Altenburg. Nicht nur allerorten in hiesigen Parks, öffentlichen und privaten Gärten und auf Balkonen und Terrassen des Altenburger Landes blüht es jetzt in diesen Tagen am Übergang zur Hochsommerzeit in üppiger Vielfalt. Ein Meer aus Farben und Düften erfreut die Naturliebhaber. Doch die wahren Gartenenthusiasten und Pflanzenfreunde geben sich mit solcher Pracht noch nicht vollständig zufrieden. Sie zieht es seit wenigen Wochen ein Stück über die Kreisgrenzen hinaus – in Richtung Westen in die Landeshauptstadt. Dort lockt anno 2021 die Bundesgartenschau (BUGA) zum Besuch – und Fachleute und Experten unterschiedlichster Couleur sorgen nicht nur für ein optisches Festvergnügen, das zum Bummeln und Verweilen einlädt, sondern geben mit all ihren mannigfachen Kreationen zugleich eine Fülle an Anregungen. Für Profis und Privatleute, für Berufs- wie Hobbygärtner gleichermaßen.
Noch ehe sich die Tore der BUGA 2021 offiziell für die Besucher öffneten, legten in einem der Teilbereiche der Gartenbauausstellung der Altenburger Gärtnermeister Oliver Brehmer und zwei seiner Mitarbeiter Hand an. Der skatstädtische Traditionsbetrieb beteiligt sich am diesjährigen Wettbewerb der Friedhofsgärtner – und ist damit nicht zum ersten Mal an einer BUGA beziehungsweise an Internationalen Gartenbauausstellungen beteiligt. Im Gegenteil. Solcherart Wettbewerbsteilnahme hat inzwischen ebenso Tradition, wie die Familien-Gärtnerei selbst seit 1895 in Altenburg Geschichte geschrieben hat und sie weiterhin schreibt.
„Eigentlich wollte ich gar nicht noch mal mitmachen bei solch einem Wettstreit“, erzählt Oliver Brehmer. „Doch meine Jungs und mein Lehrling wollten unbedingt.“ Mit „meine Jungs“ meint unser Gesprächspartner seine beiden Mitarbeiter René Kuchenbecker und Thomas Meier. Erstgenannter war der erste Lehrling des Familienbetriebs unter den Fittichen von Oliver Brehmer überhaupt und gehört jetzt als Geselle zum Team, der zweite im Bunde hat ebenfalls hier gelernt. Und dann wäre da noch die derzeitige Auszubildende im zweiten Lehrjahr, Leonie Reinhardt, die sich höchst engagiert, ambitioniert und talentiert zeigt. Dieses Trio also sorgte für den neuerlichen Impuls, an der BUGA, wenn sie denn schon mal fast vor der Haustür stattfindet, teilzunehmen und stimmte den Chef um.
Wettbewerbsbeitrag muss über das Jahr gepflegt werden
Schließlich erweisen sich die rund anderthalb Fahrstunden nach Erfurt als Klacks gegen frühere Austragungsorte wie Hamburg, Rostock oder München mit deutlich weiteren Anreisewegen. Denn für eine solche Wettbewerbsteilnahme sind stets gleich mehrfache Reisen an den jeweiligen Austragungsort notwendig: Neben der grundsätzlichen Erstanlage des jeweiligen Wettbewerbsbeitrages muss dieser auch während der gesamten Laufzeit der Ausstellung kontinuierlich gepflegt und saisonal aktualisiert werden. So auch in diesem Jahr auf der BUGA 2021 in Erfurt.
Zunächst einmal hatten die mehr als 30 Teilnehmer aus ganz Deutschland im Wettbewerb der Friedhofsgärtner in der Anfangsphase bis zum 18. April Zeit, ihre Schau-Grabstellen auf dem ega-Gelände der Landeshauptstadt zu gestalten.
Oliver Brehmer und seine Mitstreiter aus der in den Vorjahren mehrfach auf internationalen und nationalen Gartenschauen preisgekrönten Altenburger Gärtnerei arbeiteten hart daran, das 120 mal 120 Zentimeter große Urnengrab zu konzipieren und zu bepflanzen. Allein 175 Töpfchen Ilex und 125 Cotula setzten sie bei in diesem Frühjahr nicht ganz optimalen Witterungsbedingungen als Bodendecker. Zusammen mit einer großen Ilex-Spirale bilden sie die feste Rahmenbepflanzung der Schau-Grabstätte. „Dazu kam noch der Thymian, den wir als unseren Beitrag zum Artenschutz für Bienen und Insekten sehen“, weist Gärtnermeister Oliver Brehmer auf einen weiteren Aspekt des hauseigenen Konzeptes hin. Die 50 Thymianpflanzen duften nicht nur wunderbar – sie erfreuen eben auch Zwei- und Sechsbeiner mit ihren leuchtenden Blüten. Zudem setzte ein großzügig geschwungenes Band aus goldgelben und fast schwarzen Hornveilchen bei dieser Frühjahrsbepflanzung deutliche farbliche Akzente rund um den von einem Steinmetz aus Kempen gestalteten Grabstein.
Bereits einmal Silber und einmal Gold – dritte Bewertung im September
Schließlich begutachtete eine aus fünf Vertretern des Bundes der Friedhofsgärtner (BdF) gebildete Jury die Wettbewerbsbeiträge. Und am Ende ging es ganz, ganz knapp zu: Nur 0,2 Punkte fehlten der Altenburger Gärtnerei Brehmer zu einer ersten Goldmedaille im BUGA-Wettbewerb 2021 der Friedhofsgärtner. Doch auch diese Silbermedaille war den Skatstädtern Ansporn. Wie gut, schließlich ging und geht der Wettbewerb weiter.
Bereits Mitte Mai reisten die Wettbewerbsteilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet erneut an, um auf den 52 Ausstellungsgräbern besagte Frühjahrsbepflanzung gegen eine Sommervariante auszutauschen. Und erneut wurde nach der Fertigstellung über die Vergabe von Medaillen und Ehrenpreisen entschieden.
Diesmal nun gefielen die Altenburger Kreationen den gestrengen Juroren noch besser. Sie gaben der von Oliver Brehmer und seinen Mitstreitern gestalteten Grabstätte mit der Numero 35 eine Punktzahl von 9,15 – und das bedeutete eine Goldmedaille für die Skatstädter.
Die letzte Bewertungsrunde in diesem 2021-er BUGA-Wettbewerb findet Anfang September statt, wenn die Sommerblumen einer Herbstbepflanzung weichen. Die Jury aus Vertretern des Bundes der Friedhofsgärtner (BdF) beurteilt dabei noch ein drittes Mal die Saisonbepflanzung, die sachgerechte Verwendung aller Pflanzen, ihre Dauerhaftigkeit sowie die Abstimmung zwischen Grabmal und Bepflanzung nach einem festen Punktespiegel. Diejenigen drei Gräber, die während des gesamten Wettbewerbs die höchsten Bewertungen erhalten haben, werden zum Abschluss mit dem Staatsehrenpreis ausgezeichnet.
Intensiver Austausch mit anderen Gartenbaubetrieben
Oliver Brehmer, wie gesagt, hat schon des Öfteren an solchen Gartenbauausstellungen und mit ihnen verbundenen Wettbewerben teilgenommen, in den letzten Jahren allerdings im Verbund mit einer sogenannten „Erfa-Gruppe“. „Das hat damit zu tun, dass erfahrungsgemäß solche Erfahrungsgruppen weiter kommen können“, erläutert unser Frühstücksgast. Zum anderen habe diese Zusammenarbeit zweier Thüringer und zweier sächsischer Gartenbaubetriebe für ihn persönlich stets einen hohen Stellenwert gehabt. „Wir kennen uns sehr lange, besuchen uns reihum einmal im Jahr und tauschen dabei wie auch mal zwischendurch unsere Erfahrungen aus. Das sind immer privat wie beruflich sehr schöne Zusammenkünfte.“ Bis zur Internationalen Gartenbauausstellung in Berlin-Marzahn im Jahr 2019 habe man als eine solche Erfa-Gruppe gemeinsam an Wettbewerben teilgenommen, dabei das Know-how der vier Gartenexperten gebündelt und gemeinsam vom hohen Erfahrungsschatz profitiert.
Wettbewerbsteilnahme neben dem Tagesgeschäft realisiert
Der Startschuss für solcherlei Teilnahmen an BUGA-Wettbewerben fiel für Oliver Brehmer im Jahr 1995, als er in Cottbus an den Start ging. Die IGA in Hamburg im Jahr 2013 brachte ihm schließlich den bislang größten Erfolg ein: drei Goldmedaillen waren damals die stattliche Bilanz des gärtnerischen Auftritts in der Elbemetropole. Derlei Auszeichnungen indes sind mit keinerlei materieller Wertschätzung verbunden, sie besitzen eher ideellen Wert und stärken das Renommee. Dem gegenüber steht für die teilnehmenden Gartenbaubetriebe ein nicht unerheblicher Kostenaufwand. „Da schenkt uns keiner irgendwas, und viele Kosten sind nicht ohne“, verweist Oliver Brehmer darauf, dass solch eine Wettbewerbsteilnahme durch die jeweiligen Betriebe vollkommen alleine zu stemmen ist.
So müssen die Pflanzen, die im Wesentlichen in der eigenen Gärtnerei gezüchtet werden, auf den Ausstellungen immer wieder erneuert und/oder eben – wie beschrieben – jahreszeitgemäß ausgetauscht werden, manches auch an notwendigem Equipment für die eigenständig erdachten Kunstwerke und gärtnerischen Kreationen kaufe man dazu. Und solcherlei Wettbewerbsteilnahmen werden letztlich nur möglich, indem sie zusätzlich zum ganz normalen Tagesgeschäft realisiert werden, mit eben solchem zusätzlichen Engagement und Zeitaufwand.
Wettbewerbsteilnahmen dieser Art, die den Namen Altenburgs weithin ins Bundesgebiet tragen, erweisen sich immer wieder also als eine Art Sahnehäubchen gärtnerischen Wirkens. Den Hauptbestandteil des Alltags des Gärtnermeisters und seines Teams aber macht natürlich das Agieren vor Ort aus. Wobei sich auch dieses keineswegs nur auf die Kreisstadt Altenburg bezieht, die Brehmers sind im gesamten Landkreis aktiv und unterwegs und haben sich dementsprechend in jenen 125 Jahren der Firmengeschichte seit 1895 auch hierbei weithin einen Namen gemacht.
Familienunternehmen mit langer Tradition
Am 1. April 1998 übernahm Oliver Brehmer in vierter Generation das Geschäft von seinem Vater, der bis 2010 noch weiterhin im Betrieb mitgearbeitet hat und seinen Sohn bis 2015 in Hamburg auch noch zu Gartenbauausstellungen begleitete und ihm zur Seite stand. In der Gegenwart verzweigt sich das Wirken der Gärtnerei Brehmer in verschiedene Aufgabenbereiche. So macht die Übernahmen von Friedhofsdienstleistungen wie Grabgestaltung und Grabpflege rund 40 Prozent des Arbeitsalltags aus, 20 Prozent nimmt die Gartengestaltung ein. Die verbleibenden 40 Prozent erstrecken sich über den Betrieb der Gärtnerei und des Ladengeschäfts in der Johannisvorstadt in Altenburg.
„Manchmal bin ich regelrecht Rosenkavalier“
Von hier aus schwärmt man aus, um auch in Meuselwitz, in Schmölln oder in den ländlichen Gemeinden des Altenburger Landes tätig zu werden und Wünsche zu erfüllen, unter anderem mit Fleurop-Aufträgen oder bei der Auslieferung von Bestellungen, die seit November des vergangenen Jahres auch über den neu gegründeten Onlineshop aufgegeben werden können. Dieser Bereich übrigens, die persönliche Auslieferung, die bereitet Oliver Brehmer mit die größten Freuden in seinem Beruf, den er ohnehin mit Haut und Haar liebt. „Da bringt man Freude, wirkliche Lebensfreude ins Haus, und es ist jedes Mal so wunderbar zu sehen und zu erleben, wie sehr sich die Beschenkten freuen über derlei Blumengrüße, die ihnen ins Haus gesendet werden. Nicht nur zu Geburtstagen, zum Valentinstag oder zum Muttertag, der in diesem Jahr wirklich Wahnsinn war, manchmal bin ich da auch regelrecht Rosenkavalier, wenn ein schüchterner junger Mann mich zum Stellvertreter für seine zu versendenden Botschaften an eine Auserwählte macht.“
Doch Oliver Brehmer erweist sich nicht nur als ein stadtbekannter Altenburger, weil er eine stadtbekannte Traditionsgärtnerei leitet und die Familiengeschichte fortführt. Oliver Brehmer hat sich Anerkennung, Ruf und klangvollen Namen vor allem auch durch ein breit gefächertes Engagement zugunsten seiner Heimatstadt erworben.
Engagiert für die Heimatstadt
So wirkt der Gärtnermeister seit Bestehen des Fördervereins Botanischer Erlebnisgarten e.V. aktiv in dessen Vorstand mit und hat sich hier mit vielgestaltigem Engagement und Fachwissen in die Wiederbelebung der einst von Hans Dippel konzipierten, seit 1929 existierenden wertvollen Anlage eingebracht, die in diesen Wochen mit dem Bau eines Schulungs- und Kompetenzzentrums für Kinder und Erwachsene gerade eine bedeutende Erweiterung erhält. Die Fertigstellung ist spätestens im kommenden Jahr geplant.
Jahrelang war Oliver Brehmer zudem engagiertes Mitglied im Gemeindekirchenrat, doch dafür bleibt ihm leider keine Zeit mehr – seitdem er in der aktuellen Legislaturperiode für das Stadtforum im Stadtrat sitzt. „Da bin ich in zwei Ausschüssen vertreten und in einer Arbeitsgemeinschaft, hinzu kommt die Fraktionsarbeit, das braucht alles seine Zeit.“ Nicht zuletzt agiert Oliver Brehmer (neben anderen Ehrenämtern, die er ausfüllt) gemeinsam mit Roberto Geier in einer Doppelspitze als Kreisgärtnermeister. Da bleibt momentan also wenig bis gar kein zusätzlicher Freiraum für ein Hobby, das er vor fünf Jahren für sich entdeckte: das Saxophonspiel. „Das musste ich jetzt erst mal unterbrechen, denn es erfordert tägliches und kontinuierliches Üben, sonst macht das keinen Sinn.“ So bleibt es momentan beim eher „passiven“ Kunstgenuss, denn Oliver Brehmer und seine Frau sind begeisterte Theatergänger. Und dafür muss einfach Zeit bleiben.
Ralf Miehle