Sie hatte genug vom Lärm in Leipzig. Deshalb suchte sie nach einem Rückzugsort, an dem sie wieder die Natur spüren kann. Den fand sie nur rund 30 Kilometer entfernt vom Großstadtdschungel. Iris Barthel (48) baut in Berndorf bei Groitzsch die historische Wassermühle wieder auf. Ein Herzensprojekt.
Völlig verwunschen liegt sie da, eingebettet in saftige Wiesen und spiegelklare Seen: die Wassermühle Berndorf, auch Neuseenmühle genannt. Jahrzehntelang lag sie in einem Dornröschenschlaf. Doch dann entdeckte die sportliche Sächsin bei einer Fahrradtour die morbide Schönheit am Flüsschen Schnauder. Die Bautechnikerin hat ein Auge für Architektur. Vielen Familien verhalf sie schon zu einem neuen schönen Zuhause. Und dabei sehnte sich Iris nach einem eigenen Anwesen. „Als ich die Wassermühle das erste Mal sah, wusste ich, dass ich hier meinen Traum vom Leben in der Natur erfüllen kann“, denkt sie zurück. Sie kaufte den Vierseitenhof mit 16 000(!) Quadratmetern Land und begann, ihn gemeinsam mit Ehemann Wieland (48) zu restaurieren.
„Der Hof wurde erstmals im 16. Jahrhundert erwähnt“, weiß sie. Die Fachwerk-Mühle und das Wohnhaus des ehemaligen Müllers sind weitgehend erhalten. Einerseits ist die Bau-Expertin darüber froh, andererseits nagt der Zahn der Zeit an allen Ecken, Enden und Dielen. Iris konzentrierte sich erst einmal auf den großen Stall am Eingang des Grundstücks. Sie verwandelte in jahrelanger mühevoller Sisyphusarbeit die Räume in eine gemütliche Gaststube, in Ferienwohnungen und Bettenlager. Denn mittlerweile ist der Hof nicht nur Hobby, sondern Berufung.
Die Frau mit der Blume im Namen blüht in ihrer Wassermühle richtig auf. „Ich möchte einen Ruhepol für Stressgeplagte und Naturfreunde schaffen“, beschreibt Iris ihre Mission Mühle. „Wer Lust hat, darf hier sogar heiraten“, erzählt die Romantikerin und zeigt auf die große Tanzlinde vor dem Hof. „Dort in der Krone ließen sich schon einige Paare von der Standesbeamtin trauen. Anschließend kann auf dem Hof gefeiert und übernachtet werden. Übrigens, auch im Zelt“, bemerkt die freiheitsliebende Mühlen-Besitzerin.
Das Anwesen steckt voller Geheimnisse und Überraschungen. Die Mahl-Technik ist im Gegensatz zum Wasserrad noch original vorhanden und dient heute als stimmungsvolle Rätselkulisse für Abenteuertouren durch die Mühle. Regelmäßig treffen sich auf dem Hof Kräuterfrauen, Feuerläufer und Yoga-Jünger, die in der sagenumwobenen Umgebung ihre Rituale pflegen. Gesellschaft können sie dabei von den Eseln Paul und Emil, dem Hängebauchschwein Bernd sowie von Pony Balu bekommen. Sie leben neben einigen Hauskatzen mittlerweile auch auf dem Mühlenhof, auf dem es in der Saison bis zum Horizont grünt und blüht. In Kräuterbeeten wachsen Schnittlauch, Petersilie, Bohnenkraut und Dill. „Das alles kann ich praktischerweise gleich in der Küche mit verwenden“, meint die Köchin freudestrahlend, die überwiegend an den Wochenenden ihre Gäste empfängt.
Thomas Gillmeister
Mehr Infos unter www.neuseenmuehle.de
