Ein Waggon, ein Pferd und viel Muskelkraft – das alles gehört zur Döbelner Pferdebahn. Sie ist die weltweit einzige ihrer Art, die mit historischem Anhänger auf der Originalstrecke regelmäßig durch die mittelsächsische Kleinstadt rollt. „Wir haben Gäste aus den USA, Japan und Hongkong“, sagt Jörg Lippert mit viel Stolz in der Stimme. Er ist der Vorsitzende jenes Vereins, der die Bahn seit 2007 mit Pferdekraft auf die Schiene bringt. In der Saison können Besucherinnen und Besucher von Mai bis Oktober jeden ersten Sonntag im Monat mitfahren.
Oft sind die Touren im Vorfeld ausgebucht. Die Pferdebahn erfreut sich großer Beliebtheit – bei Familien mit Kindern ebenso wie bei echten Bahnfans. „Neulich fuhr mal ein angehender Lokführer mit“, erzählt Lippert. „Der hatte gleich vier Fahrten gebucht.“ Er fuhr den ganzen Tag mit der Bahn hin und her und half sogar beim Umspannen des Pferdes. Elko, das Warmblut, das die Bahn zieht, kann dies nämlich nur auf gerader Strecke tun. Bei einem Richtungswechsel muss es umgespannt werden.
Pferd zieht 2,3 Tonnen schweres Gefährt
19 Fahrgäste plus Kutscher finden auf dem historischen Waggon Platz. 2,3 Tonnen wiegt das Gefährt schon allein ohne Menschen. Um die zu bewegen, muss das Pferd die Bahn zunächst mit großer Kraft anziehen. Dann wird es leichter, weil die Grundreibung – anders als bei einer Kutsche – durch die Schiene nachlässt. „Wenn der Waggon rollt, dann rollt er“, weiß Jörg Lippert. Bergab muss der Kutscher sogar bremsen, damit die Bahn nicht zu schnell fährt. Die Tour führt auf 750 Metern Schiene einmal durch die Döbelner Innenstadt. Für viele Gäste ist das ein einmaliges Erlebnis. Ein älteres Ehepaar reiste extra aus Hamburg nach Döbeln, um mitzufahren. „Das habe ich meinem Mann zur Diamantenen Hochzeit geschenkt“, erklärte die norddeutsche Rentnerin.
Gefahren wird nur, wenn das Wetter mitspielt. Bei Starkregen oder Unwetter fällt die Tour aus oder auch, wenn es zu heiß ist. „Bei mehr als 30 Grad dürfen Pferde nur noch in Ausnahmefällen eingesetzt werden“, weiß Lippert und zitiert damit eine neue gesetzliche Verordnung, die seit diesem Jahr gilt. „Die Tiere leiden bei großer Hitze“, macht der Vereinschef klar. Das will Pferd Elko niemand zumuten. Seit Beginn 2007 zieht er die Fahrgäste zuverlässig durch die City. Derzeit wird ein zweites Ersatzpferd ausgebildet, das ihn im kommenden Jahr ab und zu ablösen kann. Das Jungpferd muss aber zunächst trainieren, den Wagen zu ziehen. Das sei nämlich etwas völlig anderes, als vor eine Kutsche gespannt zu werden.
Strecke um 100 Meter erweitern
Noch dieses Jahr soll die Strecke um weitere 100 Meter verlängert werden. Der Verein will vom Obermarkt bis zum Lutherdenkmal an der Nikolaikirche weitere Schienen verlegen lassen. „Dann könnten die Touristen, wenn sie dort aussteigen, gleich die Kirche angucken“, überlegt Lippert. 100.000 Euro kostet der Ausbau der Strecke. Das Geld kommt zu 100 Prozent aus dem Fonds „Vermögen von Parteien und Massenorganisationen der DDR“ (PMO), mit dem touristische Projekte im Osten der Republik gefördert werden. Die Planungsphase ist bereits abgeschlossen, die Ausschreibung für die Firmen läuft, die Bauarbeiten sollen noch dieses Jahr beginnen.
Nachfrage nach Fahrten ist hoch
Das große Interesse an der historischen Bahn ist es, was Jürgen Lippert nach wie vor so sehr erfreut. „Wir als Verein haben nicht gedacht, dass die Nachfrage so ungebrochen hoch ist.“ Die große Dankbarkeit für ihre Arbeit sei es, was ihn täglich bei der Stange halte.
„Wir machen das aus purer Liebe“, drückt Lippert seine Begeisterung für das Projekt aus. Etwa 60 Männer und Frauen engagieren sich derzeit ehrenamtlich im Verein, der auch das Pferdebahnmuseum in Döbeln betreibt. Die meisten sind Rentner. „Wie fast jeder Verein würden wir uns sehr über Nachwuchs freuen“, hofft Lippert. Immerhin sei die Bahn weltweit einzigartig und damit auch das Engagement dafür. Gina Apitz
Weitere Infos unter: www.doebelner-pferdebahn.de