Seit acht Jahren ist Dr. Roland Krischke als Direktor des Lindenau-Museums im Amt: Am 1. November 2016 begann er hier „zu Allerheiligen“, wie er gern mit einem vielsagenden Schmunzeln betont. Seitdem ist viel geschehen im, am und rund um das Kunstmuseum, das im sogenannten Blaubuch verzeichnet ist, in dem 23 national bedeutsame Kultureinrichtungen der fünf neuen Bundesländer aufgelistet sind, die als Leuchttürme der ostdeutschen Kulturlandschaft gelten.
„Der Leuchtturm an der Blauen Flut“, so war denn folgerichtig auch das erste große Konzept zur weiteren Entwicklung des Lindenau-Museums übertitelt, das Roland Krischke bereits im Sommer 2017 der Öffentlichkeit vorlegte und darin nicht nur das Potenzial des Hauses, sondern auch die Notwendigkeit seiner Entwicklung zu einem modernen und zeitgemäßen Museum in Grundrissen skizzierte. In rasantem Tempo also ging der neue Museumsdirektor ans Werk, wobei er betont, dass dies nur durch das großartige Team an seiner Seite möglich war.
Grundkonzept wurde stetig weiterentwickelt
Selbiges indes bestand damals aus gerade einmal 9,9 Planstellen – kaum vorstellbar in Anbetracht der heutigen Situation nur acht Jahre später, da allein zum Lindenau-Museum 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören, teils fest angestellt, teils für mehrjährige Projekte engagiert. Ähnlich rasant ging’s weiter mit der Erfolgsbilanz des furiosen Teams um Roland Krischke, das nach Vorlage besagten Grundkonzeptes, in dem auch immer schon die Gesamtentwicklung des gesamten Schlossberges mit allen seinen (musealen) Einrichtungen und Gebäuden – ohne das Mauritianum allerdings – mitzudenken versuchte, nunmehr ans mühsame Klinkenputzen ging, um für die Realisierung eben jener ersten Visionen die notwendigen Mittel zu akquirieren. Auch hier galt es, groß zu denken, denn die Pläne verlangten nach einer auskömmlichen Finanzierung.
Und so war es ein Paukenschlag, als der Bundestag bereits im Jahr 2018 im Bundeshaushalt für die kommenden Jahre die Summe von 48 Millionen Euro für die grundlegende Sanierung, Modernisierung und Erweiterung des „neuen“ Lindenau-Museums beschloss – jeweils hälftig von Bund und Freistaat Thüringen zu finanzieren. So konnten die Vorbereitungen für eben jene Arbeiten beginnen.
Umzug ins Interim
Am 1. Januar 2020 gab es mit der inzwischen traditionellen Neujahrsführung von Roland Krischke die vorerst letzte Chance für Besucher, das „alte“ Gebäude an der Gabelentzstraße noch einmal zu betreten (abgesehen von einem kurzen Intermezzo zum Tag des offenen Denkmals 2022, als zu einem „Tag der offenen Tür“ geladen war).
Zum Jahresbeginn 2020 war der Umzug längst in vollem Gange, der sieben Monate dauerte und ins bis heute genutzte Interimsdomizil in der Kunstgasse 1 führte. Besser bekannt ist das Areal den meisten wohl als Altenburger City Center, in dem nicht nur eine kleine Dauerausstellung ihren Platz fand, sondern auch Depots für Teile der Sammlungen, Büros und Werkstätten für die Mitarbeiter.
Und nach und nach entstand hier wieder – und zu großen Teilen konzeptionell auch vollkommen neu – das traditionsreiche Studio Bildende Kunst des Lindenau-Museums, das in der Gegenwart nur noch „Studio“ heißt und neben den Bereichen Grafik und Malerei, Druck- und Textilkunst sowie Keramik nunmehr unter anderem auch ein „Studio digital“ und „Studio Bambini“ oder eine Holzwerkstatt (Studio Leonardo) umfasst.
Grundsanierung des Lindenau-Museums
Im Lindenau-Museum indes ist seit Sommer 2020 Platz für die vorbereitenden Arbeiten zur Grundsanierung, die umfängliche und aufwendige Planung der neuen Räumlichkeiten und für die Bauarbeiter unterschiedlichster Gewerke, die nun nach und nach ein sich stetig verfeinerndes Konzept für das moderne Lindenau-Museum im Detail festzuzurren und umzusetzen begannen. Klar indes wurde in der kommenden Zeit, die maßgeblich von Corona, mannigfache Krisen am Bau und beim Fachkräfte-Personal und erheblichen Kostensteigerungen in allen Bereichen bestimmt waren, dass das zunächst so üppig erscheinende Geld nicht ausreichen würde.
Waren die 48 Millionen Euro für die Ertüchtigung beider Häuser, das Museum und den Marstall, in dem Depots, Werkstatt und Büroräume fürs Lindenau-Museum einziehen soll(t)en gedacht, so ist seit Längerem klar, dass diese Summe „nur“ für das Bestandsgebäude ausreichen wird, dessen Wieder- beziehungsweise Neueröffnung mittlerweile nicht vor 2028 angenommen wird.
Die aktuellen Pläne greifen deutlich weiter
Inzwischen allerdings greifen die Pläne von Roland Krischke (und seines ihn begleitenden Teams) ohnehin deutlich weiter. In umfänglicher Erweiterung besagten Erstkonzeptes „Der Leuchtturm an der Blauen Flut“ ist ein Masterplan für die gesamte Entwicklung des Schlossberges erarbeitet worden – unter dem Titel „Prinzen im Dornröschenschloss: Die Altenburger Museen im Aufbruch zur Bildungslandschaft“.
Darin enthalten sind konkrete Ideen für eine zukünftige Nutzung aller Schlossberg-Gebäude (außer Mauritianum). Insgesamt soll inhaltlich-strukturell ein (noch) größerer Bogen gespannt werden.
Aufbruch zur Bildungslandschaft
Bereits seit 2020 sind Lindenau-Museum und Schloss- und Spielkartenmuseum in der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Altenburger Museen (KAG) vereint, an deren Spitze als Direktor der Altenburger Museen ebenfalls Roland Krischke steht. „Jetzt sind wir dabei, einen Zweckverband zu gründen“, so der Direktor, in dem für die Museen neue Strukturen zum Tragen kommen und sie zu einem Eigenbetrieb werden, für den Stadt, Kreis und Freistaat Zuwendungsgeber bleiben.
„Stadt und Landkreis ohnehin nicht, aber auch nicht der Freistaat und der Bund alleine können dies unmöglich stemmen. Wir müssen weitere Geldgeber auftun, das ist unsere Aufgabe.“
Ziel sei es, so Roland Krischke, dabei nicht nur das Lindenau-Museum als national bedeutsame Kultureinrichtung zu bedenken, sondern aufgrund der Sammlungen die gesamte Museumslandschaft auf dem Schlossberg als national bedeutsame zu entwickeln, in der sich ein umfassendes Bildungskonzept, ausgehend von den Lindenau‘schen Grundgedanken realisieren ließe.
Weitere Geldgeber gesucht
Klar ist: „Stadt und Landkreis ohnehin nicht, aber auch nicht der Freistaat und der Bund alleine können dies unmöglich stemmen. Wir müssen weitere Geldgeber auftun, das ist unsere Aufgabe“, weiß Roland Krischke um die Herausforderungen. Jenes Konzept „Prinzen im Dornröschenschoss: Die Altenburger Museen im Aufbruch zur Bildungslandschaft“, das über 80 Seiten umfasst und nach der Präsentation in den zuständigen Gremien in Stadt und Landkreis auch der Öffentlichkeit Anfang 2025 vorgestellt werden soll, ist die Grundlage dafür, Fördermittelgeber vom Potenzial und den Visionen zu überzeugen.
Und auch für eine Fortführung des Projektes „Lindenau 21 plus“, das dem Lindenau-Museum, aber auch Lindenaus Sammlungen im Schloss zwischen 2021 und 2027 jährlich zwei Millionen Euro unter anderem für Bildungsangebote, Digitalisierung und etliches mehr – und damit auch für zusätzliches Personal – aus Bundesmitteln sichert, braucht es perspektivisch eine Fortführung.
Vorhaben brauchen Zeit
Nur ein kleiner Anriss dessen, was noch vor Roland Krischke (und seinem Team der Altenburger Museen) liegt. Und der 57-Jährige ist sich im Klaren darüber, dass die endgültige Umsetzung und Realisierung dieser weitreichenden Pläne über seine eigene Amtszeit hinausgehen wird, wenn man davon ausgeht, dass ihm noch zehn Jahre Ausdauer, Kraft und Energie bleiben, ehe er das dann endgültig sehr wohlverdiente offizielle Ruhestandsalter erreicht.
Die Weichen zu stellen, die Mittel zu aquirieren, die Ideen anzupassen und weiterzuentwickeln, „das hört nie auf“, sagt der Museumschef. „Alles, was wir bislang erreicht haben, war nie ein Selbstläufer. Man muss immer am Ball bleiben, darf Stagnation nicht zulassen. Wichtig ist es, Visionen vorzulegen und dann dranzubleiben.“
Ein wohliges Zurücklehnen mit Blick auf Erreichte wird es für Roland Krischke also auch in den kommenden Jahren nicht geben, so viel ist sicher. Selbst dann nicht, wenn im ersten Schritt zunächst das Lindenau-Museum eröffnet sein wird, „ein völlig neues Haus, ein zeitgemäßes Museum“, so der Plan. Und der für seine feinsinnig-humorvolle Hintergründigkeit bekannte Hausherr wäre nicht er selbst, würde er nicht auch diesen Satz sagen: „Mit der Neueröffnung will ich in die Tagesschau“. Wohl durchaus angemessen für einen Teil des nationalen Kulturerbes und einen Leuchtturm … Ralf Miehle