Jörg Kipping ist Vorsitzender des Bienenzüchtervereins Altenburg 1853 und Imker aus Leidenschaft. Foto: Ralf Miehle

Altenburg. Während wir Menschen uns in diesen späten Augusttagen allmählich vom Hochsommer verabschieden müssen, dennoch aber keineswegs bereits jetzt Gedanken an die kalte Jahreszeit verschwenden wollen, sorgen die Bienen schon für den Winter vor – und mit ihnen die sie betreuenden Imker. Allmählich neigt sich für sie die Saison ihrem Ende entgegen. Die Honigernten sind abgeschlossen, doch Arbeit bleibt dennoch reichlich, denn nun geht es darum, die Völker für die nahende Ruhephase „einzufüttern“, also mit ausreichend Nahrung zu versorgen, damit sie wochenlange Kälte und Frost wohlbehütet überstehen, um dann im nächsten Frühjahr wieder ausschwärmen zu können, und vor allem auch gilt es jetzt, intensiv Vorsorge gegen das gefürchtete Eindringen der Varroa-Milbe zu treffen.

„Wenn die Kirschblüte beginnt, dann geht es wieder aufwärts mit dem Bienenvolk“, lässt Jörg Kipping den Blick schon mal ins kommende Jahr schweifen. Er weiß in jedem Falle wovon er spricht, hat er inzwischen doch rund 15 Jahre eigene Erfahrungen mit der Imkerei gesammelt und gilt zudem als Experte unter seinen Imker-Kollegen.

„Bienenkunde ist ein weites Feld, daher studiere ich sämtliche Fachzeitschriften, die ich erhaschen kann, verfolge neueste Trends und lese alles, was an Büchern auf den Markt kommt.“ Und mit einem Schmunzeln fügt er an: „Nicht von ungefähr sagt meine Frau wohl immer, ich hätte immer nur Bienen im Kopf“. Sein sich stetig erweiterndes Fachwissen rund um Bienen, Bienenzucht und Imkerei eignet er sich aber nicht nur für die eigenen Bedürfnisse und Erfordernisse an – er gibt es gern auch weiter: an Imkerkollegen, an den Nachwuchs und vor allem an die Mitglieder „seines“ Bienenzüchtervereins Altenburg 1853, dem er seit reichlich einem Jahr als Vorsitzender vorsteht.

„Nur aufgrund meiner fachlichen Kenntnisse habe ich mir die Übernahme des Vorsitzes zugetraut“, verweist unser Gesprächspartner auf seine Motivation, sich die Leitung eines der ältesten Imkervereine in ganz Deutschland auf seine Schultern zu laden und diesen nunmehr in die Zukunft zu führen. „Ich fühle mich verpflichtet, unsere Mitglieder beständig mit Neuem zu versorgen und somit dafür zu sorgen, dass wir uns den Herausforderungen des Alltags und der Zeit, in der wir leben, stellen können.“

Dass ihm diese Aufgabe – ebenso wie die Imkerei als höchst arbeitsintensive und verantwortungsvolle Freizeitbeschäftigung – große Freude bereitet, das spürt man alsbald im Gespräch. Jörg Kipping, ein Imker aus Leidenschaft, hat sich einen Lebenstraum erfüllt.

Der Liebe wegen kam der 1967 in Borna Geborene und in Regis-Breitingen Aufgewachsene nach Altenburg, doch von Anfang an bestanden bei ihm und seiner Frau der klare Wunsch: Wir wollen aufs Land. 1997 schließlich fand sich im skatstädtischen Ortsteil Mockzig eine entsprechende Möglichkeit (und eine Unmenge an Arbeit, ehe die betagte und damals recht verfallene Fachwerk-Immobilie ein wirkliches Dach überm Kopf bieten konnte). „Hier im Garten aber standen auch etliche alte Obstbäume, und ich hatte den Wunsch, die Bestäubungssituation zu verbessern. Da kommt man zwangsläufig alsbald zu Bienen“, erinnert sich Jörg Kipping an die Anfänge. Doch zunächst einmal ziemlich lange trägt er diese Gedanken eher als Theorie mit sich herum, will nichts überstürzen. „Dann habe ich einen alten Imker kennengelernt, der mich regelrecht an die Hand genommen und zur professionellen Imkerei geführt hat. Mit drei bis vier Völkern hier in den Baumbeständen des Gartens habe ich begonnen, mittlerweile sind es 20 Völker auf drei Ständen, mit eigener Königinnen-Vermehrung und allem, was dazu gehört. Jetzt bewegt sich das alles in solchen Größenordnungen, wie ich mir das vorgestellt hatte.“

Zum Start in sein Imker-Leben im Jahr 2006 hatte Jörg Kipping zudem erst einmal einen Anfängerlehrgang beim Landesverband Thüringer Imker besucht – und in eben jenem Jahr 2006 war er auch Mitglied im Bienenzüchterverein Altenburg 1853 geworden.

Dort vollzog sich im April 2019 ein Generationenwechsel an der Spitze. Der verdienstvolle und langjährige Vorsitzende, Waldemar Beutler, hatte den Verein über vier Jahrzehnte hinweg geleitet und ihn damit unter anderem auch über sehr schwierige Zeiten in den Wendejahren nach 1990 geführt. Dass es den Verein heute noch gibt, dies sei explizit sein außerordentliches Verdienst, schätzen die Mitglieder ein.

Nun also trat Jörg Kipping in dessen Fußstapfen und freut sich darüber, dass erste Versuche, auch der Nachwuchsgewinnung ein nicht unwesentliches Augenmerk zu widmen, während seiner noch jungen Amtszeit bereits Früchte getragen haben. 31 Mitglieder hat der Verein aktuell, fünf davon sind in den zurückliegenden knapp anderthalb Jahren dazu gekommen.

„Vom Studenten bis zum Rentner reicht bei den Zuwächsen das Spektrum, und es gibt sogar noch ein paar weitere Interessenten. Unser Altersdurchschnitt liegt aber dennoch so um die 60 Jahre, wir freuen uns also über jeden weiteren Zuwachs auch aus den Reihen der jüngeren Generationen“, bei denen der Vorsitzende durchaus ein Interesse und eine Sensibilisierung für die Bienenzucht und Imkerei wahrnimmt. „Das hat sicher mit einem vielfach veränderten Blick auf Umweltfragen und Lebensweisen zu tun, aber ich sehe auch den Fakt, dass die Imkerei an sich im 21. Jahrhundert durchaus sehr modern geworden ist, dass es da verschiedene Strömungen gibt, die sich mit wesensgemäßer Bienenhaltung befassen, die man nicht einfach unbeachtet lassen kann. Diese Moderne muss auch in unseren Verein hineingetragen werden – und sie bietet eben auch Jüngeren viele Möglichkeiten, sich einzubringen und auszuprobieren.“

In jedem Falle ist es im Verein Tradition und Sitte, dass Jung-Imker von jeweils einem erfahrenen Imker betreut werden, „denn da gibt es schon sehr vieles zu bedenken und einen nicht unerheblichen wissenschaftlichen Hintergrund mit einfließen zu lassen. Und in jedem Falle würde ich jedem neu an der Imkerei Interessierten raten, vorab mit uns Kontakt aufzunehmen, damit er auch mal sieht, was alles dran hängt.“ Schließlich wäre es ja überaus ärgerlich, die nicht unerheblichen Investitionen, die mit der Begründung eines Imker-Daseins verbunden sind, in den Sand zu setzen.

Insofern also stehen Jörg Kipping und seine Mitstreiter des Vereins dem Nachwuchs jederzeit mit Rat und Tat zur Seite, und auch wenn es akute Probleme zu klären gilt, dann klappen Austausch und Hilfe jederzeit aufs Beste: „Wir sind alle über Whatsapp vernetzt und können kurzfristig agieren und reagieren.“

Von solcherlei Erfahrungen der schon längere Zeit aktiven und erfolgreichen Imker profierte schließlich Jörg Kipping in seinen Anfangsjahren selbst und konnte sich und seine Honigwelten peu á peu und kontinuierlich entwickeln. Von den Anfängen im eigenen Obstgarten war hier schon die Rede, dann wuchs die Nachfrage nach seinem Honig und damit die Zahl der Bienenvölker. Mittlerweile begibt er sich mit seinen Bienen alljährlich auf Wanderschaft. Zuerst geht es stets im Raum Mockzig und dessen ländlicher Umgebung in die Frühjahrsblüte und in den Raps, dann folgt die Robinienblüte an der seit Jahrzehnten unberührten Natur des Rusendorfer Sees bei Meuselwitz und schließlich in die Tiefen des Naturschutzgebietes Leinawald, wo sich die Bienen an den Lindenblüten laben dürfen – und später alle Honigfreunde und Genießer an den entsprechenden Lindenblütenhonig-Produkten, die für einen intensiveren Geschmack stehen.

Die jährlichen Erträge schwanken verständlicherweise, aus verschiedenen Gründen, aber vor allem die enorme Trockenheit der inzwischen nun schon drei letzten Jahre hat ihre deutlichen Spuren und Auswirkungen hinterlassen. Dieses Jahr beispielsweise sei die Robinienblüte nahezu vollständig ausgefallen, erzählt Jörg Kipping.

Die von Lebensmittelüberwachung und Bieneninstituten regelmäßig auf Qualität, Inhaltsstoffe und Rückstände überprüften Honige werden im Eigenvertrieb vermarktet, unter anderem bei Kollegen im Klinikum Altenburger Land, wo Jörg Kipping als Betriebshandwerker tätig ist, aber auch über Hofläden wie den Berger-Hof in Mockzig oder über die Altenburger Gastwirtschaft „Kulisse“. Es bestünden aber durchaus noch Reserven, Wiederverkäufer und Honigliebhaber seien also gefragt bei der Imkerei Jörg Kipping Mockzig. Interessenten können sich gern melden – und finden die entsprechenden Kontakte unter anderem auf den jüngst erst gestalteten Internetseiten des Vereins, der zuvor auf eine solche Präsentation verzichtete. Jetzt aber ist man auch diesbezüglich in der Moderne angekommen, dank einer Anregung durch den neuen Vorsitzenden Jörg Kipping und ebenso dank der Bereitschaft und fachlichen Kompetenz von Vereinsmitgliedern, diese Aufgabe übernehmen zu können.

Im Internet können sich Interessierte also jederzeit über die Vereinsarbeit informieren, Kontakte aufnehmen und auch die aktuellen Termine finden. So finden sechsmal jährlich Stammtische statt, mittlerweile im Vereinslokal Poschwitzer Höhe, zu denen gleichermaßen Nichtmitglieder willkommen sind. Zum Vereinsleben gehört zudem einmal im Jahr eine sogenannte Standbegehung, bei der man einen der Mitgliedsimker besucht und sich dessen Betriebsweise präsentieren lässt, als Grundlage für eine sich anschließende ausgiebige Fachsimpelei. Jeweils im Herbst finden sich die Vereinsmitglieder (und Interessierte) zudem zu einer Vortragsveranstaltung rund um Imker- und Bienenzuchtthemen im Mauritianum zusammen, in diesem Jahr allerdings fällt diese coronabedingt aus.

Solcherlei Weiterbildungsveranstaltungen würde Jörg Kipping gern noch erweitern, beispielsweise schwebt ihm vor, einmal pro Jahr einen Workshop zu veranstalten, eventuell auch Exkursionen. Und in jene Bereiche Bildung und potenzielle Nachwuchsgewinnung gehört außerdem die Tatsache, dass der Verein im vergangenen Jahr die Trägerschaft für den Lehrbienenstand am Gymnasium Schmölln übernommen hat. An dieser Bildungseinrichtung existiert eine Imker-AG, die fachlich von einem Imker des Vereins betreut und vom Landesverband unterstützt wird.

Wer über all das hier Angerissene hinausgehende Fragen zur Imkerei hat, der sollte sich vertrauensvoll an den Vereinsvorsitzenden Jörg Kipping wenden. Denn über Bienenzucht, Honiggewinnung, insektenfreundliche Landschaftsgestaltung und viele andere Themen mehr auf einem weiten Feld weiß er unterhaltsam und aufschlussreich zu erzählen. Eben ein Imker aus Leidenschaft. Ralf Miehle

Kontakt: www.bienen-zuechterverein-altenburg1853.de

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