REGION. Das Land dörrt weiter aus, und nennenswerte Niederschläge sind nicht in Sicht. In der regionalen Binnenfischerei spitzt sich die Situation zu. Jürgen Etzold ist in einem Alter, in dem man sich in einer normalen Lebenssituation langsam Gedanken über die Zeit nach dem Arbeitsleben macht.
Doch in des 60-Jährigen Branche, der Fischerei, ist nichts mehr „normal“, ist vielmehr einiges durcheinander geraten. Zu jeder Menge Bürokratie und der von sogenannten Prädatoren und unter diesem insbesondere vom Kormoran ausgehenden Gefahr für die Binnenfischerei gesellt sich in diesem Jahr eine für die Fischzucht äußerst ungünstige meteorologische Gemengelage aus hohen Temperaturen und lang anhaltender Trockenheit.
„Dieser Sommer stellt uns vor riesige Probleme. Das Speicherbecken Borna hat sich in keinem Jahr zuvor so stark erhitzt“, berichtet Jürgen Etzold, dessen Fisch-Portfolio unter anderem Karpfen, Barsch, Schleie, Hecht, Maräne sowie Saibling und Forelle umfasst.
Bei den letzten beiden Arten hat der nicht enden wollende Sommer besonders tiefe Spuren hinterlassen. „Die Fischernte liegt in diesem Bereich gemessen an normalen Jahren bei rund 50 Prozent“, so der Bornaer Binnenfischer, der sich die Konsequenzen gar nicht ausmalen mag, sollte der diesjährige Sommer kein Einzelfall bleiben.
„Für die Binnenfischerei bedeute dies, auf an höhere Wassertemperaturen besser angepasste Fischarten umzustellen, was wiederum einen enormen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen würde.“ Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass Jürgen Etzold diese Umstellung vollziehen wird, sind doch die Chancen, einen Nachfolger für seinen Betrieb zu finden, sehr gering. „Wahrscheinlicher ist, dass ich in fünf Jahren meinen Betrieb abschließen und nach Hause gehen werde.“
Im 50 Kilometer entfernten Wermsdorf hat Georg Stähler zwar hinter dieses Thema in Person seiner Tochter Angela Stähler-Neumeister bereits ein Häkchen setzen können, die übrigen Probleme indes teilt der
Geschäftsführer der Teichwirtschaft Wermsdorf GmbH mit seinem Bornaer Kollegen.
Hätte der Fischwirtschaftsmeister, der die beiden Teichwirtschaften in Wermsdorf und Torgau vor 26 Jahren im Ergebnis langwieriger Verhandlungen vom Land Sachsen pachtete, drei Wünsche frei, er würde sich drei Mal Wasser wünschen. Denn die seit Monaten anhaltende Trockenheit setzt auch dem an der Grenze der beiden Landkreise Leipzig und Nordsachsen wirtschaftenden mittelständischen Unternehmen massiv zu. „Seitdem wir die beiden Teichwirtschaften betreiben, haben wir noch kein solches Jahr erlebt“, berichtet Georg Stähler. Viele Dinge seien beim Wetter zusammengekommen, die ihren Niederschlag in einem schlechten betriebswirtschaftlichen Ergebnis gefunden hätten. Im August etwa habe das Absterben der Wasserpflanzen und Algen zu einem besonders großen Sauerstoffmangel und entsprechenden Fischverlusten geführt. Und der seit Monaten anhaltende Wassermangel sei nach wie vor akut. „Nur ausreichende Niederschläge könnten an der kritischen Situation etwas ändern, aber mit ihnen ist den Wettermodellen zufolge nicht vor November zu rechnen“, so der Fischwirtschaftsmeister. Zwar bräuchten sich die Besucher des Hortseefischens am zweiten Oktober-Wochenende nicht darum sorgen, dass etwa nicht genug Fisch im Angebot sein könnte, die Fangmengen auch im Horstsee allerdings dürften in diesem Jahr einen negativen Rekord erreichen.
Doch die niedrigen Fangmengen stellen nur eines von vielen Problemen dar, mit denen sich die Binnenfischerei in diesem Jahr konfrontiert sieht. Weil die Hälteranlagen nur noch wenig oder gar kein Wasser mehr enthielten, müssten viele Abfischtermine nach hinten verschoben werden, zudem stelle in diesem Jahr die sogenannte Winterung ein Problem dar. „Wir wissen schlichtweg nicht wohin mit jenen Fischen, die im nächsten Jahr in den Teichen ausgesetzt werden sollen. Ganz zu schweigen davon, dass im Moment nicht absehbar ist, woher das Wasser kommen soll, mit dem die abgefischten Teiche wieder gefüllt werden müssen“, so Georg Stähler. Roger Dietze