LEIPZIG. Gibt es Orte, an denen die Kreativität zu Hause ist? Nun, Conny Kanik kann diese Frage für sich problemlos beantworten: Es ist ein Bungalow im Spreewald, gleich in der Nähe vom Wasser, aber doch ein wenig abseits der Touristenströme …
Hierher hat sie sich auch zurückgezogen, als sie spürte, dass da mal wieder etwas raus wollte. Geschrieben werden wollte. Aufgenommen werden wollte. „Erwachsenenlieder“, erklärt sie mit einem charmanten Lächeln. Genau in diesem Bungalow – „diese Datsche haben meine Eltern zum Glück behalten“ – sind die Lieder der neuen CD „Woran glaubst du“ entstanden. „Der Spreewald war tatsächlich schon immer mein Fluchtpunkt“, überlegt Conny Kanik. Und sie ergänzt: „Eigentlich sollten die Aufnahmen ja nur die Vorproduktion sein, aber dann wollte ich die Lieder im Studio doch nicht noch einmal wiederholen.“ Entstanden ist eine unmittelbare, direkte Musik, die manchmal sogar noch ein wenig den Ort der Entstehung erahnen lässt …
Dabei muss an dieser Stelle über einen Traum gesprochen werden – ohne den es diese CD sicherlich nicht geben würde. Es war ein Traum, den sie einst in Nepal hatte, in einem Meditationshaus. Ein Traum von einer Bühne. „Die Mönche haben erklärt, dass man auf diese Träume unbedingt achten sollte“, womit sich die schon eingeschlagene Karriere in einer Stuttgarter Marketing-Agentur sozusagen erledigt hatte. Nicht schlimm, findet Conny Kanik heute – zum einen hilft das gesammelte Marketing-Wissen immer noch, andererseits hat sie diese Entscheidung niemals bereut.
Was auch ein wenig daran liegt, dass sie sich eigentlich nicht wirklich festlegen mag. „Ich will immer in die verschiedensten Bereiche reinschnuppern“, überlegt sie und meint: „Dabei geht es mir aber nicht um Perfektion. Ich will nicht die perfekte Gitarristin werden.“ Mit einem Lächeln ergänzt sie: „Da fehlt mir auch die Geduld.“ Aber es geht um Erfahrungen, um das Ausprobieren. Eine Offenheit, die ihr letztlich auch die Chance eröffnete, tatsächlich auf eigenen Beinen zu stehen …
„Mit 20 Jahren hätte ich wohl die Hände gehoben, wenn es um ein Kinderprogramm gegangen wäre“, meint sie ehrlich freimütig (Ehrlichkeit ist ihr ohnehin ganz wichtig, erzählt sie später) – und doch sollte dies ein wichtiger Befreiungsschlag werden. Und eine prägende Erfahrung obendrein: „Wir scheinen da einen Nerv zu treffen“, überlegt sie zu den „Abenteuern mit KESS“. Auch hier gibt es eine neue CD, „Tanzpirat“ heißt sie und zeigt eine ganz andere Conny Kanik. Aber was heißt dies schon? Sie gibt es schließlich auch als Schauspielerin, als Autorin und Sprecherin (aktuell hat sie die Gruselstadtrundfahrten für Dresden gestaltet).
Wie dem auch sei – die „Abenteuer mit KESS“ gaben etwas ganz Wichtiges. Unabhängigkeit – mal ganz abgesehen von den prägenden Erfahrungen, sich dem gestrengen Urteil eines blutjungen Publikums zu stellen („Die merken sofort, wenn man sie nicht ernst nimmt.“). Für „Woran glaubst du“ hat Conny Kanik ihr eigenes kleines Label „Rudy Would You Like It“ ins Leben gerufen (eine Reminiszenz an den Opa Rudy). Und dann hat sie noch die Vision einer eigenen „Abenteuerfabrik“ mit ganz vielen Räumen (von denen die eigene Solomusik und das Label dann eben nur einer sein soll). „Der eigene Weg war mir schon immer wichtig“, überlegt sie.
Eigenes Label gegründet
Auch wenn der mit viel Arbeit gepflastert ist, mit Disziplin, auch mit der Option des Scheiterns – aber dies kommt ihr eigentlich entgegen. Gitarrespielen hat sie sich selbst beigebracht, Gesangsunterricht vermieden, dafür die (Marketing!)-Erkenntnis beigesteuert: „Keiner da draußen wartet auf mich. Ich muss meine Dinge selbst in die Hand nehmen.“ Und es ist ein wichtiger Wesenszug von Conny Kanik, dass sie dem (künstlerischen) Genie eher misstraut: „Mir sind die Fleißigen und Zuverlässigen viel lieber.“
Es sind Dinge, die sie wohl vom grünen Rasen mitgenommen hat. Mit Anja Kunick hat sie schließlich nicht nur das eigene Label gegründet, sondern auch mal Fußball gespielt. „Sport und Musik haben ziemlich viele Parallelen“, bestätigt die Sängerin lächelnd. Vielleicht kommt da auch diese bemerkenswerte Konzentration her: „Mir fällt es leichter, in zwei Stunden ein Lied zu schreiben, als ständig zwischen den Projekten zu springen.“
Apropos Projekte – ein solches ist die Reihe „Comedy meets Music“, ins Leben gerufen mit Comedienne Anika Hoffmann. Der perfekte Rahmen für das Record-Release-Konzert vor einigen Tagen: „Allein anderthalb Stunden nur mit der Gitarre auf der Bühne stehen? Das fühlte sich irgendwie nicht gut an. Aber im Rahmen dieser Show war es wunderbar.“ Und man hört problemlos heraus, dass es da eine neue Lust aufs Unterwegssein gibt – mit einer Band im Rücken, versteht sich.
Am Ende lehnt sich Conny Kanik entspannt zurück. Und denkt ein wenig über das Älterwerden nach: „Man wird ruhiger, abgeklärter, man kennt seine eigenen Grenzen.“ Und über Ideenmangel kann sie nicht klagen. Dafür gibt es ja diese Datsche im Spreewald …
J. Wagner
Mehr Informationen im Internet: www.connykanik.de