Er hat allen Grund zum Strahlen: In seiner ersten Station als Handball-Trainer bei den Erwachsenen hat Jacob Dietrich gleich den HC Leipzig zum Aufsteiger gemacht. Foto: JW

LEIPZIG. Nee, nee – da schüttelt Jacob Dietrich dann doch den Kopf – so richtig, gibt er zu, habe er das alles noch gar nicht realisiert: „Wir sind ja in den letzten Wochen aus dem Feiern überhaupt nicht mehr rausgekommen.“ Nun, es gab aber auch die entsprechenden Gründe für den 32-jährigen Cheftrainer des HC Leipzig.

„So viele Hände wie in den letzten Wochen habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht geschüttelt“, strahlt er über das ganze Gesicht und kramt in den frischen Erinnerungen: „Den größten Moment haben wir eigentlich schon in Chemnitz erlebt – da haben wir mit dem Sieg den Staffelsieg klargemacht. Und mit dem sicheren Meistertitel ist die erste große Last von uns allen abgefallen.“ Es wurde in den folgenden Tagen und Wochen besser und besser, bis hin zum 1. Mai, als der HC Leipzig in der heimischen „Brüderhölle“ die Rückkehr in die Zweite Bundesliga feiern konnte.

Um wirklich zu verstehen, was da alles auf Jacob Dietrich reingeprasselt ist in diesem einen Jahr seit seiner Verpflichtung als HCL-Chefcoach, muss man ihm nur aufmerksam zuhören. Wenn er davon erzählt, wie viel er gelernt hat in den letzten Monaten. „Das war ja schon ein gewagter Schritt – meine erste Station im Erwachsenenbereich, in einer entsprechenden Liga. Ganz ehrlich: Vor Jahresfrist konnte ich beispielsweise die Stärke unserer Gegner in der 3. Liga überhaupt nicht einschätzen“, überlegt er und nippt am Kaffee. Und ergänzt dann nach kurzer Überlegung: „Andererseits hatte ich in einem wichtigen Punkt eine große Sicherheit: Mit dieser Mannschaft, die ich ja als Landestrainer zu einem großen Teil kannte, sind die hohen sportlichen Ziele realistisch erreichbar.“ Und genau dies hat der 32-Jährige mit seinen HCL-Mädels auch eindrucksvoll bewiesen …

Ein Glück für Leipzig, das er sich dann doch für den Handball entschieden hat – im ewigen Wettkampf der Ballsportarten. „Zweimal in der Woche Fußball, zweimal die Woche Handball“, beschreibt Jacob Dietrich seine sportliche Kindheit: „Irgendwann habe ich mich dann mal für viermal Handball in der Woche entschieden.“ Eine gute Wahl, weil er da schnell noch eine zweite wichtige Erfahrung sammelte: „Mit 17 habe ich schon mein erstes Nachwuchsteam übernommen, beim Freiwilligen Sozialen Jahr beim HSV Weimar.“ Die Weichen waren damit gestellt, die erste Lizenz nach Ablauf des FSJ in der Tasche …

Über die durchaus spannende Frage, ob er nun gewissermaßen exemplarisch steht für eine neue Generation von Trainern, muss der 32-Jährige tatsächlich lange nachdenken. „Nun, ich finde, dass beispielsweise Respekt nicht etwas mit ‚Siezen‘ zu tun hat, sondern mit Fachkompetenz“, startet er einen Erklärungsversuch: „Und ich muss als Trainer meiner Mannschaft Lösungen anbieten, ohne sie gleichzeitig zu sehr aus der Verantwortung zu nehmen.“ Ein Balanceakt, das versteht man schnell – bei dem aber auch hilft, dass Jacob Dietrich so viel an Know-how einbringen kann. „Die theoretischen Grundlagen sind nun einmal das A und O“, und die hat er sich angeeignet, beim Sportstudium, aber auch bei der Lizenz-Ausbildung als Handball-Trainer. Interessant dabei: Heute gibt er sein Wissen selbst im Rahmen dieser Lizenz-Kurse an andere weiter – mit einem schönen Nebeneffekt: „Dadurch denke ich noch einmal ganz anders über jene Dinge nach, die ich ja vermitteln soll.“

Stichwort Sportstudium – dies ist der „Missing Link“ in Richtung Leipzig – denn es war schon irgendwie der Ruf der Sport- und Handballstadt, die ihn anlockte (neben der Nähe zur Heimat Weimar). Und er blieb seinem Sport treu – in Markranstädt und beim Handballverband Sachsen. Dort ist er nach wie vor, als Landestrainer. Es war – da ist der 32-Jährige ehrlich – nicht immer ganz einfach, diese beiden Aufgaben als HCL-Chef und HVS-Landestrainer unter einen Hut zu bringen: „Aber auch bei diesen Herausforderungen habe ich eine Menge gelernt.“ Ein Wissensdurst, der früh geweckt wurde: „Schon als Teenager habe ich mich beim THC hinter die Trainerbank von Dago Leukefeld gestellt und geschaut, was er da so macht.“

Jetzt ist er erfolgreich in diese Fußstapfen getreten – eine bemerkenswerte Geschichte. Und der Fußball ist ja auch immer noch da irgendwie: „Bis zum heutigen Tag spiele ich noch an jedem Montag in Markranstädt – für mich echt ein ganz wichtiger Ausgleich.“ J. Wagner

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