Der Schein trügt: Die tolle Blütenpracht der Apfelbäume in und rund um Dürrweitzschen und andernorts kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Obstbäume unter Wassermangel leiden. Foto: Roger Dietze

REGION. Das Frühjahr scheint das des vergangenen Jahres in puncto Trockenheit noch einmal übertreffen zu wollen. Mit dem Unterschied, dass der Wassermangel aus 2018 in den Wäldern und auf den Feldern noch nicht ansatzweise kompensiert ist. Entsprechend beobachten Forstleute und Landwirte mit besonders großer Aufmerksamkeit die meteorologische Entwicklung.

Heute geht auf dem Leipziger Messegelände die 15. Auflage der agra zu Ende. Man braucht kein Prophet zu sein, um die Vermutung anzustellen, dass sich seit Donnerstag viele der Gespräche und Referate auch um das Thema Klimawandel und dessen Folgen für die Landwirtschaft gedreht haben dürften. Denn in vielen Regionen Deutschlands sind zum Start der Vegetationsperiode die Böden viel trockener als im vieljährigen Durchschnitt. Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zufolge lagen die Bodenfeuchtewerte im April des vergangenen Jahres deutlich über den aktuellen. Während das langjährige Niederschlagsmittel für April in Sachsen laut dem DWD bei 58,4 Liter pro Quadratmeter liegt, fielen in diesem Jahr bis einschließlich Ostern im Schnitt gerade einmal 2,1 Liter.

„Sollte die trockene Witterung in den kommenden Monaten anhalten, könnte sich die Dürre des vergangenen Jahres wiederholen, oder sie könnte sogar noch übertroffen werden“, hält der Leiter der Agrarmeteorologie, Udo Busch, alles andere als positive Prognosen bereit. „Die Startbedingungen für die Vegetation sind in diesem Jahr in vielen Gebieten Deutschlands deutlich schlechter als im Vorjahr, wobei besonders der grundsätzlich schon trockene Osten Deutschlands und hier insbesondere Sachsen-Anhalt und Thüringen betroffen ist“, so Busch, dem zufolge etwa in Thüringen die Bodenfeuchte unter Gras aktuell auf dem niedrigen Niveau von Mitte Juli des vorjährigen Dürresommers liegt.

Auch beim Regionalbauernverband Muldental wird die Entwicklung naturgemäß mit einer hohen Aufmerksamkeit beobachtet „Und zudem mit großer Besorgnis“, so Geschäftsführerin Elke Zehrfeld. Noch sei es zwar zu früh, um eine erste seriöse Ernte-Prognose abzugeben, aber die meteorologischen Rahmenbedingungen stimmten nicht unbedingt zuversichtlich. „Im Mai können einige Tage mit größeren Niederschlagsmengen zwar noch eine ganze Menge Positives bewirken, aber Fakt ist, dass wir diesen Niederschlag unbedingt benötigen, weil die Böden in diesem Jahr um einiges trockener als vor Jahresfrist sind und der Wassermangel entsprechend bis in tiefere Schichten hineinreicht“, bestätigt Elke Zehrfeld, der zufolge schon die Rapsernte vergleichsweise „dünn“ ausgefallen ist. „Der Grund dafür ist, dass die Aussaat im August bei großer Trockenheit erfolgen musste“, so die Colditzerin, die im Süden des Muldentals bereits einige Trockenschäden auf den Feldern ausgemacht hat. „Die leichteren Böden sind von der Trockenheit schneller betroffen als die fetteren, die noch ein paar mehr Feuchtigkeitsreserven haben.“

Diesbezüglich Reserven haben auch die vielen Tausend Apfelbäume der Obstland Dürrweitzschen AG, die im Südosten Grimmas wachsen und dem größten Obstbau-Unternehmen im Landkreis im vergangenen Jahr laut Obstanbau-Berater Hans-Dieter Bierig „eine annehmbare Ernte“ beschert haben. „Aber irgendwann benötigen auch Obstbäume Feuchtigkeit“, so Bierig.

„Es müssen bestimmte Kriterien für eine gute Fruchtbildung erfüllt sein, wobei eine kühle und feuchte Witterung ebenso nachteilig ist wie die anhaltende Trockenheit in Verbindung mit den kühlen Winden“, erläutert der Obstanbau-Fachmann, dem zufolge den klimatischen Veränderungen kaum mit dem Anbau von alternativen Sorten beizukommen ist, die weniger Feuchtigkeit benötigen. „Zum einen hat hier der Markt ein Wörtchen mitzureden, zum anderen ähneln sich die Wurzeln der verschiedenen Apfelsorten, sodass auch der Wasserbedarf nahezu identisch ist.“

Noch deutlich als im Obstanbau spürt man die Geschwindigkeit der klimatischen Veränderungen beim Sachsenforst. „Die Heftigkeit der Folgen für unseren Wald in den letzten beiden Jahren sind so enorm, dass ganze Waldökosysteme, wie etwa im Colditzer Forst, der Trockenheit, dem Sturm und als deren Folge dem Borkenkäfer nahezu vollständig zum Opfer gefallen und andere sehr geschwächt worden sind“, so der Leiter des Forstbezirkes Leipzig, Andreas Padberg. „So hat etwa der Eschenborkenkäfer die gesamten Eschenbestände des nahe Zwenkau gelegenen Eichholzes zum Absterben gebracht.“

Roger Dietze

 

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