Er trug die sächsische Seele auf der Zunge: Eberhard Cohrs. Noch heute sind die Sketche und Lieder des Dresdner Starkomikers beliebt. Dafür sorgt auch Petra Horn (63). Die Tochter aus Cohrs’ Leipziger Liaison hält die Erinnerung an den Kleenen mit der großen Gusche wach, der vor 20 Jahren an Krebs starb.
Zufall – oder hatte Eberhard Cohrs vom Himmel aus seine Hand im Spiel? „Es gleicht einem Wunder“, erzählt Petra Horn. „Meine Tochter sollte im vergangenen Jahr am 18. Januar ihr Mädchen Amaya auf die Welt bringen. Sie kam aber am 4. Januar.“ Auch Eberhard Cohrs wurde genau an jenem Tag geboren, allerdings 1921 in Dresden.
Mit Mitte 20 trat er schon als staatlich geprüfter Komiker in Varietés auf. Weil ihm Dresden zu eng wurde, ging er nach Leipzig. Dort traf er auf einen seiner größten Fans: die Verkäuferin Lieselotte. Mit ihr begann er eine Liebesbeziehung, aus der 1955 Petra hervorging. Während sich das recht ungleiche Paar Ende der 50er-Jahre trennte, hielt die Verbindung zwischen dem Komiker und seiner Leipziger Tochter ein Leben lang. Die Ferien verbrachte sie regelmäßig in seinem Haus am Scharmützelsee bei Berlin.
Ab und zu nahm der stolze Papa seine Petra mit zu Gastspielen. „Da saß ich dann meist in der ersten Reihe und schaute Vater zu, wie er innerhalb kürzester Zeit Hunderte, ja Tausende Leute zum Lachen brachte“, blickt die Tochter nostalgisch zurück. Eberhard Cohrs wurde einer der erfolgreichsten Komiker der DDR. 1977 kehrte er nach einem Gastspiel vor Beschäftigten der Westberliner S-Bahn nicht mehr zurück.
„Ich habe davon aus der Zeitung erfahren“, sinniert Petra Horn. „Vater hielt sein Vorhaben natürlich geheim. Aber wenige Tage vorher schüttete er mir noch sein Herz aus und beklagte sich, dass immer mehr Texte über Versorgungsmängel und Alltagsprobleme gestrichen wurden und ein Berufsverbot droht.“
Die damals 21-Jährige klebte regelrecht am Bildschirm, als ihr Vater den ersten West-Fernsehauftritt nach der Flucht in Rudi Carells Show „Am laufenden Band“ hatte. Aber die Zuschauer verstanden kein Sächsisch. Und so wurde aus dem einst gefeierten Star ein trauriger Clown, der sein Geld nun überwiegend als Gagschreiber und Schauspieler verdienen musste.
Nur wenige Wochen nach dem Fall der Berliner Mauer gab es bei einem Auftritt in Sachsen das lang ersehnte Wiedersehen zwischen Eberhard Cohrs und seiner Tochter. „Wir waren zwar 13 Jahre getrennt, doch das änderte nichts daran, dass wir uns noch immer traumhaft gut verstanden und den gleichen Humor hatten“, denkt Petra Horn zurück.
Das treue Publikum verzieh dem Komiker die Flucht und lachte nun wieder über den Ursachsen. Als er durch eine Krebserkrankung am 17. August 1999 für immer verstummte, verlor die Sekretärin nicht nur ihren berühmten Vater, sondern auch einen Vertrauten. Während einer Seebestattung nahm sie von ihm Abschied.
Am kommenden Samstag wird sie vor einem großen Foto von ihm, das im Wohnzimmer steht, eine Kerze anzünden. Und dann schaut sie sich die berühmten Sketche an, hört Schallplatten und erinnert sich so an ihren geliebten Kleenen mit der großen Gusche.
Thomas Gillmeister