Altenburg. Mehr als dreißig Jahre lang gehörte Margitta Pluntke als wissenschaftliche Mitarbeiterin zum Team des Naturkundemuseums Mauritianum in Altenburg. Jetzt hat sich die Diplom-Biologin in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet – zumindest offiziell. Denn so ganz hat sie noch nicht Abschied genommen von ihrem langjährigen Arbeitsplatz. So einiges von dem, was aus unterschiedlichsten Gründen liegen geblieben ist, möchte sie gern noch aufarbeiten und in so geordneten Verhältnissen übergeben, wie es ihre grundsätzliche Arbeitsweise gewesen ist in diesen mehr als drei Jahrzehnten.
Aufgewachsen ist die 1958 Geborene in einem kleinen Dorf bei Bad Lausick, in Glasten. Ihr Abitur legte sie an der ehemaligen Fürstenschule in Grimma ab und begann dann ein Studium an der Martin-Luther-Universität in Halle in der Sektion Biowissenschaften. Mit dem Diplom in der Tasche kam die frischgebackene Absolventin im September 1983 nach Altenburg, wo sie eine Anstellung in der damaligen Pflanzenschutzstelle beim Rat des Kreises fand, in dem es ein kleines Diagnoselabor gab, das nunmehr für die ersten Jahre ihr berufliches Zuhause wurde. In Wendezeiten und den damit verbundenen Veränderungen und Umstrukturierungsprozessen wurde jene Pflanzenschutzstelle zunächst dem Landwirtschaftsamt zugeordnet, später personell reduziert und schließlich ganz aufgelöst.
Auch für Margitta Pluntke wurde es Zeit für Veränderungen. „Es war mein Herzenswunsch, ins Mauritianum zu wechseln“, erzählt sie. Und in der Tat klappte es, der Wunsch ging in Erfüllung. Am 1. Januar 1991 nahm sie ihre Tätigkeit im Haus an der Parkstraße auf und widmete sich hier nun speziell der Botanik. In wissenschaftlichen Arbeiten und Untersuchungen ebenso, wie bei der Erarbeitung und Begleitung von Ausstellungen sowie bei spezifischen Sonderveranstaltungen des Hauses. Mehr als 31 Jahre wurden es schließlich – Jahrzehnte, in denen sie sich vor allem auch dem inzwischen circa 21 780 Bögen umfassenden Herbarium des Mauritianums widmete und der wissenschaftlichen Bibliothek, zu der nach aktuellem Stand rund 65 000 bibliografische Einheiten zählen.
Gab es Sonderausstellungen in jenen Jahren, an die sie sich besonders gern zurückerinnert? „Ja, durchaus“, antwortet die Wissenschaftlerin. Mit der Wanderausstellung des Pfalzmuseums für Naturkunde aus Bad Dürkheim unter dem Titel „Sesam, Safran, Sultaninen – Nutzpflanzen der Türkei“ benennt sie ein Beispiel aus dem Jahr 1993. Aber auch die Schau „Für alles ist ein Kraut gewachsen“, eine eigene Sonderausstellung des Mauritianums aus dem Jahr 1996 ist ihr in lebendiger Erinnerung geblieben so wie die ebenfalls hauseigene Exposition „Heimische Früchte – Nahrung für Vögel“ von 1998/1999 oder schließlich die Wanderausstellung des Senckenberg Naturmuseums Frankfurt/Mail „Flechten – Kunstwerke der Natur“, die im Jahr 2000 gezeigt wurde.
Was bleibt vom Schaffen der Margitta Pluntke für das Naturkundemuseum Mauritianum und die Naturforschende Gesellschaft Altenburg e.V., die Träger des Museums ist, ist daneben die wissenschaftliche Aufarbeitung von einzelnen Aspekten der mehr als hundertjährigen naturwissenschaftlichen Traditionen in der Stadt und der Region. Der stattliche Band 40 der „Mauritiana“, einer Schriftenreihe des Naturkundemuseums Mauritianum, deren Ursprünge bis ins Jahr 1837 zurückreichen, kündet von eben solcher wissenschaftlichen Akribie. Gewidmet ist sie Herzog Ernst II. von Sachsen-Altenburg (1871-1955) zu dessen 150. Geburtstag. In dieser Publikation hat Margitta Pluntke die Ergebnisse langjähriger Forschungsarbeiten, insbesondere auch im Thüringer Staatsarchiv, zusammengestellt, die sie über ein Jahrzehnt beschäftigt haben.
Naturwissenschaftliche Ambitionen und Impulse des Herzoghauses
In vier Abhandlungen beleuchtet die Wissenschaftlerin anhand von historischen Dokumenten das naturwissenschaftliche Interesse und diesbezügliche Ambitionen und Bestrebungen des hiesigen Herzoghauses.
So wendet sie sich zunächst in ausführlichen Darstellungen der Spitzbergenreise und der Schlitten-Expedition des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Altenburg im Jahr 1911 zu, inklusive der Vorbereitungen und Nachwirkungen und mit Betrachtung der herzoglichen Kontakte zu Naturwissenschaftlern seiner Zeit. Im Weiteren konzentriert sich Margitta Pluntke auf das astronomische Interesse des Herzogs und schildert die Bedeutung seiner privaten Sternwarte im thüringischen Wolfersdorf.
Im Laufe ihrer Arbeiten zu diesen Themen stieß die Diplom-Biologin auch auf die große Bedeutung des Vaters von Herzog Ernst II., Prinz Moritz von Sachsen-Altenburg (1829-1907), der Impulsgeber für die naturkundlichen Ambitionen seines Sohnes war, die Naturwissenschaften in der hiesigen Region mit Anregungen versehen hat und einer ihrer bedeutenden Förderer war. Immerhin dankte man diese Verdienste auch, indem man das 1908 eröffnete Naturkundemuseum nach seinem Tod in lateinischer Ableitung seines Vornamens Moritz nach ihm benannte: als „Mauritianum“.
In einem abschließenden vierten Beitrag jener „Mauritiana“ Band 40 geht Margitta Pluntke thematisch auf das Verhältnis des Herzoghauses Sachsen-Altenburg (1826-1918) und der Naturforschenden Gesellschaft des Osterlandes (1817-1945) in Altenburg/Thüringen ein.
Riesige Fülle an Material
Dass dieser Band am Ende so umfangreich wurde und deutlich mehr Material als ursprünglich gedacht aufarbeitet und zusammenfasst, liegt an der Fülle dessen, was die Wissenschaftlerin im Zuge ihrer Recherchen und bei der Archivarbeit fand. Und da Margitta Pluntke all diese Üppigkeit an Informationen und Dokumenten sozusagen fast vor die Füße fiel, reizte sie es mehr und mehr, all diesen Schatz auch aufzuarbeiten und in gut lesbarer Form der Nachwelt zu erhalten und zu offerieren. Heimatgeschichtlich und naturkundlich Interessierte, gerade auch aus unserer Region, dürften darüber jubilieren.
Erste Anregungen bereits im Frühjahr 2007
Ein Blick zurück auf die Anfänge: Gedacht war nach ersten Planungen vor allem an eine Aufarbeitung der Expedition des Herzogs Ernst II. im Sommer 1911 nach Spitzbergen. Dieser hatte das Naturkundemuseum im Frühjahr 2007 unter dem Titel „Ein Herzog auf Forschungsreise“ eine Sonderausstellung gewidmet. Damals gab Museumsdirektor Mike Jessat die Anregung, dieses Thema weiterzuverfolgen. „Auch von außerhalb verspürten wir Interesse am Ausstellungsthema, so von Cornelia Lüdecke von der Universität Hamburg“, erinnert sich Margitta Pluntke an zusätzliche Inspirationen. Vor allem aber sei es sehr wesentlich auch dem Heimatforscher und Buchautor Uwe Gillmeister zu verdanken, dass in Altenburg das Leben Herzog Ernst II. wieder stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückte.
Sein 2003 erstmals und inzwischen in vierter Auflage erschienenes Buch „Vom Thron auf den Hund“ weckte Interesse und Aufmerksamkeit. Die dritte und vierte Auflage dieser Publikation enthält eine Abschrift des Manuskripts über die Spitzbergen-Reise des Herzogs aus dem Jahr 1943.
Im Jahr der 100. Wiederkehr der Forschungsreise fand im Mauritianum im Jahr 2011 zu diesem Thema eine Tagung von Wissenschaftshistorikern statt, zu der unter anderem Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Polarforschung und des Arbeitskreises Geschichte der Polarforschung nach Altenburg kamen.
Eigentlich sollte bereits zu diesem Anlass die jetzt vorliegende Publikation fertig sein, doch die hier schon erwähnte Materialfülle, die sich nach und nach zeigte „und die so spannend und vielfältig war, dass ich das Ganze fassen wollte“, wie Margitta Pluntke anmerkt, führte dazu, dass diese Arbeit fast ein Jahrzehnt mehr in Anspruch nahm – im Nebenher der sonst für Margitta Plunkte anstehenden Aufgaben im Bereich der Botanik und der Bibliothek des Mauritianums. Doch nun liegen die Aufarbeitungen in gedruckter und gebundener Form seit 2021 vor und sind jedem Interessierten zugänglich.
Dank Margitta Pluntke, die wiederum all ihren Mitstreitern und Unterstützern herzlichst dankt für dieses Miteinander auf einem langen, letztlich erfolgreichen Weg. Ralf Miehle
Die „Mauritiana“ kann im Naturkundemuseum Mauritianum in der Parkstraße 1 in Altenburg erworben werden.