Andrea Rücker gehört in der Skatstadt zu den Frauen der ersten Stunde, die sich bereits in Wendezeiten 1989/1990 vehement für den Tierschutz engagierte und seitdem in ihren Bemühungen um das Tierwohl nie an Enthusiasmus verloren hat. Foto: Ralf Miehle

Altenburg. Mit einer an den zwei Öffnungstagen der Sonderschau gut besuchten Ausstellung haben die Pioniere Altenburger Tierschutzarbeit gleich ein doppeltes Jubiläum gefeiert. Im Jahr 1990 – und damit also vor genau 30 Jahren – nahm Andrea Rücker, die später auch den Tierschutzverein der Skatstadt über Jahre leitete, gemeinsam mit ihren Mitstreitern den Kampf für das Tierwohl im Landkreis (und oftmals auch darüber hinausgehend) auf, und vor zehn Jahren gründete die heute 75-Jährige den Verein „Hoffnung für Wildenten, Schwäne und Co.“.

Wer sich ein Bild machen wollte von diesen drei Jahrzehnten vielfältigster Bemühungen um das Schicksal von Tieren unterschiedlichster Art und um das Ringen für eine tiefgreifende gesetzliche Verankerung und rechtliche Durchsetzung der immer wieder klar formulierten Maximen, der stieß in besagter Exposition in einer ehemaligen Apotheke am Markt der Skatstadt auf eine überbordende Fülle an Materialien und Informationen.

Von den Anfängen kurz nach der politischen Wende bis in unsere Tage erzählen die Schautafeln und bringen auch manch längst vergessene Kämpfe und Auseinandersetzungen zurück in Erinnerung. Denn lang und steinig war der Weg, das wird aus den Zusammenstellungen zahlloser Zeitungsartikel und Privatdokumente deutlich – und Andrea Rücker weiß bei einer Führung durch diese Sammlungen noch manches Detail hinzuzufügen.

Sie erinnert sich rückblickend daran, dass es zu DDR-Zeiten kein spezielles Tierschutzgesetz gegeben hatte und dass man diesen Umstand in den ambitionierten Wendezeiten ändern wollte. Da kam es ihr und ihren Mitstreiterinnen gerade recht, dass sie in der Leipziger Volkszeitung einen Beitrag fand, dessen Überschrift lautete: „Das Neue Forum möchte eine Interessengemeinschaft Tierschutz gründen“. Man nahm Kontakte zu Vereinen im Westen Deutschlands auf, auch zum Tierschutzbund, und ließ sich beraten, wie eine solche Gründung unter marktwirtschaftlichen Bedingungen zu erfolgen hätte.

Der Altenburger Tierschutzverein wird ins Leben gerufen, sein aus Spenden bestehendes Anfangsguthaben liegt bei einigen Pfennigen mehr als 112 D-Mark. In kleinen Schritten rappelt man sich voran und hoch, schließlich werden in den Folgejahren bemerkenswerte Projekte gestemmt – wie der Bau der neuen Tierstation am Poschwitzer Park. Diese Investition wurde notwendig, nachdem klar war, dass die Interims-Tierstation in der Zwickauer Straße keine Dauerlösung sein könnte. Der Neubau wird finanziert aus Förder- und Lottomitteln, aus Spenden hiesiger Unternehmen und Bürger und mit der Unterstützung von ABM-Kräften, vor allem aber, und das betont Andrea Rücker mehrfach im Gespräch, wurde dieser Bau überhaupt nur möglich, weil zahlreiche Ehrenamtliche sich mit enormem Engagement einbrachten. Wie überhaupt die ehrenamtliche Tätigkeit in all diesen 30 Jahren von großer Bedeutung war.

Am 4. Oktober 1997, zum Welttierschutztag, konnte das neue Tierheim bezogen werden – und schon an diesem denkwürdigen Tag ist die MDR-Sendung „Tierisch, tierisch“ dort zu Gast, so wie in den Folgejahren immer wieder.

Im Jahr 2010 nimmt Andrea Rücker mit einigen ihrer Mitstreiter aus diesen ersten zwei Jahrzehnten organisierter Tierschutzarbeit in Altenburg und Umgebung noch einmal eine Vereinsgründung in Angriff: „Hoffnung für Wildenten, Schwäne und Co.“ heißt der Zusammenschluss. Er will auf die Lebenssituation dieser Tiere aufmerksam machen, kümmert sich um Probleme wie Wasserverschmutzung und initiiert das Aufstellen von Warnschildern, die den Umgang mit der Fütterung von Wassergeflügel erklären, um die Installation von Futterautomaten und um Hundetoiletten. Unter anderem. Denn immer und immer wieder sorgen sich die Tierschützer um Andrea Rücker auch um Einzelschicksale wie das Schwanen-Drama in Gorma oder um Kater Freddy aus Illsitz. Dass letzterer heute die Mädchen und Jungen einer Kindergruppe aus dem Ort erfreut, ist den Tierschützern zu verdanken – und jene Jüngsten kamen daher auch gern zur Eröffnung der Jubiläumsschau und erfreuten die Gäste mit einigen musikalischen Darbietungen.

Abseits jener großen und kleineren Erfolge hier vor Ort in der Region gibt es jedoch auch immer noch Problemfelder, die Andrea Rücker wütend werden lassen – und auch dieser Thematik widmen sich Kapitel dieser Jubiläumsschau: „Trotz wiederholter Wahlversprechen, die bereits 2002 klar formuliert wurden, bewegt sich seit nunmehr 18 Jahren in der deutschen Tierschutzgesetzgebung wenig“, bedauert sie und bekräftigt, dass man im Ringen um Fortschritte nicht nachlassen und weiterhin gegebenenfalls auch lautstark bleiben werde. So wie auf etlichen Demonstrationen zum Thema Tierschutz, an denen man Jahr für Jahr selbst bei klirrender Kälte unter anderem in Berlin teilgenommen habe.

Fazit: Auch mit nunmehr 75 Lenzen hat die engagierte Tierschützerin und Stadträtin An-drea Rücker auf gar keinen Fall vor, sich zurückzuziehen – und weiß zu ihrer großen Freude eine Reihe ebenso engagierter Mitstreiter an ihrer Seite. Ralf Miehle

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