
So etwas erlebt man nicht alle Tage: Eine (Kult-)Band, die den 50. Geburtstag feiern kann und dies mit einem echten Komplettprogramm. Mit brandneuen Songs, der dazugehörigen Platte „Hohe Himmel“ und jeder Menge Spielfreude gehen im Jahr 2025 die Musiker von Karat auf eine große Tournee: Mit Stationen in Döbeln, Altenburg, Böhlen und auch in Leipzig. Im Interview blickt Gitarrist Bernd Römer auf ein bewegtes und ereignisreiches Jahr.
50 Jahre Karat – was für eine Jubiläumstour! Wie fühlt sich dies an nach den ersten Konzerterlebnissen in Berlin oder in Hamburg?
Bernd Römer: Diese ersten Konzerte waren echt unfassbar: In der Elbphilharmonie in Hamburg war die Stimmung so gut, da hatte ich wirklich Tränen in den Augen. Sicher, in Hamburg haben wir schon immer gern gespielt etwa Anfang der 80-er im damaligen Logo-Club, gleich an drei Abenden hintereinander. Aber dieser Abend in der „Elbi“ war ein echter Ritterschlag für uns. Weil das ein unglaublich schöner Saal ist. Und weil man in diesem Saal trotzdem seinem Publikum in die Augen schauen kann – was wiederum das Schönste ist, was man als Musiker haben kann. Am Ende sind diese positiven Erfahrungen auch ein schöner Lohn: So viele Menschen haben so intensiv auf dieses Jubiläum 50 Jahre Karat hingearbeitet.
Fühlt sich dies nicht manchmal auch ein wenig unwirklich an – diese Tour rund um die Zahl 50?
Nur manchmal? Ganz ehrlich: Ich denke heute immer mal an unser zehnjähriges Bandjubiläum zurück. Schon damals haben wir gesagt: Mann, was sind wir für eine alte Band! Und heute freue ich mich wie eine kleines Kind über dieses Geschenk, dass wir immer noch gemeinsam Musik machen. Und ich schaue nun voraus auf die nächsten zehn Jahre (lacht).

Ihr spielt nicht nur in weltberühmten Sälen wie der Elbphilharmonie, sondern auch in kleinen Städten wie Döbeln, Altenburg, Böhlen oder Suhl: Das hat für Euch als Band schon eine große Bedeutung, überall aufzutreten?
Auf jeden Fall. Weil dies unser Ursprung als Band ist. Überall zu spielen, wo es einen Saal gibt. Wir sind Musiker, wir wollen spielen. Und zwar nicht nur eine Hand voll Konzerte im Jahr. Dafür macht uns das Live-Spielen immer noch viel zu viel Spaß. Wenn man viel spielen will, geht man eben auch in die kleineren Städte …
Nach Tiefschlägen wieder aufstehen
Inzwischen geht Karat ja sogar auf Kreuzfahrt mit den Fans …
In der Tat und dabei läuft es ja auch ganz anders als gewohnt: Eine Woche lang von früh bis abends Karat (lacht). Mit viel Programm, mit Konzerten und mehr. Unser Grundgedanke: Wir wollen unseren Fans die Chance geben, uns als Musiker auch mal an der Bar auf ein Bier zu treffen und einfach zu quatschen. Vielleicht sogar allerlei dummes Zeug (lacht).
Karat ist eine Band, die immer nach vorne gedacht hat und die immer weiter gemacht hat: Wo kommt dieser grundsätzliche Optimismus her?
Ganz einfach: Wir haben schon früh gelernt, dass man nach Tiefschlägen wieder aufstehen muss. Zum Beispiel in der Zeit nach der Wende, in der es ja eigentlich alle Bands aus dem Osten erwischt hat. Oder nach der Krankheit und dem Tod von Herbert Dreilich. All diese Dinge haben wir überstanden und es hat uns als Karat stärker gemacht.
Ein gutes Beispiel für dieses Nach-Vorn-Denken ist ja auch die Platte „Hohe Himmel“, die punktgenau zum 50. Band-Geburtstag erschienen ist …
So etwas haben wir ja noch nie gemacht! Klar, es gab immer mal neue Songs zum Geburtstag, aber eine ganze Platte … und deshalb gab es auch eine echte Release-Party, bei der wir alle Songs von der Platte live gespielt haben. Und erst danach ein paar von den alten Gassenhauern (lacht). Was soll ich sagen: Das kam bestens an. Inzwischen gibt es so viel positives Feedback auf den Konzerten zu den neuen Songs.
Treffen im Songwriting-Camp
Woher kommt diese Lust auf neue Songs?
Musik haben wir immer geschrieben. Diesmal haben wir uns sogar in einem Songwriting-Camp getroffen und die neuen Songs quasi im Live-Zusammenhang noch einmal neu entdeckt. Letztlich haben wir das neue Album dann auch im Studio live eingespielt. Dafür haben wir uns sogar originale Synthesizer und Keyboards aus den 70-er und 80-er Jahren besorgt, um diesen einzigartigen Sound zu erreichen.
Gilt das auch für Ihren Gitarrensound?
Na ja, mein Equipment ist ohnehin über 30 Jahre alt (lacht). Aber mal im Ernst: Diese individuelle Handschrift ist mir aber sehr wichtig: Viele junge Musikerinnen und Musiker klingen heute schon ziemlich ähnlich.
Ihr habt auch diverse Gäste mit auf der Platte dabei …
Ja, meinen alten Hero Hansi Biebl, den ich endlich mal wiedergesehen habe. Der hat mir eine Menge Inspiration gegeben – damals wie heute. Und zudem hat Werner Karma wieder Lyrics beigesteuert.
Sie haben schon auf die Live-Situation beim Einspielen der Platte hingewiesen: Hat dies den Songs noch einmal eine neue Dimension gegeben?
Ja, ich finde schon. Zum Glück haben wir mit dem Atomino-Studio in Erfurt einen Ort gefunden, in dem wir als komplette Band gemeinsam spielen konnten. Sozusagen als Fortsetzung vom Songwriting-Camp, bei dem wir uns eine Woche eingeschlossen hatten: Dadurch hatten wir die Songs auch ganz anders intus, wir waren eingespielt und hatten richtig Bock. Und mal ganz ehrlich: Ein handgespieltes Live-Schlagzeug klingt doch viel geiler als digital bearbeitete Beats.
Das ist auch der Grund, warum wir bei den Instrumenten wieder auf unsere Ursprünge zurückgegangen sind. Mal ganz abgesehen davon, dass wir mit den neuen Bandmitgliedern Heiko Jung am Schlagzeug und Daniel Bätge am Bass unfassbar gute Musiker an Bord haben. Das Gute dabei: Weil wir die Platte live eingespielt haben, ist die Band richtig in Form – und das werden die Fans bei den Konzerten definitiv spüren. Interview: Jens Wagner
50 Jahre Karat: 11. April im Goldenen Pflug Altenburg, 9. Mai im Kulturhaus Böhlen, 7. November in der Quarterback Immobilien Arena Leipzig; Tickets in der LVZ-Ticketgalerie, in allen bekannten Vorverkaufsstellen sowie unter www.ticketgalerie.de