Jahre.

Gruppenbild mit Schülerinnen und Schülern: Die Band besuchte zum 30-jährigen Jubiläum ihre alten Lehrer im Heisenberg-Gymnasium in Leipzig. Foto: André Kempner

Nun, die genannte Insel hat in den vergangenen drei Jahrzehnten nix an Attraktivität eingebüßt. „Sie hat inzwischen aber auch viele verschiedene Spielwiesen: Gerade auch auf der neuen Platte streifen wir unterschiedliche Genres – Country und Swing, Soul, Jazz, Blues und Pop“, überlegt der Firebirds-Bassist: „Und diese Vielseitigkeit steckt auch drin in der Band-DNA – auch wenn wir nun vielleicht nicht unbedingt mit Techno-Elementen arbeiten werden.“ Die Gleichzeitigkeit von Traditionsbewusstsein und Horizonterweiterung findet sich irgendwie auch wieder im Namen „Stripes“. Die Streifen sind – na klar – eine Reminiszenz an die alten Firebirds-Tage, in denen man im gestreiften Zwirn auf der Bühne stand (inklusive Kellner-Verwechslungsgefahr), nunmehr tauchen diese natürlich auch im brandneuen Video zu „You Don’t Like To Rock’n’Roll“ auf, das punktgenau zur Veröffentlichung der neuen Platte rausgekommen ist.

„Was ist eigentlich Rock’n’Roll?“

Ein Ende? Ist nicht abzusehen – zumindest solange diese Frage nicht zufriedenstellend beantwortet ist. „Was ist eigentlich Rock’n’Roll? Damit beschäftigen wir uns seit 30 Jahren“, erklärt Konrad Schöpe: „Auf den ersten Blick scheint es musikalisch ziemlich klar. Aber eigentlich geht da noch so viel mehr.“ Mit einem Lächeln ergänzt er: „Bei uns gibt es keine Beschränkungen.“ Kann man so stehen lassen: Die Firebirds sind aktuell mit ihrer Burlesque Show unterwegs, die Vorbereitungen für die Rock’n’Roll Cruise laufen auch schon auf vollen Touren – da heuern dann auch Peter Kraus, Earl Jackson, Dennis Jale & Co. mit an.

„Wenn wir etwas anfangen, dann ziehen wir dies auch durch.“ Wieder so ein Bandmotto, das wunderbar als Headline für drei Jahrzehnte Geschichte taugt. Vielleicht ergänzt um den Slogan: „Wir machen nur die Dinge, auf die wir auch Bock haben.“ Da ist sie wieder, die Mischung aus Starrsinn und Experimentierfreude. Die hat ihre Spuren hinterlassen in der Region: Immerhin waren es die Firebirds, die 2007 die Rock’n’Roll-Legende Chuck Berry nach Leipzig gelotst haben. Die den Sound der Fifties und Sixties mit einem eigenen Festival in Trebsen feiern. Und die immer wieder zur großen Live-Party laden – mit bemerkenswerten Resultaten, wie Konrad Schöpe beobachtet: „Es gibt Fans, die kommen im Jahr zu 20, 30 Konzerten von uns. Wahnsinn! Ich hab’ da ja mal nachgefragt, warum die immer da sind. Und die Antwort war: Wo Firebirds draufsteht, ist immer diese tolle Stimmung und Atmosphäre drin.“ Nach einem kurzen Überlegen ergänzt er: „Irgendwie schließt sich da der Kreis zu unserem eigenen Anspruch.“

Ein wenig wie eine Ehe mit mehreren Partnern

Hat es da eigentlich mal einen Moment des Staunens gegeben in diesen Tagen? Aber sicher. „Ich betrachte diese Band als Riesengeschenk“, sagt der Bassist unumwunden und ergänzt lächelnd: „Eine 30-jährige Bandgeschichte ist ein wenig wie eine Ehe, nur mit mehreren Partnern. Und wir können wirklich mit gutem Gewissen behaupten, dass wir uns richtig gut kennen.“ Das Spielen auf der Rock’n’Roll-Insel der Glückseligkeit macht nach wie vor Spaß, „es fühlt sich richtig gut an – bei allen Problemen etwa in den Zeiten der Pandemie“.

Eines ist übrigens unbedingt hängengeblieben aus den ganz frühen Firebirds-Tagen am Heisenberg-Gymnasium: Diese Lust am Musikmachen – ein Feuer, das Konrad Schöpe gern weitergegeben sehen möchte. „Ich bin ein großer Fan der musikalischen Frühförderung: Ich habe ja mit der Geige angefangen – deshalb liebe ich auch klassische Musik als Ausgleich zum Rock’n’Roll.“ Und schon beim Jacken-Anziehen erzählt er noch jene Geschichte, wie er zum Bassisten wurde: „Mit meinen 15 Jahren habe ich damals bei der Schülerband durchgezählt und gesehen, dass da der Bass fehlte. Also habe ich mich als Bassist gemeldet.“ Jens Wagner

Infos: www.the-firebirds.de

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