Über 36 Jahre lang gehörte Angelika Forster zum Team des Altenburger Lindenau-Museums, hat in diesen Jahrzehnten als Museumspädagogin Generationen von Kindergartenkindern, Schülergruppen und Erwachsene an das „Geheimnis der (Bildenden) Künste“ herangeführt, Ausstellungen begleitet, Sonderführungen gestaltet und eine ganz besondere Exposition sogar selbst kuratiert.
Und war als Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit zudem verlässliche Ansprechpartnerin für die regionalen und oft auch überregionalen Medien. Nicht zuletzt aber hat sie als Leiterin des Studios im Lindenau-Museum gerade in den letzten Jahren noch einmal wichtige zeitgemäße Akzente gesetzt und hier neue Studio-Abteilungen aufgebaut, die es so in der über 50-jährigen Geschichte der (Jugend-)Kunstschule nicht gegeben hat.
Jetzt hat sie „Adieu“ gesagt und sich in den wohlverdienten Ruhestand begeben. Aber so ruhig, wie man vielleicht annehmen könnte, wird wohl auch der nicht werden …
So manche Pläne für die Zukunft
„Nein, ich werde nicht ganz von der Bildfläche verschwinden“, sagt Angelika Forster im Rahmen einer kleinen Abschiedszeremonie, zu der sich Kollegen und langjährige Wegbegleiter im derzeitigen Interim des Lindenau-Museums im Altenburger City Center zusammengefunden haben. „Ich möchte Vorträge, Eröffnungen, Konzerte, Events besuchen und organisieren, meine Vereinsaktivitäten fortführen – und ich werde jetzt Dinge tun, die immer viel zu kurz gekommen sind.
Und fügt flugs ein schönes Beispiel an, das viel über ihr knappes Freizeit-Budget der letzten Jahre aussagt: „Mein Mann und ich bekamen zu unserer Hochzeit vor sechs (!) Jahren von Freunden einen Besuch in der Dresdner Semperoper geschenkt. Jetzt ist es so weit: Wir lösen im Dezember den Gutschein. Und das wird auch Zeit, denn ebenso liebe Freunde haben mich nun mit einem weiteren Gutschein für die Semperoper bedacht.“
Anschieber und verbindendes Element
Wenn Angelika Forster in den wenigen stillen Momenten ihrer letzten Arbeitswoche im Lindenau-Museum zurückschaut und immer noch skeptisch ist, ob ihr Ausscheiden aus dem Berufsleben überhaupt einen Presseartikel wert ist, dann kommt sie zu dem Fazit: „Es wäre ganz wundervoll, wenn der Fokus nicht so sehr auf mir liegt. Ich begreife mich eher als Anschieber und verbindendes Element.“
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Befragt nach den wichtigen Momenten dieser dreieinhalb Jahrzehnte spricht sie entsprechend auch lieber über Impulse durch andere und über ihre dienstlichen Partnerschaften: „Was mein Leben ungemein bereichert hat, sind die vielen Begegnungen mit großartigen, klugen Menschen und mit unzähligen Künstlerinnen und Künstlern.“ Und nennt unter anderem Namen wie Moritz Götze, Michael Morgner, den in Altenburg beheimateten Peter Schnürpel, den Schriftsteller Ingo Schulze, die langjährige ehemalige Direktorin des Lindenau-Museums Jutta Penndorf, den Kunst-Mäzen und Sammler („Leitermann“) Günter Lichtenstein oder Tobias Wolff, der nunmehr Intendant der Leipziger Oper ist.
Viele Projekte in guter Erinnerung
Am Herzen lag und liegt ihr ebenso die „wunderbare Kooperation mit dem Klinikum Altenburger Land“, in dessen Eingangsbereich es seit 2009 regelmäßig wechselnde Präsentationen des Museums gibt, für die Angelika Forster gesorgt hat. Oder die in den Jahren stetig gewachsenen Kooperationen mit einigen Altenburger Schulen, beispielsweise dem Spalatin-Gymnasium, der Kinder- und Sozialarbeit des Magdalenenstiftes sowie („ganz wichtig und ganz schön“) mit der Klinik für Psychiatrie.
Ausstellung als Höhepunkt
Und natürlich schaut sie gern zurück auf die große Sommerausstellung „Rehe am Wasser oder nacktes Paar“, in der im Jahr 2007 Naive Kunst aus Altenburg gezeigt wurde und die Angelika Forster damals kuratieren durfte. Zweifellos ein Höhepunkt.
Wohl in bester Erinnerung haben viele Altenburgerinnen und Altenburger und Bewohner aus dem Umland zudem die Museumsnächte und die später zusätzlich ins Leben gerufenen Kindermuseumsnächte, zu denen stets Tausende Besucher strömten, um sich in zwangloser Atmosphäre an einem Abend in den großen Altenburger Museen umzuschauen und hier mannigfache Erlebnisse und Anregungen unterschiedlichster Couleur zu genießen.
(Wohlgemerkt in einer Zeit, da derartige „Events“ noch nicht allerorten wie Pilze aus dem Boden schossen, sondern Altenburg damals noch ein gewisses Alleinstellungsmerkmal für solcherlei Veranstaltungen für sich verzeichnen konnte!) Federführend initiiert und organisiert von Angelika Forster, in gleichberechtigter Zusammenarbeit mit Susanne Stützner von der Stadtverwaltung, Gabriele Heinicke vom Schlossmuseum und Cordula Winter vom Mauritianum, wobei sie auch hier die wunderbare Teamarbeit dieses kreativen Quartetts besonders betont.
Am Anfang standen Zufälle
Dass Angelika Forster am Ende ihres Berufslebens mal auf eine mehr als 30-jährige Tätigkeit am Lindenau-Museum zurückblicken würde war anfangs so nicht abzusehen. Die 1958 geborene Skatstädterin absolvierte nach dem Abitur zunächst ein zweijähriges Volontariat in der Abteilung Kultur des Rates des Kreises („diese Zeit hat mich fürs Leben fit gemacht“), ehe sie an der Leipziger Karl-Marx-Universität Kulturwissenschaften und Literatur studierte.
Nach erfolgreichem Abschluss kehrte sie mit dem Diplom in der Tasche in ihre Heimatstadt zurück und trat im November 1984 ihre erste Stelle als Dramaturgin und Verantwortliche für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am hiesigen Landestheater an. Dass sie knappe vier Jahre später, ab September 1988 ans Lindenau-Museum wechselte, war eher eine Folge von Zufällen.
Hier nun aber fand sie als Museumspädagogin und Öffentlichkeitsarbeit-Verantwortliche ihre Heimat. Und vervollständigte stetig ihr Handwerk – in x-fachen Weiterbildungen und durch die Arbeit in unterschiedlichsten Thüringer oder Bundesgremien, wie beispielsweise der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendkunstschulen, zu deren Vorständen sie gehörte.
Neue Herausforderungen
Noch einmal ganz neues Terrain betrat Angelika Forster im Sommer 2021, als ihr die Leitung des traditionsreichen Studios Bildende Kunst übertragen wurde. Zugleich eine Zäsur, denn der Direktor der Altenburger Museen, Dr. Roland Krischke, regte an, das Studio und den Bereich Vermittlung zu einer Einheit, zu einer neuen Abteilung zu verschmelzen und auch die Arbeit des Studios um neue Bereiche zu erweitern. Grundlage hierfür waren (auch) die Finanzmittel von rund zwei Millionen Euro jährlich, die durch das Förderprogramm „Lindenau 21plus“ von 2021 bis 2027 ans Haus fließen. Ein wirkliches Großprojekt, wie es erscheint, wenn Angelika Forster darüber spricht, was in den letzten Jahren entstanden ist.
Nicht nur, dass sie nun Leiterin von fünf festen Kunstvermittlerinnen und rund 30 Honorarkräften wurde und deren Arbeit zu koordinieren hatte. Die inhaltliche Neuausrichtung und Umstrukturierung der Arbeit des Studios, inklusive der enormen Herausforderungen, die der Umzug der Einrichtung aus dem Alt-Gebäude des Lindenau-Museums ins Interim in der Kunstgasse mit sich brachte.
Entwicklung zum sozialen Zentrum
Durch die Erweiterungen hat sich das Studio von einer Kunstschule für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mehr und mehr zu einem sozialen Raum, einem sozialen Zentrum entwickelt. „In unserer Holzwerkstatt, dem Studio Leonardo, bieten wir neben festen Kursen auch freies Arbeiten an, gemeinsam mit dem Magdalenenstift, so dass Kinder und Jugendliche aus Altenburg Nord und aus Südost eine völlig andere, ihnen bislang verschlossene Welt erleben und genießen können“, nennt unsere Gesprächspartnerin ein Beispiel und ergänzt: „Und im Studio Bambini, ebenfalls Neuland im Studiobereich, bieten wir regelmäßig anspruchsvolles Programm für eine Vielzahl an Kindergärten.
Wichtig war uns aber auch, Neues für einen breiten sozialen Raum anbieten zu können. So ist das Bambini dienstags bis freitags von 14.30 Uhr bis 17.30 Uhr geöffnet für ein Laufpublikum. Da kommen russisch, ukrainisch, englisch, arabisch und deutsch sprechende Kinder und Erwachsene zusammen, finden zu Begegnung und Austausch und können künstlerisch kreativ werden. Kostenlos wohlgemerkt. Diese Werkstätten mitten in der Stadt mit solch einem sozialen Charakter, die lagen mir sehr am Herzen. Und sie werden gut angenommen. 3000 Gäste haben wir allein dort im Jahr 2023 zählen können.“
Ein Herzensprojekt zum Abschluss
Gleichermaßen eine Herzensangelegenheit war Angelika Forster vor ihrem Ausscheiden aus dem Museumsbetrieb noch ein anderes „Projekt“: Dass die historische Kniehebelpresse, die bis zur sanierungsbedingten Schließung im „alten“ Studio des Lindenau-Museums stand und nun über Jahre in der Druckerei zu Altenburg eingelagert war, zurück kommt in die tägliche Studioarbeit, in der mittlerweile wieder sehr viel mehr Angebote im Bereich Druck offeriert werden.
Ein im wahrsten Sinne des Wortes schwerwiegendes Anliegen, denn das altehrwürdige Gerät bringt es auf mehrere Hundert Kilogramm Gewicht, das einmal quer durch die Stadt und in die Holzwerkstatt im ACC zu befördern war. Doch sie hat es geschafft, diesen Wunsch noch Wirklichkeit werden zu lassen und will die nun in der Kunstgasse verfügbare Kniehebelpresse kurz vor ihrem Abschied unbedingt zeigen. Darauf hoffend, dass hier nun viele Studiobesucher mit dieser Technik arbeiten können.
Mit welchen Ergebnissen, davon wird sie sich dann und wann sicher überzeugen können, denn dem Lindenau-Museum bleibt sie natürlich verbunden – nunmehr über einen Ehrenamtsvertrag. So wie sie auch im Vorstand des Förderkreises „Freunde des Lindenau-Museums“ aktiv bleibt, ebenso im Förderverein des Studios. Und auch das Schulgartenprojekt mit der Lutherschule will die Mutter zweier erwachsener Söhne weiterhin ehrenamtlich betreuen. Nicht zuletzt dürften sich zudem Enkeltochter und Enkelsohn darauf freuen, dass Angelika Forster nunmehr etwas mehr Zeit hat als bisher. Ralf Miehle