Doreen Hildebrand (l.) und Jenny Winter hoffen darauf, dass auch im Altenburger Familienzentrum bald wieder Normalität Einzug halten kann. Foto: Ralf Miehle

Altenburg. Familien und Kinder, vor allem die Kinder, sie hatten es in den zurückliegenden 15 Monaten nicht leicht. Oft bereits wurden die Aus- und (teils unsichtbaren) Nebenwirkungen der Corona-Pandemie schon zu beleuchten versucht – vieles an Folgen wird sich erst in den kommenden Monaten, vielleicht Jahren herauskristallisieren. Experten in Sachen Familienleben und Familienbetreuung sind ganz sicher die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Altenburger Familienzentrums, denn sie sind rein schon von Berufs wegen in ihrem Alltag sehr dicht dran an jenen Sorgen und Bedürfnissen von Vätern, Müttern und ihren Sprösslingen, spüren und erleben die Prozesse des Aufwachsens vom Neugeborenen über das Babyalter und erleben all die Fortschritte der weiteren Entwicklung der Kleinkinder.

Denn just jene Begleitung hat sich das Altenburger Familienzentrum seit seiner Gründung im Jahr 2009 zur Aufgabe gemacht und rasch wuchsen das Interesse und der Anhängerkreis der vielfältigen Offerten, die hier unterbreitet werden – und vor allem fanden just jene Wärme, Gemeinschaft und der Austausch untereinander sehr schnell Zuspruch.

Normalerweise also sind die Angebote wie Pekip-Kurse, Sportkurse, Krabbelgruppen, Musikkurse oder verschiedene Formen der Elternberatung und -begleitung stets im Handumdrehen ausgebucht, auch wenn in den zurückliegenden Jahren, dank auch personeller Verstärkung auf mittlerweile vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer wieder zusätzliche Termine ins Programm aufgenommen wurden. Doch dort, wo sonst an jedem Wochentag quirliges Treiben, reges Kommen und Gehen herrscht – im Familienzentrum neben der Altenburger Brüderkirche, dort herrschte seit Monaten gespenstische Ruhe. Zusammensein in Gruppen, gar noch in unmittelbarer Nähe wie beispielsweise in den Krabbelgruppen – oder gar fröhliches, herzhaftes Singen in den Musikkursen, das war lange Zeit nicht möglich. Im Frühjahr des vergangenen Jahres, und nun seit November nochmals für sieben Monate.

Doch die vermeintliche Ruhe am und im Familienzentrum täuscht. (Und das nicht nur, weil ringsherum an der Brüderkirche gerade emsige Bauarbeiten vonstatten gehen.) Das ansonsten dort zu beobachtende emsige Treiben hat sich – coronabedingt – schon über lange Zeit andere Wege und Mitteilungsformen gesucht. Das Team des Familienzentrums war durch die Zwänge der Zeiten stets neu auf der Suche nach alternativen Formen von Familienbetreuung.

Zwei der Mitarbeiterinnen, Jenny Winter und Doreen Hildebrand, haben so einiges zu erzählen in ihrem Rückblick auf 15 Monate Pandemie – und vor allem: Sie haben längst neue Pläne für die kommenden Wochen entwickelt.

Doreen Hildebrand beispielsweise hat mit ihrem Newsletter, den sie einmal pro Woche verfasst und versendet, einen regelrechten Knüller gelandet. „Auf rund 200 Abonnenten ist die Zahl der interessierten Empfänger inzwischen gestiegen“, sagt die Ergotherapeutin, die seit vier Jahren zum Team des Familienzentrums gehört. Und nicht nur jene 200 lesehungrigen Frauen und Männer stürzen sich Woche für Woche auf die Neuigkeiten, die Mails werden auch rege getauscht und weitergeleitet, so die Erfahrungen.

„Mit diesem Newsletter habe ich im November 2020 zu Beginn des zweiten Lockdowns begonnen. Da hatten die meisten Eltern schon ausgiebig Erfahrungen damit, über längere Zeit mit ihren Kindern nur noch im kleinsten Kreis zusammensein zu dürfen. Und all die stark begrenzten Möglichkeiten in der Nähe, die hatte wohl fast jeder schon endlos ausprobiert und genutzt. Nach der 300. Runde um den Großen Teich hat man sich auch dieses schöne Areal irgendwann über gesehen und langweilt sich.“

Also hielt Doreen Hildebrand, selbst Mutter eines Kindes, bewusster als sonst Ausschau nach Ausflugstipps in der Nähe, „nach schönen Ecken, die man sonst vielleicht gar nicht ahrnehmen würde“ und testete diese potenziellen Wegeführungen auf Begehbarkeit mit Kinderwagen, auf vielleicht schöne Spielplätze unterwegs oder am Rande und manches Sehenswerte und formulierte dies ab dato wöchentlich in ihrem Newsletter. Dazu gesellte sie in jeder neuen Ausgabe ein, zwei Rezepte mit Mahlzeiten, die kinder- und alltagstauglich sein und schnell realisierbar sein sollten in Zeiten von Homeoffice und „nebenbei“ Kinderbetreuung zu Hause. „Auch eine Bastelidee habe ich immer mal wieder mit angefügt, und dazu ein paar tröstende, Mut machende, stärkende, nette Worte, die ja jedem gut getan haben in diesen Monaten: Auch die Seele muss gefördert werden.“

Die Anhänger des Familienzentrums fanden wie gesagt schnell Gefallen daran, wie auch so manche Resonanz zeigt, die Doreen Hildebrand und ihre Mitstreiter erhielten. „Da waren Dankesworte dabei für diesen schönen Ausflugstipp oder auch mal fotografische Impressionen von eben solch einer Tour, und immer mal wieder werde ich auch unterwegs, beim Einkaufen zum Beispiel angesprochen auf unsere Tipps.“

Am Versand eines solchen Newsletters, den man unter info@altenburger-familienzentrum.de bestellen kann, hält die junge Frau auch in der Gegenwart fest, auch wenn es für sie freilich immer schwieriger wurde, noch neue Ziele zu finden. „Schwerpunkt ist und bleibt das Altenburger Land, aber ich habe inzwischen zum Beispiel auch mal eine sehr reizvolle Tagestour nach Wolkenburg mit in meine Wochentipps aufgenommen.“

Darüber hinaus gab es in der Adventszeit des vergangenen Jahres, zum Mutter- und zum Männertag spezielle Aktionen des Familienzentrums, unter anderem einen (kontaktlosen und coronagerechten) Adventskalender vor der Brüderkirche und Adventsbasteltüten. Und Alleinerziehenden, die es in diesen Monaten besonders schwer hatten, gewährten die Mitarbeiterinnen da und dort spezielle zusätzliche Einfallhilfe. „Wenn die Mama eben dringend einen Termin wahrnehmen muss, dann gehen wir halt gern ein Stündchen mit dem Kind spazieren oder setzen uns auch mal – mit großem Abstand – auf eine Parkbank, um zu reden, was besonders gut tut, wenn man mit vielem alleine zurecht kommen muss.“

Als nach dem ersten Lockdown ab März 2020 in Richtung Frühsommer Lockerungen der Coronabeschränkungen möglich wurden, verlegte das Familienzentrum einen Teil seiner Angebote kurzerhand nach draußen an die frische Luft und lud beispielsweise die Krabbelgruppen bis Anfang September („zum Glück hatten wir im vergangenen Jahr fast immer Glück mit dem Wetter“) auf die Wiese an der Agneskirche ein. Auch die Pekip-Kurse konnten so weitergeführt werden. „Und das hat uns sehr gute Gruppen- und ganz neue Naturerfahrungen beschert“, schauen die beiden Frauen zufrieden auf diese Zwischenphase zurück. Dazu gehören auch jene Erfahrungen mit Sportkursangeboten, die auf einen Sportplatz im Stadtteil Nord verlagert worden waren.

Jenny Winter konnte ab September dann sogar wieder Musikkurse für Anderthalb- bis Dreijährige beginnen, doch ab November folgte bekanntlich der nächste Schlussstrich. Nun erlebte der hier schon ausgiebig besprochene Newsletter seine Premiere und Woche für Woche eine Neuauflage. Und auch andere Formen, nunmehr in Online-Distanz, wurden entwickelt und ausprobiert.

„Seit April habe ich zwei Pekip-Kurse online zu laufen“, nennt Jenny Winter ein Beispiel. „Mit jeweils vier Mamas, noch bis Mitte Juni.“ Das funktioniere im Prinzip schon, wenn die Technik und das Internet mitspielen, aber: „Für mich war und ist das schon gewöhnungsbedürftig, ich habe die Eltern und die Kinder viel lieber unmittelbar vor mir und ich hoffe und wünsche mir sehr, dass solche Angebote, wie auch meine Musikkurse und unsere Krabbelgruppen bald wieder in Präsenz stattfinden können“, so die Mutter dreier Kinder, die seit acht Jahren im Familienzentrum tätig ist. Denn manche Dinge, wie beispielsweise Musikkurse oder gar Singen via Zusammenschaltung per Onlinekonferenz, das funktioniere nun wahrlich nicht, wie sie aus ihren eigenen Erfahrungen berichten kann. Auch das Elterncafé als Zusammenschaltung per Video ersetze nur in ganz minimalem Maße den direkten Austausch und die Nähe, die solch eine offene Gesprächsrunde nun mal brauche.

Einen Riesenerfolg hingegen verbuchte die von Sozialpädagogin Jenny Winter erdachte und realisierte Waldrallye im Ehrenhainer Forst: „Dort hatte ich die Route für eine einstündige Rundwanderung mittels roten Wollfäden gekennzeichnet, die auch mit Kinderwagen passierbar war. Unterwegs mussten die Teilnehmer verschiedene Aufgaben bewältigen und an jeder Station einen Buchstaben finden, die am Ende zu einem Lösungswort zusammenzusetzen waren. Wer wollte, der konnte dieses ans Familienzentrum einsenden und wurde schließlich sogar noch mit einem kleinen Preis belohnt“, schildert sie das Prinzip des Angebots.

Rund 80 Familien haben eine Mail geschickt, weit mehr dürften die Offerte genutzt haben, wie Erfahrungen und Beobachtungen vor Ort sowie persönliche Rückmeldungen belegen. Und auch das Waldbingo, das Jenny Winter zusätzlich anbot, für das im Tourverlauf verschiedene Naturmaterialien zu finden und zu sammeln waren, erwies sich gleichermaßen als Erfolg und als ein gern angenommenes kleines Projekt, die „Langeweile“ schier endlos erscheinender Pandemietage mit spannender Ablenkung zu überlisten.

Waldrallye und Waldbingo sind inzwischen abgebaut und damit Geschichte, aber: Längst sind neue Ideen entwickelt. Doreen Hildebrand hat gemeinsam mit dem Naturkundemuseum Mauritianum eine Entdeckungstour durch den Altenburger Schlosspark ersonnen und nunmehr in die Praxis umgesetzt. Auf jener Tour, die man am besten am Parkplatz hinter dem Marstall beginnt, sind sieben Vogelarten, die im Schlosspark beheimatet sind, zu entdecken. Nicht als reale Lebewesen, sondern als hölzerne Attrappe, die entlang der durch farbige Wollfäden gekennzeichneten Strecke an den Bäumen angebracht wurde. Um diese Objekte im Rohschnitt herzustellen, fand sich dankenswerterweise in der Holzwerkstatt von Horizonte, in der Tagesstätte für Suchtkranke, ein Partner, der die notwendigen Arbeiten ausführte.

Wer alle sieben Vögel findet und bestimmen kann, sende eine Mail an das Familienzentrum – und auch hier locken am Ende kleine Preise. Die Aktion läuft bis Ende Juli.

Ein solches Tiersuchspiel ist laut Doreen Hildebrand auch für den Altenburger Stadtwald in Planung und Vorbereitung, hier müssen rund ein Mal ein Meter große Waldtiere gefunden und bestimmt werden, wobei es sich um ein Gemeinschaftsprojekt mit der Farbküche handelt. Und Jenny Winter kann sich solcherlei Sommerrallye auch für den neuen Viaduktradweg vorstellen, „vielleicht mit dem Erraten von Tierliedern. Je nachdem, was wir künftig dürfen, auch in Gruppen.“

Wer also auf dem Laufenden bleiben will, sich über die aktuellen und die künftigen Angebote des Altenburger Familienzentrums informieren möchte, dem sei besagter Newsletter empfohlen, der über alle Neuerungen und Öffnungsschritte wochenaktuell berichtet. Ralf Miehle

Weitere Informationen unter: www.evangelische-kirchgemeinde-altenburg.de/familie/ Mail an: info@altenburger-familienzentrum.de

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