Von Thomas Gillmeister
Sie ist jung, steht mitten im Leben und hat Rheuma. Seit rund 20 Jahren. Denn schon als Kind erhielt Nora die Diagnose. Doch die Leipzigerin nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand, auch wenn ihr die Krankheit im Alltag zu schaffen macht.
Niemals High Heels tragen zu können, empfindet Nora als Luxusproblem. Inzwischen. „Klar habe ich mir vor Jahren schon mal an der Schaufensterscheibe die Nase plattgedrückt und davon geträumt, welche zu tragen“, denkt das 1,60 Meter kleine Energiebündel zurück. Aber es fand sich damit ab, dass die Zehen verformt sind, und trägt deshalb lieber feste Schuhe. Die Hände dauerhaft zu verstecken ist wesentlich schwieriger. Die Finger sind zum Teil steif. „Schwanenhalsdeformation“ nennt das der Mediziner. Nora hat Strategien entwickelt, um die Hände weniger sichtbar zu machen. Ein Hallo statt eines Händedrucks zur Begrüßung beispielsweise oder lange Ärmel. „Ich lege aber auch oft einfach die Hände ineinander“, beschreibt sie. Rheuma – die Krankheit mit den 1000 Gesichtern. Kerngesund kam Einzelkind Nora auf die Welt. Mit sechs Jahren litt sie aus heiterem Himmel plötzlich unter höllischen Hüftschmerzen. Glück im Unglück. Der Kinderarzt erkannte schnell die Ursache. Seitdem sind Medikamente Noras ständiger Begleiter. Die Gelenk- und Muskelschmerzen kommen und gehen, vor allem nachts. Früher ließ sich das Mädchen tagsüber nichts anmerken. „Die Krankheit war damals kaum sichtbar, so dass ich oft hörte, ich soll mich nicht so anstellen, weil ich doch eigentlich gar nichts habe“, erinnert sich die Studentin. Sie nennt das Rheuma eine Reise ins Ungewisse.
Denn mit 16 Jahren verschlimmerte sich der Zustand, indem sich zunehmend die Gelenke an Füßen und Händen verformten. Doch Nora lässt sich von der Krankheit nicht in die Knie zwingen. Die Leipzigerin machte mit 17 ihr Abitur und studiert heute Psychologie. Um das Studium hat die chronisch Kranke hart gekämpft. Ihr Grad der Behinderung beträgt zwar 50 Prozent, aber trotzdem möchte Nora ein ganz normales Leben führen und später einmal in der psychologischen Betreuung arbeiten. Die Quirlige ist kontaktfreudig und lebt seit zwei Jahren mit einem festen Partner zusammen, der viel Verständnis für sie aufbringt. „Lange Wandertouren können wir natürlich nicht machen“, erklärt Nora augenzwinkernd. „Deshalb unternehmen wir lieber kurze Städtetrips.“ Die Rheuma-Betroffene ist körperlich schneller erschöpft als andere und benötigt längere Schlafphasen. Bisher können die vielen Medikamente (drei Tabletten täglich, zwei Spritzen wöchentlich) sowie die regelmäßigen Physiotherapien nur die Symptome lindern. Die Optimistin hofft, dass eines Tages Medikamente gefunden werden, die den Krankheitsverlauf zumindest stoppen können. Inzwischen ist sie Mitglied der Rheuma-Liga Sachsen e.V. Nora stellt immer wieder fest, dass Rheuma überwiegend als Krankheit älterer Menschen angesehen wird. Deshalb zeigt sie sich und bekennt: „Ich habe Rheuma und trotzdem Lust aufs Leben!“
Kontakt: www.rheumaliga-sachsen.de
www.leipziger-rundschau.de