LEIPZIG. Eigentlich, verrät Barbara Weiß, wollte sie ja Meeresbiologin werden – bis mit dem 13. Lebensjahr eine ganz spannende Erkenntnis kam: „Mensch, man kann Schauspiel ja sogar richtig studieren!“ Und so wurde aus dem Kindheitstraum ein Berufsziel …
Die Lust auf die Bühne war irgendwie schon immer da – mit einer etwas anderen Zielrichtung freilich. „Ich habe oft und gern daran gedacht, einmal Popsängerin zu werden, da hat das Schauspiel zunächst keine so große Rolle gespielt“, überlegt sie. Und ist bis heute froh darüber, dass sich dies mit dem oben erwähnten Erkenntnisgewinn grundlegend verändert hatte: „Ich spüre so viele verschiedene Gefühle und Facetten in mir, dazu kommt eine blühende Fantasie. Dazu kommt, dass ich in die Rollen so viel von mir selbst hineinlegen kann, was ich im normalen Leben überhaupt nicht machen könnte.“ Barbara Weiß lächelt ein wenig versonnen – und man glaubt es sofort, wenn sie davon spricht, nie eine Angst gehabt zu haben vor dieser Bühne. Vor dieser Herausforderung, auf dieser Bühne immer auch ein Stückchen von sich selbst preiszugeben. „Wenn ich in eine Rolle hineinschlüpfe und es funktioniert, dann ist das doch ein Erfolgserlebnis“, und mit einem Lächeln ergänzt sie: „Ich musste mich sogar zwingen, mir die Zeit zum Durchschnaufen, zum Entspannen zu nehmen.“
Was vielleicht auch ein wenig mit Leipzig zu tun hat. Der neu gefundenen Heimatstadt, die jetzt noch einmal ganz neu entdeckt wurde. Im ganz normalen Alltag, wie Barbara Weiß erzählt: „Das war schon noch einmal etwas ganz anderes: Auf einmal war das auch der Ort, an dem ich arbeite! An dem ich am Morgen aus der Wohnung gegangen bin, um zur Probe zu gehen.“ Und nach einer Pause ergänzt sie: „Ich habe bei den academixern wirklich viel über den Osten gelernt. Spannende Sache.“
Was auf mehrere Punkte verweist. Punkt eins: Ja, Barbara Weiß ist ein „totales Landei“, aufgewachsen in der Oberpfalz und mit einem alltäglichen Dialekt, der es in sich hatte. „Es war schon extrem schwer für mich, Hochdeutsch zu lernen“, gibt sie zu: „Das hat einige Zeit gedauert.“ Andererseits will sie die Verbindung ins Bayerische nie verlieren, als Erdung und Gegengewicht zur Welt des Schauspiels. „Ich habe tatsächlich noch meinen alten Freundeskreis aus der Schule. Ja, ich brauche dieses ganz private Leben gewissermaßen als Boden unter den Füßen. Wenn ich diese Basis habe, kann ich mich viel besser und intensiver auf meinen Beruf einlassen.“
Punkt zwei: die academixer. Dort rangiert sie gewissermaßen in der Rubrik „Neuzugänge“ – mit „Das geht aufs Zimmer“ hat sie kürzlich ihre erste Premiere gefeiert. Eine ganz neue Herausforderung für die Allrounderin, die schon so viel gemacht hat – außer Kabarett. „Ich habe diese Freiheit im Stück wirklich genossen“, überlegt Barbara Weiß und erzählt davon, wie sie sich von Anfang an aufgenommen fühlte im academixer-Kreis. Davon, dass ihre eigenen Ideen selbstverständlich auch gefragt waren – dies sei schon ein großer Unterschied zum, na, sagen wir mal, Musical. Ohne es gegeneinander aufzurechnen – bis heute erinnert sie sich zu gern an ihre Zeit als „Glamourgirl“ im Musical „Sugar“ in Nürnberg: „Eine körperlich extrem anstrengende, aber auch unglaublich lehrreiche Zeit.Ich habe zum Beispiel gelernt, dass es da wirklich diesen Schalter gibt, den ich vor dem Gang auf die Bühne einfach nur umlegen muss.“
Was dann auch wieder ein bisschen etwas mit dem 13-jährigen Mädchen zu tun hat, das im Kinderzimmer so oft und gern gesungen hat. Stundenlang, erzählt sie mit einem Lächeln, „aber gleichzeitig habe ich so viele Filme gesehen“. Und nach einem kurzen Nachdenken ergänzt sie über die ganz persönliche Dualität von Schauspiel und Musik: „Wenn ich nur das eine mache, fehlt mir das andere.“ Dies sollte eine wichtige Rolle spielen bei der Entscheidung fürs Studium Musical und damit auch für die Stadt Leipzig – mit dem Studienplatz an der Hochschule für Musik und Theater begann auch die Beziehung zwischen Barbara Weiß und der Messestadt …
In dieser hat sie nicht nur eine neue Heimat gefunden, sondern im Studium (das ja eigentlich in die Musical-Richtung ging) auch ganz endgültig die Liebe zum klassischen Schauspiel. Und dies auch ganz praktisch auf einer Leipziger Bühne – genauer gesagt auf der Bühne des Theaters der Jungen Welt. Im „Wintermärchen“ musste sie 2016 einspringen, die erste Rolle in der Messestadt. Und auch wieder eine wichtige Erfahrung beim Spiel vor dem jungen Publikum: „Es ist doch das Schöne an diesem Beruf, dass man den Menschen im Publikum etwas mitgeben kann.“ Dann denkt sie nach über die Verantwortung, mit dem eigenen Tun „Freude an Kultur“ zu vermitteln. Ein Nachdenken, das Barbara Weiß auch abseits der Bühne beschäftigt, ist sie doch auch Lehrerin an der Neuen Musik Leipzig.
Ganz zum Schluss, beim letzten Schluck Tee sagt Barbara Weiß noch etwas wirklich Bemerkenswertes. Zu der großen Frage, wie man es für sich selbst definiert, dieses schwer
zu definierende Thema Schauspiel. „Es ist nicht schwierig, weil es mir einfach Spaß macht. Und es ist nicht einfach, wenn man wirklich so gut spielen will, dass es das macht, was es beim Publikum erreichen soll.“ Und ein bisschen ist sie dann auch noch da, die Wissenschaftlerin, die sie einst mal werden wollte: „Ich brauche das Verstehen: Ich muss wissen, was da gerade passiert und ich muss kapieren, was da gerade passiert.“ J. Wagner
Das academixer-Stück „Das geht aufs Zimmer“ mit Barbara Weiß steht wieder vom 21. bis 23. Juni auf dem Spielplan; zu sehen ist es auch im Juli im Sommerkabarett im Paulaner.
http://www.academixer.com