Leipzig. Was ist eigentlich Fußball? Ist es dieses Millionen-Geschäft mit den Stars, die weltberühmt sind und Zehntausende Zuschauer in den Stadien begeistern? Oder ist es ein Spiel, das man ganz sicher mit großer Leidenschaft und ausgeprägtem Ehrgeiz, aber in allererster Linie aus Spaß an der Freude betreibt? Die Antwort ist – na klar – salomonisch: Beides. Deutlich wird dies im Leipziger Cottaweg, dort liegen die beiden Fußballwelten gerade mal einen Katzensprung voneinander entfernt: Da die Bundesliga-Kicker von RB Leipzig – dort die Volkssport-Fußballer vom BSV Schönau II. Die übrigens von einem Urgestein des Leipziger Volkssport-Fußballs trainiert werden: Dieter Voigt.
40 Jahre Volkssport
Das Jubiläum kommt eigentlich zunächst nur in einem Nebensatz zur Sprache: Im August werden es 40 Jahre, die Dieter Voigt im Volkssport-Fußball aktiv ist. Vor 40 Jahren war er mit am Start, als auf einmal aus einer munteren Skatrunde, die auch das Fußballspielen liebte, auf einmal die Volkssport-Mannschaft Blau-Weiß Lindenau wurde. „Da gab es die Idee: Lasst uns doch aktiv spielen. Und das haben wir dann auch gemacht“, erzählt er aus dem Jahr 1982. Wobei gesagt werden muss, dass der Volkssport-Fußball in der Messestadt schon einen echten Stellenwert hatte: 78 entsprechende Mannschaften waren damals am Start – heute sind es – immerhin! noch 30.
Und Dieter Voigt ist nach wie vor mittendrin statt nur dabei, am Spielfeldrand inzwischen, aber mit seiner Volkssport-Truppe vom BSV Schönau 1983 II richtig erfolgreich. Kleiner Einschub: Die II ist wirklich wichtig, denn es gibt auch eine I, die in der gleichen Liga spielt, in der Stadtliga. Die höchste Spielklasse, die man erreichen kann als Leipziger Volkssport-Mannschaft. Wie es ist, den Meistertitel in die Luft zu stemmen, weiß er übrigens auch: In der Saison 2018/2019 (mithin die letzte, die unter Vor-Corona-Bedingungen ausgespielt wurde) wurde die Zweite vom BSV Schönau Leipziger Volkssport-Meister.
Allerdings hatte und hat er immer irgendwie ein Problem. Ein Personal-Problem. Merke: In einer Volkssport-Mannschaft kann man kaum genug Kader beieinander haben. Das liegt schon auch in der Natur der Sache – weiß auch Dieter Voigt: „Hier soll Fußballspielen vor allem Spaß machen. Und außerdem ist der Volkssport ideal für all jene, die am Wochenende keine Zeit für den Fußball haben.“ Denn gespielt und trainiert wird am Montagabend. Wobei sich dieser Vorteil manchmal ins Gegenteil verkehrt: Bei Spielern, die im Schichtbetrieb arbeiten beispielsweise. Deshalb: Ja, Kader kann man gar nicht genug haben – deshalb ist Dieter Voigt auch in diesen Tagen wieder auf der Suche nach Verstärkungen.
Wie schnell es schließlich gehen kann, musste die BSV-Zweite in der abgelaufenen Spielzeit erfahren: Die konnte endlich mal wieder ausgespielt werden nach dem Saisonabbruch 2019/20 und der gar nicht erst angepfiffenen Spielzeit 2020/21 – so halbwegs, mit Meister- und Abstiegsrunde. Am Ende sprang ein vierter Platz heraus, ganz gut angesichts der Umstände: „Eigentlich hatten wir eine gute Mannschaft zusammen, aber dann hatten wir richtig viel Verletzungspech: In Markkleeberg mussten schon in der ersten Halbzeit zwei Spieler verletzt raus.“ Am Ende der Saison ging man – personell gesehen – richtig auf dem Zahnfleisch.
Was für Dieter Voigt auch eine neue, ungeahnte Erfahrung mit sich brachte: Nach vier Jahrzehnten im Volkssport-Fußball musste er zum allerersten Mal passen. „Gegen TuS Leutzsch konnten wir nicht antreten, wir hatten einfach nicht genug Spieler“, was dann auch zu einer Art Krisentreffen führte: Wie sollte es weitergehen mit dem BSV Schönau II? Die Idee, ein paar Etagen runterzugehen in die Kreisklasse, wurde schnell verworfen – auch von den Spielern selbst. Und Aufhören war eh nie eine Option. Deshalb heißt es nun vor der Spielzeit 2022/23 – natürlich in der Stadtliga – sich möglichst breit aufstellen in Sachen Mannschaft.
Dabei hat Dieter Voigt einen Stamm zusammen, ein stabiles Mittelfeld steht, ganz vorn drückt ein wenig der Schuh, nachdem sein langjähriger Goalgetter Thomas Linke zu den Alten Herren vom BSV Schönau wechselte. „Da wäre eine Verstärkung gut, aber auch in der Abwehr“, wobei generell alle willkommen sind, ganz gleich, auf welcher Position. Allerdings verweist der Trainer auf einen wichtigen Punkt: Das Niveau in der Stadtliga ist schon ganz ordentlich, nicht wenige Kicker bringen Fußballerfahrungen etwa aus der (regulären) Landesliga mit. „Das ist ein großer Unterschied zum Volkssport-Fußball 1982: Es ist schon leistungsbezogener geworden, das Niveau ist deutlich gestiegen.“
Der Ausblick auf 2022/23
Bleibt der Ausblick auf den Leipziger Fußball-Volkssport 2022: 30 Teams sind am Start, jeweils zehn in der Stadtliga als höchste Spielklasse, Stadtklasse und Kreisklasse als niedrigste Liga. Im August startet die Saison – nicht optimal, weil viele Spieler dann im Urlaub sind. Aber nötig, weil viele Plätze kein Flutlicht haben und man dann im Oktober schlicht nicht mehr spielen kann am Montagabend ab 18.30 Uhr. Immerhin, der BSV hat da einen Trumpf in der Hand: Zwei Plätze mit eben jenem Flutlicht – deshalb hatte Dieter Voigt die ersten August-Partien schon in den Herbst verschoben. Ansonsten – dies ist zu spüren – freut er sich richtig auf die Begegnungen mit guten Bekannten: Da wartet die erwähnte BSV-Erste ebenso wie die beiden Teams von TuS Leutzsch, der LFC 07 und der TSV 1886 Markkleeberg, natürlich Städtebau Leipzig und MoGoNo II. Neu dazugekommen in diesem Jahr sind die Kickers Leipzig. Erster Termin aus BSV-II-Sicht: Am 22. August geht es am Cottaweg ab 18.30 Uhr gegen TuS Leutzsch I. Jens Wagner
Die Volkssport-Mannschaft vom BSV Schönau II trifft sich montags ab 18.30 Uhr zum Training auf der Sportanlage im Cottaweg. Weitere Infos unter Tel.: 0176 80498958
