Leipzig. Erst einmal geht es im Gespräch mit Michael Trischan nicht um das Schauspiel. Sondern um etwas, das am Sonntagmorgen eine ganz schön große Rolle bei vielen Menschen spielt. Um Kaffee – aber nicht um irgendeinen Kaffee, sondern den „Trischan’schen Kaffee“. Das Ganze hat – wie fast immer – mit einem Zufall begonnen: „Ich habe mal einen Bericht über das Kaffeerösten gesehen und bin sofort losgegangen, um mir den billigsten Kaffeeröster zu kaufen, der zu bekommen war. Und der leistet mir bis zum heutigen Tag gute Dienste.“ Ja, dann kann man schon munter ins Fachsimpeln kommen, über das zweifache Knacken der Kaffeebohne, über die richtige Sorte: „Ich habe eine ausgezeichnete rohe Bohne entdeckt, aus Äthiopien.“ Mit einem Lächeln erzählt Michael Trischan: „Der Kaffee schmeckt einfach wunderbar. Und er ist auch ein exzellentes Geschenk für Menschen, die dies auch zu schätzen wissen.“
Ein wenig ist man schon auf der Spur, um zu erkennen, was diesen Schauspieler und Entertainer so außergewöhnlich macht. „Ich habe stets eine große Lust am Selbermachen. Bis auf die Arbeiten an der Elektrik mache ich alles selbst“, erzählt er und ergänzt: „Nur die Sache mit dem Strom habe ich nie verstanden.“ Und dann berichtet er mit einer einnehmenden Selbstverständlichkeit vom Alltag eines (Live-) Künstlers in diesen schwierigen Tagen, von der Erfahrung des allgegenwärtigen Doppelauftritts. „Eigentlich sollte die Veranstaltung im wunderschönen Rathaussaal stattfinden, aber dann mussten wir doch in die nüchterne Sporthalle umziehen. Und das ist schon ein irrer Aufwand, weil man ja quasi zweimal spielen muss, um alle Zuschauer mitzunehmen. Und ja, es war schwierig in dieser Atmosphäre, aber letztlich haben sich die Leute riesig gefreut.“ Dann sagt er mit ebendieser Selbstverständlichkeit einen Satz, der den Menschen, den Künstler Michael Trischan auf den Punkt bringt wie kaum ein anderer: „Ich sage niemals eine Vorstellung ab. Dann spiele ich lieber auch nur für 15 Leute.“ Eines, sagt er lächelnd, habe er gelernt in den vielen Jahren auf der Bühne – die 15 Leute, die da waren, bringen beim nächsten Mal genug andere mit.
Richtig bekannt und dies weit über die Grenzen seiner neuen Heimatstadt Leipzig – dazu später mehr! – hinaus ist er in einer Rolle geworden, die ihm gewissermaßen auf den Leib geschneidert war. Ja, manchmal konnte man schon das Gefühl gewinnen, dass der „In aller Freundschaft“-Pfleger Hans-Peter Brenner und der Schauspieler Michael Trischan eine weitgehende Symbiose eingegangen sind. „Klar – ich war von Anfang an schwer begeistert“, erzählt er: „Natürlich habe ich mich in dieser Rolle wiedergefunden – der Pfleger, der sich als abgebrochener Arzt immer wieder mit seinen eigenen Diagnosen reingehangen hat“, erklärt er mit einem herzlichen Lachen. Und mit einem Augenzwinkern ergänzt er: „Nach so mancher Folge haben mich die alten Arbeitskollegen angerufen und gefragt, was wir da wieder für einen Quatsch gemacht haben.“ Richtig, der Mann ist vom Fach. Gelernter, gestandener Krankenpfleger mit jeder Menge Praxiserfahrung, „alles, was ich über Hierarchien weiß, habe ich im OP-Saal gelernt und damals waren diese Hierarchien noch richtig krass. Aber dieses Wissen hat mir sehr geholfen: Man muss sich auch im Theater oder beim Film immer in ein Team einordnen. Und dann auch erkennen, dass Regisseure schon auch Recht haben können“, meint er wieder mit einem breiten Lächeln.
Doch dann gab es vor einiger Zeit diese Schlagzeile, die schon für Aufregung sorgte – bei den Fans von Michael „Hans-Peter Brenner“ Trischan (und derer gibt es nicht wenige!): Das Rollenende nach 13 Jahren! Spricht man mit dem Schauspieler über diesen Punkt, bleibt er wieder bemerkenswert ruhig und reflektiert: „Ach ja, ein wenig tut’s mir schon leid um den Brenner, der ist mir ans Herz gewachsen. Aber das ist nun einmal der Lauf der Dinge in diesem Beruf. Ich war damals schon schwer begeistert, als man mich für 15 Drehtage bei ’In aller Freundschaft’ an Bord geholt hatte.“ Nach einem kurzen Nachdenken ergänzt er: „So eine Rolle in einer Langstreckenserie ist für einen Schauspieler beinahe wie ein Fünfer im Lotto. Und wenn ich noch daran denke, dass sich diese 13 Jahre wie ein Wimpernschlag anfühlen, dann ist dies doch ein richtig gutes Zeichen.“ Kein Schmerz, keine Wehmut, eher Neugier auf Neues und Freude bei der Rückschau.: „Ich kann nach wie vor allen, mit denen ich bei IaF zusammengearbeitet habe, offen ins Gesicht schauen – das ist mir auch richtig wichtig.“
Ein paar tiefe Einblicke gibt es dann doch, an dieser Stelle einer Schauspielerkarriere, die man durchaus als neue Weichenstellung bezeichnen kann. Das Ehepaar Trischan – auch Ehefrau Ditte ist Schauspielerin – kennt die Höhen und Tiefen des Berufs genau. Und Michael Trischan hat auch kein Problem damit, offen darüber zu reden: „In diesem Beruf braucht man immer einen Plan B. Da hat man die Koffer immer gepackt. Deshalb sind wir auch sofort auf Wohnungssuche gegangen – uns war klar, dass wir uns nach dem Ende von Hans-Peter Brenner in finanzieller Hinsicht umstellen müssen.“ Es sind tiefgehende, schwerwiegende Sätze, die da aber mit großer Leichtigkeit ausgesprochen werden. Und gekrönt werden von dem Satz: „Irgendwie war dieser Arschtritt auch schon mal notwendig.“
Raus aus der Komfortzone! Gewissermaßen. Obwohl er nie den Kontakt verloren hat zur klassischen Bühne, zur so sehr geliebten Live-Situation vor realem Publikum. Seine „Hausbesuche“ beispielsweise hatte er zum einen schon geraumer Zeit aufgesetzt, diese Idee, Zuhörern auch einmal ein wenig Schauspiel-Kost im ganz privaten Rahmen zu servieren. Dann gibt es andererseits die Bühnenprogramme, mit denen er unterwegs ist (auch in diesen Tagen und auch unter schwierigen Bedingungen, wie schon zu lesen war). Jetzt, meint er nachdenklich-vorfreudig, gebe es doch die Zeit, dies noch ein wenig mehr auszubauen. „Wenn man viel Theater gespielt hat, fehlt einem die Bühne. Filmdrehs sind schon sehr zerhackt: Da werden die Szenen ja nicht nacheinander abgedreht, sondern manchmal kommt sogar zuerst das Finale, ehe man mit der Anfangsszene weitermacht“, erklärt Michael Trischan – so etwas wie ein „Flow“, ein mitreißender Fluss der Inszenierung komme da nie zustande.
Zudem gibt es da noch einen anderen wichtigen Punkt: „Beim Theaterspielen mache ich wirklich alles selbst. Bis hin zum Management. Aber für mich liegt das doch auf der Hand: Ich kenne meine Programme, ich kenne auch mein Publikum – da kann ich das ganze Organisatorische auch selbst machen. Und heute ist das ja auch ganz einfach“, deutet er mit einem Lächeln auf das ganz unschuldig ruhige Smartphone: „Das Büro ist immer dabei.“ Ein paar Ideen und Vorstellungen gibt es bereits, an denen gefeilt wird, eine Ein-Personen-Komödie, an der gefeilt wird beispielsweise. Es trifft sich da ganz gut, dass er wieder auf die Bühnen gehen kann – mit aller gebotenen Vorsicht, da kennt der gelernte Krankenpfleger keinen Spaß. „Ich habe mich mit etlichen früheren Arbeitskollegen aus dem Krankenhaus unterhalten“, überlegt er: „Die haben mir dann schon höchst ernsthaft bestätigt, dass Covid-19 etwas ganz anderes ist als eine Grippe.“ Vielleicht, meint er versonnen, wäre es dann doch ganz gut, wenn man etwas mitnehmen könne aus diesen Tagen in einen künftigen Alltag. Etwa in Sachen Handhygiene, den regelmäßigen Gebrauch von Desinfektionsmitteln, sogar das Tragen von Mund-Nase-Masken.
Forscht man nach den Beweggründen für diese ruhige, reflektierte Abgeklärtheit, mit der Michael Trischan über sich, seinen Beruf, seine Karriere nachdenkt, bekommt man eine ebenfalls überraschende Erklärung: „Dies ist wohl das Schöne am Älterwerden – da kommt dann diese Abgeklärtheit. In meinem Beruf habe ich schon so viele Dinge gemacht: Ich habe in der ersten Reihe gespielt, aber auch in der zweiten, dritten und vierten. Da muss ich niemandem mehr etwas beweisen.“ Dann ist es schon vielmehr diese gewisse Berufsehre, die antreibt. Die Erinnerungen an Kollegen wie Hans Korte, „das war einer, der konnte auf der Bühne jeden wegspielen. Da habe ich diese ganzen Bühnentricks gelernt. Wie man diese Lockerheit auf die Bühne bringen kann, ohne dies es nun einmal nicht geht.“
Schauspielschule hin oder her (ja, diese hat der gebürtige Hesse in München und Stuttgart absolviert) – hier hat er letztlich sein Wissen gesammelt über die Kraft und die Macht von Sprache. „Früher gab’s ja keine Mikrofone – da musste man alles mit der Stimme machen. Ganz nach dem klassischen Motto: Schminken für die erste Reihe, spielen für die letzte“, erklärt Michael Trischan: „Heute ist dies anders – was aber wiederum auch seine Vorteile hat.“ Nein, bei allem Wissen um klassische (Schauspiel-)Handwerk kann man ihm wahrlich keine Nostalgie vorwerfen, „auch wenn ich sehr gern alte Aufführungen anschaue: Eine Reminiszenz an meine Jugend, die mich schon rührt“.
Zum Hier und Jetzt im Leben der Trischans gehört zwingend auch Leipzig. Weil es irgendwie eine Liebe auf den ersten Eindruck war, erzählt er davon, wie er bei der Suche nach der Thomaskirche sofort kundige Hilfe fand. „Und diese Aufmerksamkeit, auch Gebildetheit finde ich auch hier bei meinem Publikum“, und dann berichtet er davon, dass bei der Suche nach der neuen Wohnung sogar mal ganz kurzfristig das benachbarte Halle/Saale in der Verlosung war, aber inzwischen Gohlis zu neuen Heimat erkoren wurde: „Inzwischen steht eins fest: Ich bleibe hier. Ich gehöre einfach hierher.“
Der positive Blick nach vorn – es ist bezeichnend, dass Michael Trischan mit einem solchen abschließt. „Man muss schon an das glauben, was man macht“, erklärt er und startet noch einen kleinen Exkurs in Richtung Musik, die bei seinen Programmen auch gern mal eine Rolle spielt: „Ich kann kein Instrument spielen, ich kann nicht mal Noten lesen. Aber ich begeistere mich für klassische Musik, für Pianisten, für wunderbare Solokünstler. Und ich mag Melodien, die mir etwas erzählen.“ Jens Wagner
Infos zu Michael Trischan, zu Programmen und Auftritten findet man auf: www.trischan.de