Roland Jacob sieht die selbst gebaute Kirche als sein Vermächtnis an. Foto: PICTURE POINT/Kerstin Dölitzsch

Er war einer der ersten Mediziner, der zu DDR-Zeiten auch in schwierigen Situationen für die Wahrheit am Krankenbett kämpfte: Roland Jacob (79). Heute ist der ehemalige Klinikchef und Krebsspezialist nach einer Herzerkrankung selbst Patient. Beim Blick auf das bewusste Abschiednehmen hilft ihm seine Kirche.

Der gebürtige Sachse hat einen kurzen Weg zu Gott. Roland Jacob aus Berlin-Blankenburg geht nur ein paar Schritte aus dem Haus, und schon steht er vor seiner Kirche im Garten. Traumhaft schön liegt sie mitten im Grünen. In der letzten Zeit besucht er oft seinen Rückzugsort, der ihm heilig ist. Dann sitzt er auf der Kirchenbank und schaut auf die farbenprächtigen Bleiglasfenster. Die zwölf historischen Hingucker sorgen für ein magisches Licht in der kleinen Kapelle. Hier findet er die Ruhe, um zu sinnieren. „Das Schicksal stellt mich derzeit auf eine harte Probe“, erzählt Roland Jacob und meint damit seine Gesundheit.

Nach einem Schlaganfall macht ihm nun sein Herz zu schaffen. Der Mediziner musste mehrmals operiert werden. „Ich gehe auf die 80 zu. Da kann mein irdisches Ende einmal ganz schnell kommen“, ist ihm bewusst. Deshalb möchte er nichts dem Zufall überlassen. Seine eigene Trauerfeier hat er bereits bis ins kleinste Detail geplant.

Schon immer war Roland Jacob, der in Leipzig und Dresden Medizin studierte, der Meinung, dass der Arzt dem Patienten unbedingt die Wahrheit über den Gesundheitszustand sagen sollte. „Was heute so selbstverständlich ist, war in den 1970er- und noch in den 1980er-Jahren tabu“, erinnert sich Roland Jacob. „Früher wollte man dem schwerkranken Patienten ein gutes Gefühl geben, indem man ihm selbst in ausweglosen Situationen eine Zukunft vorgaugelte.“ Der Onkologe und Klinikchef erreichte nach langem Kampf ein Umdenken hin zur Wahrheit mit gleichzeitigem psychologischem Hilfsangebot. „Ich begleitete ganz ehrlich über 40 Jahre Krebskranke und spendete Trost“, denkt er zurück.

Der traurigste Tag in seinem Leben war, als er seinen einzigen Sohn an Krebs verlor. Roland Jacob selbst findet Kraft im Glauben. Als der gebürtige Vogtländer in Rente ging, verwandelte der handwerklich Geschickte in jahrelanger Arbeit ein betagtes Gartenhaus in eine stilvolle Holzkirche. Zur Einweihung vom „Kirchlein zum guten Hirten“ sang sogar der bekannte Countertenor Jochen Kowalski.

Rund 100 Mitglieder zählt mittlerweile die eingeschworene Gartenkirchen-Gemeinschaft. Sie trifft sich mehrmals im Jahr zu Konzerten und Lesungen. Die wenigen Plätze in der nur 24 Quadratmeter kleinen Kapelle sind stets begehrt. Doch Roland Jacob sorgt dafür, dass jeder mindestens einmal im Jahr die einzigartige Atmosphäre der Kapelle und das Glockenspiel, das sich vor der Kirche befindet, genießen kann.

Der Mediziner ist mit sich im Reinen. „Ich hatte ein schönes und sehr erfülltes Leben“, resümiert Dr. Jacob und schaut dabei ganz bewusst dem Abschied ins Auge.

Thomas Gillmeister

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