Medizinische Kooperation zwischen Leipzig und Ho-Chi-Min-Stadt: Prof. Vu Cong Lap, General Nguyen Hong Son , Oberbürgermeister Burkhard Jung, Messe-Geschäftsführer Martin Buhl-Wagner, Prof. Jürgen Ulrich und Silvana Kürschner von der Leipziger Messe. Foto: André Kempner
Medizinische Kooperation zwischen Leipzig und Ho-Chi-Min-Stadt: Prof. Vu Cong Lap, General Nguyen Hong Son, Oberbürgermeister Burkhard Jung, Messe-Geschäftsführer Martin Buhl-Wagner, Prof. Jürgen Ulrich und Silvana Kürschner von der Leipziger Messe. Foto: André Kempner

Manchmal ist es überhaupt nicht schwer, Grenzen zu überschreiten – Ländergrenzen zum Beispiel oder auch die Grenzen, vor die man durch große Entfernungen gestellt wird. Dies weiß der Leipziger Mediziner Dr. Jürgen Ulrich nur zu gut; denn die Entfernung zwischen der Messestadt und der vietnamesischen Ho-Chi-Minh-Stadt beträgt deutlich über 9000 Kilometer. Und trotzdem hat sich nicht nur eine enge Freundschaft zu Professor Vu Cong Lap über viele Jahrzehnte erhalten – inzwischen pflegt man längst auch einen gleichermaßen intensiven wie hilfreichen Austausch in Sachen Medizin.

Eigentlich ist Professor Vu Cong Lap überhaupt kein Freund überschwänglicher Worte – wenn allerdings das Wörtchen „Leipzig“ ins Spiel kommt, dann geht sein Herz auf und dann strahlen seine Augen. „Es ist jedes Mal wie heimkommen“, sagt er mit einem Lächeln, der vietnamesische Wissenschaftler. Der Hintergrund: In den 70er- und 80er-Jahren lebte er in der Messestadt, studierte, promovierte und habilitierte, schloss andererseits aber auch viele Freundschaften. So auch mit dem Sportmediziner Dr. Jürgen Ulrich, der schon in seinen jungen Jahren von sich reden machte.

Stark als Hochspringer

Und dies auch abseits der Medizin: Im Hochsprung holte er sich den Titel als DDR-Juniorenmeister im Hochsprung und wurde Mitglied der Nationalmannschaft. Klar, dass der Sport ihn nicht losgelassen hat: Nach dem Medizinstudium arbeitete der Leipziger als Verbandsarzt im Leichtathletikverband der DDR, betreute auch den Bereich Kinder-und Jugendsport.

Nach der Wende, genauer gesagt im Jahr 1997 gründete er die Medicaklinik in der Leipziger Käthe-Kollwitz-Straße – was auch dem vietnamesischen Freund nicht verborgen blieb. Ob er nicht helfen könne, damit in Ho-Chi-Minh-Stadt, dem früheren Saigon, etwas ähnliches entstehe? Dies hatte Professor Vu Cong Lap, der in seiner Heimat die Institute für Biophysik und Biomedizin leitete, bei einem seiner Leipzig-Besuche kurzerhand gefragt. Und dabei erzählt, dass es besonders auf dem Gebiet der Medizinischen Rehabilitation in seiner vietnamesischen Heimat kaum Erfahrungen gibt.

Die Hilfe wurde schnell organisiert

Nun, Dr. Jürgen Ulrich sah durchaus Möglichkeiten zu helfen. Und er machte sich mit seinem vietnamesischen Freund umgehend an die Arbeit: Bald schon machten sich Leipziger Ärzte, Therapeuten und andere Spezialisten auf den Weg nach Vietnam, hielten Vorträge und tun dies bis zum heutigen Tag immer noch. Ein sehr gefragter Vortragsgast ist beispielsweise Professor Ingo Dähnert vom Leipziger Herzzentrum. Und es passierte noch viel mehr: Berufspraktische Ausbildungskurse halfen vor Ort beim Know-how-Transfer. Aus Vietnam kamen und kommen Assistenzärzte Wissenschaftler, Pflegekräfte und anderes medizinisches Personal zum Praktikum nach Leipzig.

So entwickelte sich im Laufe der Jahre ein reger medizinischer Austausch mit Blick auf eine qualifizierte Rehabilitation und leistungsstarke Sportmedizin, der schließlich durch Kooperationsverträge mit dem Herzzentrum, der Uniklinik, speziell der Unfall-und Wirbelsäulenchirurgie, St. Georg, dem Eisenmoorbad Klinikum Bad Schmiedeberg auf ein höheres Niveau gehoben wurde.

Getragen wird die Zusammenarbeit vor allem durch die Zusammenarbeit mit dem Hospital 175 und weitere Krankenhäuser mit 500 bis 1000 Betten, die zwischenzeitlich in Vietnam entstanden sind. Dazu gehören auch die neuen Kontakte zum Polizeikrankenhaus in Da Nang, einige 100 Kilometer von Ho-Chi-Minh-Stadt entfernt. Dort wird mit Leipziger Hilfe eine Rehabilitationsabteilung und ein Strömungskanal entstehen, den das Leipziger Unternehmen „Technisches Zentrum Entwicklungs- & Handelsgesellschaft mbH“ liefert.

Inzwischen sind die Bande zwischen Leipzig und Ho-Chi-Minh-Stadt enger geworden. Und die Verbindungen reichen längst über die Medizin hinaus – das hat Dr. Jürgen Ulrich mit seinem Freund Professor Vu Cong Lap hocherfreut zur Kenntnis genommen. Inzwischen haben auch Akteure in Bereichen wie Kultur, Tourismus, Bildung und Wirtschaft zueinander gefunden. Die Leipziger Messe zum Beispiel, die unter anderem im September 2023 in Ho-Chi-Minh-Stadt eine Medizinausstellung zeigte. Auch ja – ganz offiziell ist die vietnamesische Stadt seit 2021 eine Partnerstadt von Leipzig.

Das Schöne daran: Man hilft sich auch in schweren Zeiten. Zu Beginn der Corona-Pandemie wurden von Ho-Chi-Minh-Stadt 10.000 Masken- und Schutzausrüstungen nach Leipzig geschickt. Als Geschenk, wohlgemerkt. Ein Jahr später machten sich 4500 Schnelltests sowie Beatmungsgeräte in umgekehrter Richtung auf den Weg. Und auch „König Fußball“ spielt im Miteinander über mehr als 9000 Kilometer hinweg eine wichtige Rolle. „Dazu muss man eines wissen“, erzählt Jürgen Ulrich: „Das vietnamesische Volk ist Fußball-verrückt und wollte unbedingt ins Finale der Asienmeisterschaften.“ Dies hatte leider nicht geklappt – in einer starken Gruppe war gegen Japan & Co. Schluss.

Fußball verbindet

Aber Fußball verbindet – nicht zuletzt, weil auch Professor Vu Cong Lap nicht nur als Mediziner tätig ist, sondern auch als Sportjournalist mit einem großen Herz für den Fußball im Allgemeinen und RB Leipzig im Besonderen. „In seiner Heimat ist er das, was bei uns Heinz Florian Oertel war“, berichtet Dr. Jürgen Ulrich mit einem Lächeln. Keine Frage, dass die Beiden auch die Herausforderung „Fußball und Medizin“ angenommen haben „und so gingen wir auch hier an die Arbeit. Gemeinsam mit dem Fußballexperten Dr. Volker Steger von der Thonbergklinik waren wir etliche Male in der Neun-Millionen-Stadt, um auch da zu helfen,“ berichtet der Leipziger Medizinmann und Sportler.

Die Bezeichnung „Sportler“ ist da unbedingt ernst zu nehmen: Jürgen Ulrich ist trotz seiner 83 Jahre nach wie vor selbst aktiv. Der Sport gehört nun einmal zu seinem Lebensstil. Die meisten seiner Wege in Leipzig erledigt er mit dem Fahrrad. Liebend gern – bis zu dreimal in der Woche – spielt er Tennis. Das Golfen gehöre ebenso dazu wie das Skilaufen in Oberwiesenthal. Vor wenigen Tagen kam er mit seiner Frau Sabine – die in ihrer Jugend übrigens selbst Schwimm-Medaillen holte – mit dem Golfclub von einer Ägyptenreise zurück. Und ist er in seinem zweiten Zuhause – auf der Insel Poel – gehören wandern und Fahrradfahren mit zum Tagesablauf. Und hin und wieder geht’s auf Rundfahrt mit seinem Cabrio-Trabant, sehr zur Freude der Einheimischen und Touristen.

Demnächst geht es aber erst einmal wieder nach Vietnam. Genauer gesagt am 28. Februar und zwar gemeinsam mit Professor Christoph Josten, Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Leipzig, und Gelenkchirurg Professor Pierre Hepp. Ein echter Arbeitsbesuch: Professor Dr. Vu Cong Lap hat wie immer ein straffes Programm vorbereitet, in dem diesmal auch ein Besuch in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi zu finden ist.

„Wir sind sehr dankbar für diese sehr fruchtbare Zusammenarbeit, die ja auch in eine Partnerschaft Leipzig Ho Chi Minh Stadt mündete. Und Jürgen Ulrich für sein stetiges Engagement“, betont der vietnamesische Mediziner. Und erzählte unter vorgehaltener Hand, dass er sich schon auf die deutsche Schokolade freue, die so wunderbar schmeckt und die der Freund aus Leipzig jedes Mal im Gepäck habe. Ach ja: Während dieser Reise spiele auch das im nächsten Jahr anstehende 50-jährige Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Vietnam und Deutschland eine Rolle.

Übrigens: Professor Dr. Vu Cong und Dr. Jürgen Ulrich erhielten die Goldene Ehrennadel der Stadt Leipzig. Und Dr. Jürgen Ulrichs Initialen stehen auf einem goldenen Schild – für jedermann sichtbar – am Hospital 175 in der Partnerstadt. Traudel Thalheim

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here