
Jeder hat sie schon einmal gesehen – die rot-gelben Wasserretter der Deutschen Lebens-Rettungs- Gesellschaft (DLRG). Sie wachen an den Badestränden der Nord- und Ostsee, behalten das wassersportliche Treiben im Auge und greifen ein, wenn jemand in Not gerät. Auch an deutschen Binnengewässern sichern sie den Freizeitspaß ab – und das schon seit mehr als 100 Jahren.
Was viele nicht wissen: In Delitzsch hat sich 1995 – aus der Wasserwacht heraus – eine eigene DLRG-Ortsgruppe gegründet. Bis heute bilden die Schwimmausbildung von Kindern, die Aufklärung über Gefahren im und auf dem Wasser sowie der Wasserrettungsdienst die Kernaufgaben der Ortsgruppe. 130 Mitglieder sind hier ehrenamtlich aktiv, die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche.
„Wir sind eine kleine Ortsgruppe und konzentrieren uns auf Anfängerschwimmkurse, denn die werden bei uns rege nachgefragt“, berichtet die Vereinsvorsitzende Claudia Linke. Im Sommer können Kinder ab sechs Jahren das Schwimmen lernen. Mehrere Betreuerinnen und Betreuer widmen sich dann zehn Tage lang intensiv den Frühschwimmern und führen sie in die Geheimnisse des Wassers ein. „Neben diesen Lehrgängen bieten wir auch interne Rettungsschwimmerlehrgänge an und Lehrgänge in lebensrettenden Sofortmaßnahmen und Erste Hilfe.“
Herausforderung 1: Trainer finden und halten
Um die Schwimmkurse durchführen zu können, braucht es aktive Mitglieder. „Wir suchen vor allem junge Erwachsene, die uns als Trainer bei den Schwimmkursen unterstützen“, sagt Claudia Linke. Viele hätten den Verein aufgrund von Studium oder Ausbildung verlassen. Das sei nicht leicht zu kompensieren. Noch dazu, wo die Mitglieder komplett ehrenamtlich bei der DLRG aktiv sind. „Wir legen die Kurse also immer so, dass wir sie nach unserer eigenen Hauptarbeit anbieten können oder müssen für Kurse und Lehrgänge manchmal sogar Urlaub nehmen“, erklärt die Vereinsvorsitzende. Es sei eine der größten Herausforderungen, Menschen zu finden, die dieses Engagement so mittragen.

Dafür müsse man das Element Wasser schon innig lieben. Claudia Linke ist von Haus aus eine echte Wasserratte. Ihr Vater war eines der Gründungsmitglieder. „Und bei jedem Training war ich mit dabei. Da gab es für mich auch keine große Überlegung gleich mitzumachen. Das wollte ich einfach“, erzählt sie.
Schatzmeisterin Diana Paßlack ist durch ihre Kinder, die im Verein Schwimmen gelernt haben, zur DLRG gekommen. 2006 ist gleich die ganze Familie eingetreten.
Herausforderung 2: Die geeignete Heimstatt
Eine weitere große Herausforderung ist, eine feste Trainingsstätte zu finden. „Seit 1995 haben wir die Anfänger- und Rettungsschwimmkurse sowie eigene Aktivitäten im Delitzscher Freibad durchgeführt. Als das geschlossen wurde, ging die Suche los“, erinnert sich Claudia Linke. Man wurde zum Glück in Roitzsch fündig. Das ehemalige Volksbad gibt es bereits seit 1927. „Die Preise sind hier moderat und es ist nicht zu weit von Delitzsch entfernt“, so Diana Paßlack.
Anders sieht es bei der Winter-Heimstatt aus. „Anfangs haben wir in der Schwimmhalle bei der Bundeswehr in Benndorf geübt. Dann wurde diese geschlossen. Daraufhin sind wir im Stadtbad Leipzig geschwommen, in dem es aber schwer war, passende Nutzungszeiten zu finden. Schließlich haben wir in der Schwimmhalle in Bitterfeld eine dauerhafte Möglichkeit gefunden“, fasst sie zusammen.
Wie es in Delitzsch mit den Schwimmkursen nach Eröffnung des neuen Elberitzbades weitergeht, ist für die Ortsgruppe noch fraglich. „Wir freuen uns persönlich, dass Delitzsch wieder ein Schwimmbad hat. Was das Anbieten der Schwimmkurse angeht, müssen wir erst eine neue Kalkulation erstellen“, meint die Schatzmeisterin.
DLRG-Mitglieder üben regelmäßig
Geschwommen wird das ganze Jahr über, denn die Mitglieder müssen regelmäßig üben. „Einmal pro Woche sind wir im Wasser. Dann stehen unter anderem Rettungs- und Befreiungsgriffe, Sprünge, das Strecken- sowie Tieftauchen, Geschwindigkeit, Technik und Ausdauer auf dem Trainingsplan“, erklärt Claudia Linke. Das sei wichtig, um fit zu sein und zu bleiben.
Zudem können sich die hauseigenen Rettungsschwimmer für die Urlaubs- und Sommerzeit zur Absicherung der Strände an der Nord- und Ostsee bewerben. „Dann kann es schon mal sein, dass man auf Rügen auf einen Delitzscher Wasserrettungsschwimmer trifft.“
Regelmäßig nimmt die Ortsgruppe am traditionellen Nachtschmiedcup in Görlitz teil. Dabei kämpfen die teilnehmenden Ortsgruppen um einen begehrten Wanderpokal. „Neben abgewandelten Disziplinen aus dem Rettungssport stehen auch außergewöhnliche Strecken, wie das Poolnudelreiten oder die Brückenstaffel, auf dem Programm. Gekrönt wird der Wettkampf von einem Drei-Stunden-Schwimmen“, erzählt Claudia Linke.
Wichtige Arbeit
Dass ihre Arbeit sinnhaft und wichtig ist, hat Diana Paßlack persönlich erfahren müssen. „Immer wieder hört man von schlimmen Badeunfällen. Aber ich habe es in der eigenen Familie erlebt, dass zwei Kinder beim Baden ertrunken sind.“ Deshalb ist es im Verein wichtig, neben dem Schwimmenlernen auch über Gefahren im und am Wasser aufzuklären. „Das betrifft dann nicht nur Kinder, auch die Eltern lernen bei uns mit und sind am Ende dankbar über die Hinweise“, sagt die Schatzmeisterin.

Schwimmen lernen sollten alle Kinder, spätestens im Sommer vor dem Schuleintritt. „Bei uns betreuen circa sieben Ausbilderinnen und Ausbilder 15 bis 20 Kinder pro Kurs. Somit können wir gewährleisten, auf jedes Kind individuell eingehen zu können“, betont Claudia Linke.
Mit viel Geduld, Ruhe und Einfühlungsvermögen haben die Mitglieder der Ortsgruppe in den vergangenen 30 Jahren etwa 900 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen das Schwimmen beigebracht. „Und es ist immer wieder faszinierend, wie dabei ein kleiner Angsthase über sich hinauswachsen kann“, freut sich Diana Paßlack.
Und noch etwas ist für die beiden von großer Bedeutung: „Das Schwimmen sollte mit dem bestandenen Seepferdchen nicht aufhören“, hebt Claudia Linke hervor. „Denn mit jedem weiteren Abzeichen – es folgen Bronze, Silber und Gold – werden die Kinder sicherer. Und das sollte für die Eltern höchste Priorität haben.“
Wie eine große Familie
„Für mich ist das Besondere an der Ortsgruppe das Familiäre. Man kommt ganz ungezwungen mit Menschen in Kontakt, und es entstehen auch Freundschaften und sogar Ehen“, sagt Claudia Linke lächelnd. „Außerdem finde ich es wichtig, in heutiger Zeit soziale Verantwortung zu übernehmen und sich zu engagieren“, fügt sie hinzu.
„Ich finde es toll, dass sich bei uns Menschen über alle Altersgruppen hinaus zusammenfinden. Hier schwimmen Jung und Alt zusammen. Und es ist schön, wenn ehemalige Schwimmkinder zu einem kommen und sagen: ‚Bei Dir habe ich das Schwimmen gelernt.‘ Das macht mich stolz, etwas Gutes geleistet zu haben“, so Diana Paßlack.
Die Ortsgruppe zeichnet sich außerdem durch ein reges Vereinsleben aus. So wird zum Beispiel einmal im Jahr eine Vereinsfahrt unternommen, immer am 1. Januar der Neujahrslauf sowie am 1. Mai eine gemeinsame Radtour. „Im Herbst laden wir zu einer Dankes-Veranstaltung ein – als Anerkennung für diejenigen, die uns als Betreuerinnen und Betreuer unterstützen.“
Auch mit anderen Vereinen aus Delitzsch wird sich regelmäßig ausgetauscht, werden gemeinsam Veranstaltungen geplant. „Und wir werden zu unserem 30-Jährigen im August auch etwas Besonderes auf die Beine stellen.“ Mehr verrät Claudia Linke nicht, denn die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. Nannette Hoffmann
Mehr Infos unter https://delitzsch.dlrg.de. Hier kann man sich auch für die Schwimmkurse vom 14. bis 27. Juli 2025 anmelden.