Nachdem die letzten störenden Holznägel entfernt waren, schwebte die Haube über der barocken Saalkirche. Foto: Andreas Bechert
Nachdem die letzten störenden Holznägel entfernt waren, schwebte die Haube über der barocken Saalkirche. Foto: Andreas Bechert

Der Delitzscher Ortsteil Laue ist ein kleines Dorf, in dem es ziemlich ruhig zugeht. Trommelt man alle Einwohner zusammen, dann stehen rund 190 Leute auf dem Platz. Hier lässt es sich ruhig und gut leben. Große „Aufreger“ kommen hier eher selten vor. Anders war die Situation am 11. Juli. In den frühen Morgenstunden positionierte sich ein Schwerlastkran der Firma Maxikraft am Dorfring – unmittelbar neben dem Gotteshaus.

Dieses wurde 1739 anstelle eines älteren Vorgängerbaus errichtet und ist eine barocke Saalkirche mit den üblichen Inventarien: Patronatsloge, Sandsteintaufe, Emporen, einer Geißler-Orgel und einer spätgotischen Glocke im Turm. Das ist völlig normal – aber unnormal ist der Bauzustand, denn das Gebäude war bis vor Kurzem extrem einsturzgefährdet.

Laues Kirche „schwimmt“ auf dem Grundwasserspiegel

Ursache dafür ist eine gigantische Lehmlinse, auf der die Lauer ihre Kirche einst errichteten und die nun auf dem ansteigenden Grundwasserspiegel „schwimmt“. Keine Kirche ist ein guter Schwimmer – die Folge waren große Risse am Gebäude. Der Kirche wurde eine Art Eisenkorsett verpasst, so der Korpus gesichert und das Schlimmste verhindert. Erst dann konnte man sich endlich der längst überfälligen Sanierung zuwenden – Dank Fördermittel der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Stiftung KiBa, der Eigenmittel und einem rührigen Förderverein.

Ließ sich das Schauspiel natürlich nicht entgehen: Pfarrer Matthias Taatz. Foto: Andreas Bechert
Ließ sich das Schauspiel natürlich nicht entgehen: Pfarrer Matthias Taatz. Foto: Andreas Bechert

Weiteres Geld für die Sanierung (summa 242 500 Euro) gab es vor zwei Jahren aus dem Altvermögen der SED, das einst ins Ausland geschafft wurde. In die Wege geleitet hatte dies Jörg Kiesewetter – seines Zeichens sächsischer Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der Kirchengemeinde.

Dach soll neu eingedeckt werden

Als erste Maßnahme soll nun das Dach neu eingedeckt, die Turmhaube erneuert und der Außenputz saniert werden – Gesamtkosten über 300 000 Euro. Und eben diese Turmhaube stand am 11. Juli im Mittelpunkt des Interesses – nicht nur für die Einwohner, sondern auch der mediale Rummel an dem Tag war beachtlich: Kamerateams hatten sich rund um die Kirche positioniert, Drohnen waren in Startposition, der Rundfunkreporter machte sein Aufnahmegerät bereit, und auch die versammelte Lokalpresse harrte gespannt der Dinge, die da kommen sollten.

Der Kirchturm war eingerüstet, und schon Tage zuvor hatten die Zimmerleute der Firma Heinze aus Pressel die Turmhaube abgedeckt und die ersten Balken entfernt. Diese zeigten sich äußerlich in einem guten Zustand – aber der Kern war löchrig wie ein Schweizer Käse. „Lange hätte das nicht mehr gehalten“, meinte Pfarrer Mattias Taatz, der ebenfalls an dem Tag unter den Schaulustigen zu finden war.

Abnahme der Haube vom Kirchturm

Der Plan am 11. Juli bestand aus zwei Punkten: Abnahme der Haube vom Kirchturm und absetzen dieser auf dem benachbarten Grundstück von Jörg Kiesewetter. Dann ging es los. Der Kran schwenkte zwei Tragseile über die Haube und die Zimmerleute fixierten die Enden an zwei vormontierten Tragbalken.

Zunächst wehrte sich die Turmhaube gegen ihre bevorstehende Himmelfahrt – zwei bislang unentdeckte Holznägel waren dafür die Ursache. Zumal hatten die Kirchturmerbauer die Ständerpfosten der Haube 60 Zentimeter tief im Mauerwerk verankert. Doch bald schwebte die zwei Tonnen schwere Turmbekrönung frei in der Luft und wurde dann gekonnt auf dem Hof von Jörg Kiesewetter abgesetzt.

Nun steht sie auf einem Stahlgerüst und wartet auf frisches Holz und neue Ziegel. Sind die Arbeiten abgeschlossen, geht’s wieder rauf auf den Turm – was genauso spannend für die Lauer wird, wie die Abnahme, die sie miterleben durften. Andreas Bechert

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