Auch CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ließ sich schon von der gebürtigen Leipzigerin Liane Gramsch-Rudolph in Köln für den Karneval einkleiden. Foto: privat/Repro: PICTURE POINT

Kölner Karnevalisten tragen Gramsch-Rudolph. Denn die 70-jährige Ex-Leipzigerin ist die Haus-und-Hof-Schneiderin der ältesten Karnevalsgesellschaft der Stadt, die „Roten Funken“. In der fünften Jahreszeit nimmt die Meisterin auch an Promis Maß, wie an Fußballstar Lukas Podolski.

Köln-Nippes ist keine Gegend, in der man eine hohe Promidichte erwartet. Und doch fahren regelmäßig schwere schwarze Limousinen und teure Sportwagen in der Sechzigstraße 10 vor. Hier residiert die Nummer eins unter den Schneidern der „Roten Funken“, Kölns ältestem Traditionscorps. Er lädt regelmäßig Prominente zum Rosenmontagsumzug ein. Und damit sie im Karneval eine gute Figur machen, wird ihnen eine Uniform auf den Leib geschneidert.

Heidi Klum, Lukas Podolski, Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, SPD-Politiker Norbert Walter-Borjans, Fecht-Weltmeisterin Britta Heidemannn … Die illustre Liste der Karnevalisten auf Zeit ist lang. „Der Politiker Wolfgang Bosbach kam gutgelaunt und singend in meine Werkstatt und wusste sogar, dass ich aus Sachsen stamme“, erinnert sich Liane Gramsch-Rudolph. Beide lagen mit ihrer offenen Art, der Lebensweisheit und ihrem Humor sofort auf einer Wellenlänge. Und bei einem „Schälchen Heeßn“ erzählte die gebürtige Leipzigerin gern, wie sie in Köln landete.

Denn eigentlich hatte sich die gelernte Damenmaßschneiderin ab 1978 mit einem eigenen Atelier in Leipzig-Großzschocher einen Namen gemacht („…und Arbeit für die nächsten 100 Jahre“). Aber der ewige Materialmangel und die fehlende Reisefreiheit ließen sie zunehmend am System zweifeln. So nutzte sie einen Besuch bei der Westverwandtschaft, um im Rheinland zu bleiben. „Niemand konnte ja ahnen, dass zwei Monate später die Mauer fiel“, denkt Liane Gramsch-Rudolph zurück.

In Köln machte sie sich als Damenmaßschneiderin selbstständig und lieh auch Abendgarderobe aus. Dabei lernte sie ein Mitglied der Kölner Karnevalsgesellschaft „Rote Funken“ kennen. Der Jecke fragte sie, ob sie auch Uniformen nähen könne. Und weil die Handwerksmeisterin stets offen für Neues ist, studierte sie die strenge Uniformordnung und die Tanzkostüme. Von einem Schneidermeister-Urgestein ließ sie sich in die Geheimnisse einweihen, der sofort ihr handwerkliches Geschick erkannte.

Mittlerweile ist die nicht auf den Mund gefallene Seniorunternehmerin mit 70 Jahren selbst ein Original, das sogar noch einen Lehrling ausbildet und eine potenzielle Nachfolgerin anleitet. „Meine Maßschneiderei hält mich jung. Hier bin ich ganz nah am Leben und werde gebraucht“, begründet die Meisterin ihre Arbeit über die Rente hinaus. Einziger Kompromiss: „Ich bin zur 4-Tage-Woche übergegangen, damit ich mit meinem Mann ein längeres Wochenende genießen kann“, erzählt Liane Gramsch-Rudolph.

Nur jetzt in der fünften Jahreszeit macht sie manchmal eine Ausnahme, damit alle Jecken in ordentlichen Uniformen unbeschwert Karneval feiern können. Kölle Alaaf.

Thomas Gillmeister

Info: www.lianes-kostuemart.com

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