Kleinbardau. „Ich bin nun einmal ein Träumer“, sagt Manuela Trapp mit einem strahlenden Lächeln und ergänzt: „Dies hat mir auch ein Indianer in den USA bestätigt.“ Doch manchmal müssen diese Träume auch raus aus dem Kopf und da hat die Kleinbardauerin eine ideale Möglichkeit gefunden: Sie schreibt einfach auf, was sie sich erträumt hat zu der Lebensgeschichte der Sippe des weißen Bären – was sich so langsam, aber sicher unter dem Titel „Blutsbande“ zu einer ganzen Reihe von Büchern entwickelt.
An diesen Moment kann sich Manuela Trapp noch ganz genau erinnern. An das durchaus erstaunte Gesicht der Beamtin der US-amerikanischen Einwanderungsbehörde – erstaunt angesichts der Antwort auf die gängige Frage: „Wohin soll die Reise denn gehen?“ die Antwort: „Nach South Dakota, Rapid City.“ kam. Mit einem Lächeln erzählt sie: „Die kam wirklich aus dem Staunen nicht mehr heraus – immerhin bin ich ja auch von Deutschland über den Atlantik geflogen, um in eine Gegend zu fahren, in der es aus der Sicht der Beamtin nix zu sehen gab. Was ich wiederum vollkommen anders gesehen habe.“ Denn für sie – daraus macht sie keinen Hehl – war dieser Trip über den Großen Teich und mitten hinein in die weite Prärie gewissermaßen die Erfüllung eines lang gehegten Wunsches. Endlich mittenrein ins Land der Lakota, in die Pine Ridge Reservation. Endlich!
„In meiner Familie weiß es eigentlich jeder und dies schon seit meiner Kindheit – ich habe einen echten Indianer-Spleen“, erzählt sie. Und auch, dass es über den – nun ja – „normalen“ Indianer-Spleen weit hinaus ging: Aus der kindlichen Faszination erwuchs schnell ein tiefes Interesse für das Leben der amerikanischen Ureinwohner im Allgemeinen und am Stamm der Lakota im Besonderen. Ein Interesse, das ständig nach neuer Nahrung verlangte in Form von Informationen – inzwischen ist Manuela Trapp gewissermaßen eine Expertin, die viel zu erzählen weiß über die Geschichte und die Geschichten rund um diesen Indianerstamm. Über die prägende Naturverbundenheit und die Tatsache, dass es die Lakota waren, die schon im Jahr 1805 einen ersten Friedensvertrag mit der US-Regierung abgeschlossen hatten. Und sie kennt die Geschichte von Sitting Bull und Little Bighorn, von Crazy Horse und Wounded Knee …
… wobei sich diese historischen Fakten im Kopf verbanden mit der eigenen, blühenden Fantasie. Wie schon erwähnt – Manuela Trapp ist tatsächlich eine waschechte Träumerin. Und im Geist entspann sich eine lange Geschichte über eine indianische Lakota-Familie, „aber damals habe ich diese Sachen nie aufgeschrieben“. Vergessen aber eben auch nicht – gewissermaßen nur aufgehoben für den richtigen Zeitpunkt.
Der sollte kommen, als sich scheinbar alles zum Schlechteren wenden wollte. Eine Geschichte, die auch so viele andere Menschen aus der Region erzählen können – Arbeitslosigkeit, das Gefühl von Perspektivlosigkeit und Verlorenheit. Und auf einmal war es da, das Schreiben. Nein, nicht die (Indianer-)Geschichten aus dem Kopf, erst einmal Gedichte – die auch ein Publikum fanden, wie Manuela Trapp erstaunt feststellte: „Es gab ja durchaus eine Zeit, in der man dachte, man sei überhaupt nichts mehr wert. Und auf einmal war ich mit meinen Gedichten auch bei Wettbewerben erfolgreich dabei.“ Und noch eine Erfahrung war ganz wichtig – da gab es keine Angst vor dem weißen Papier. Ganz im Gegenteil: „Meistens waren die ersten Strophen im Kopf längst fertig, ehe ich überhaupt zum Stift gegriffen hatte.“
Aber es brauchte noch eine wichtige Begegnung, ein Treffen mit einem echten Seelenverwandten und inzwischen engen Freund – einer, der das Talent erkannte und den richtigen Ansporn gab. „Er hat bei mir regelrecht Gedichte in Auftrag gegeben“, erzählt Manuela Trapp: „Gedichte, in denen es auch um historische Themen ging, nur eben ums Mittelalter.“ Und weil dies alles so wunderbar funktionierte und die Kleinbardauerin an diesen Herausforderungen immer weiter wachsen konnte, kam bald die richtige Anregung zur richtigen Zeit. „Eines Tages sagte er zu mir: Du schreibst jetzt auch ein Buch! Und dies habe ich dann auch gemacht, nur eben mit meinen Geschichten, die ich so lange im Kopf hatte.“
Inzwischen liegt „Getrennte Wege“ vor, das erste Buch aus ihrer Feder. Und der Startschuss für eine ganze Reihe von Büchern, verrät sie: Der zweite Teil liege bereits in den letzten (Arbeits-)Zügen. Auch eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte: Erst im März dieses Jahres ist der erste Teil erschienen und es klingt beinahe ein wenig wie aus einem modernen Märchen, wenn die Autorin von der Suche nach einem Verlag erzählt. „Naja, ich bin mit meinem fertigen Manuskript in Leipzig auf die Buchmesse gegangen und wollte die Verlage abklappern“, blickt sie mit einem Lächeln zurück: „Und gleich der erste Verlag hatte riesiges Interesse und war letztlich auch der beste.“
Doch nicht nur aus diesem Grund ist das Roman-Debüt für sie ein voller Erfolg – die Arbeit an dem Buch (Manuela Trapp hat immerhin zwei Jahre in „Getrennte Wege“ investiert) hat sie letztlich auch in die Prärie gebracht. Denn bei den vielen Recherchen stieß sie auf einmal auf jenes Reiseangebot, das sie mitten hinein bringen sollte ins alltägliche Leben der Lakota. Den finalen Anstoß gab der eigene Mann, der zwar auf keinen Fall fliegen mochte, aber immer Zuspruch gab: „Und so habe ich mich dann auf den Weg gemacht in die USA.“ Mit der erwähnten ersten Begegnung bei der Einwanderungsbehörde …
Jetzt blickt Manuela Trapp beinahe ein wenig staunend auf diese Tage zurück, auf die eindrucksvollen Begegnungen mit den Lakota. Auf die zeremoniellen Treffen, bei denen sie dabei sein durfte. Auf die spannenden Ausflüge an die heiligen Stätten des Stammes und an jenen Ort, an dem gerade das gewaltige Denkmal vom Häuptling Crazy Horse entsteht – gerade mal einen Steinwurf entfernt vom Mount Rushmore, zu dem es gewissermaßen ein „indianisches Gegengewicht“ sein soll. „Wenn ich an diese Reise zurückdenke“, sagt sie: „Muss ich eigentlich sagen – mein Bild von den Lakota ist sogar noch besser geworden. Wie es aussieht, bin ich dem Stamm nunmehr mit Herz und Seele verfallen.“
Was sich nicht zuletzt auch auf das Schreiben auswirkt: Natürlich will sie diese Geschichte der drei (deutschen) Brüder weitererzählen, die da auf einmal mittendrin stecken in einem gleichermaßen aufregenden wie düsteren Kapitel amerikanischer Geschichte. Alles mag sie nicht verraten, aber schon der Titel „Getrennte Wege“ verrät es – es werden sehr unterschiedliche Lebenspfade werden, die da eingeschlagen werden. Mit einem Schmunzeln verrät Manuela Trapp: „Viele Figuren sind echten Menschen mit ihren Eigenheiten nachempfunden. Das hat es mir am Ende auch wesentlich einfacher gemacht, diese im Buch handelnden Menschen auch gut und trefflich zu beschreiben.“
Kleine Kniffe und Tricks, die die Arbeit auch an dem zweiten Band „In feindlichen Lagern“ leichter gemacht hat – das Projekt liegt in den letzten Zügen, nicht zuletzt auch befeuert vom begeisterten Feedback des Lektors, der nach der Manuskript-Lektüre umgehend nach Nachschub verlangte. Das Erfolgsgeheimnis? Na ja, da muss Manuela Trapp mit den Schultern zucken: „Ich kann inzwischen gar nicht mehr anders als zu schreiben. Manchmal sogar mit dem Handy.“ Inzwischen hat sie sich – wieder gerüstet mit Boden unter den Füßen im Alltag – ein eigenes Laptop zugelegt, „das kann ich immer mitnehmen und hervorholen, um zu schreiben“. Mit einer spürbaren Ernsthaftigkeit unterstreicht sie: „Ja, mein Gedanke war es schon, etwas Bleibendes zu hinterlassen.“
Dabei meint sie nicht allein die Bücher – nein, es geht schon auch darum, jenes tief humanistische Verständnis weiterzugeben, das sie bei den Lakota-Indianern gefunden hat. Diese Idee, nach der kein Mensch besser sei als der andere: „Wäre es nicht schön, wenn man dieses bewusste Verständnis vom menschlichen Zusammenleben, aber auch der Gemeinsamkeit mit der Natur ein wenig mitnehmen könnte in unseren heutigen Alltag? Ich zumindest würde mir dies schon wünschen.“
Noch einen Wunsch hat Manuela Trapp – dass es im kommenden Jahr doch noch eine Ausgabe der Leipziger Buchmesse geben möge. Die eigentlich für die Auflage 2020 geplante eigene Buchpremiere musste ja bekanntermaßen verschoben werden. Wozu natürlich auch gehört, die „Blutsbande“-Familiengeschichte vor Publikum vorzustellen. Denn vor Lesungen hatte sie nie Angst, auch wenn sie erst spät zu einer Schriftstellerin geworden ist. „Ich liebe die gespannte Situation der gewissen Vorfreude, die es vor Beginn einer Lesung gibt“, verrät sie: „Es macht einfach Spaß und gibt mir immer ein positives Gefühl.“ Jens Wagner
„Getrennte Wege“, der erste Teil von „Blutsbande – Die Sippe des weißen Bären“ ist im MEDU Verlag erschienen (ISBN 978-3-96352-048-8); hier soll auch der zweite Band „In feindlichen Lagern“ veröffentlicht werden.
Wow! Eine klassischer Karl May Geschichte: Null Recherche und die Handlung völlig an der damaligen Zeit vorbei. Aber in Sachsen findet man ja alles über „Indianer“ toll. Krass!