Franziska Fink kam über einen Türkei-Urlaub zum Bauchtanz. Foto: Marcus Wolter
Franziska Fink kam über einen Türkei-Urlaub zum Bauchtanz. Foto: Marcus Wolter

Ach, ich bin schon ganz gern die Fee aus 1001 Nacht“, sagt Franziska Fink mit einem Lächeln. Genau dies wird sie dann, wenn sie in eines ihrer Kostüme schlüpft und zur Bauchtänzerin Lina wird – ihres Zeichens amtierende Deutsche Meisterin in drei Kategorien im Orientalischen Tanz. Und sie ergänzt: „Ich habe da wirklich wenig Berührungsängste – auch bei allen Klischees.“ Manchmal, überlegt sie, seien diese doch gar nicht mal so schlecht.

Was für die Markkleebergerin auch eine Frage des Respekts ist – denn die Fragen nach dem Warum und Wieso liegen dann doch nahe. „Ja, aus meiner Sicht gibt es beim Orientalischen Tanz schon ein wenig das ’Müssen’. Gerade beim Umgang mit einem Kulturgut, das eben nicht von hier kommt, braucht es Sorgfalt“, überlegt Franziska Fink.

Viel mehr als ein Tanzstil

Und erzählt davon, dass sie dies alles nicht einfach nur als Tanzstil betrachtet, sondern vielmehr ganzheitlich als Teil einer Kultur: „Ich habe mich auch schnell für die ganze orientalische Kultur interessiert und mich deshalb auch mit der Sprache beschäftigt. Gut, ich spreche nicht so gut arabisch, dass ich die Texte der Musik auf Anhieb verstehe – aber ich kann dann in der Auseinandersetzung schon begreifen, was in den Texten ausgedrückt wird.“ Für Franziska Fink aka Lina die grundlegende Basis des eigenen Tanzes, „es ist ja schon enorm wichtig zu wissen, von was da eigentlich gesungen wird“.

"Wenn ich das Tanzkostüm anziehe, schlüpfe ich in die Rolle einer anderen Person", dann wird aus Franziska Fink die Bauchtänzerin Lina - und die ist immerhin amtierende Deutsche Meisterin! Foto: Marcus Wolter
„Wenn ich das Tanzkostüm anziehe, schlüpfe ich in die Rolle einer anderen Person“, dann wird aus Franziska Fink die Bauchtänzerin Lina – und die ist immerhin amtierende Deutsche Meisterin! Foto: Marcus Wolter

Begonnen hatte alles einst – na klar – im Urlaub. Wobei die Freude an der Bewegung gewissermaßen in die Wiese gelegt wurde, „ich habe schon als kleines Kind getanzt und später auch geturnt. Aber als ich mit meinen Eltern in der Türkei war, habe ich zum ersten Mal Orientalischen Tanz gesehen.

Einfach-Drauflos-Tanzen

Und da war ich sofort begeistert: Also habe ich mir die Musik mitgenommen und bei meinen Eltern auf der Terrasse getanzt“. Dieses leidenschaftliche Einfach-Drauflos-Tanzen ist übrigens eine Sache, die sie heute gern an andere Frauen weitergibt: Ganz nach dem Motto – keine Angst vor dem Bauchtanz! „Eigentlich ist es der perfekte Tanz auch für ältere Semester: Man kann dabei einfach so tanzen, wie es für einen selbst am besten ist“, erzählt Franziska Fink.

Denn dieses Geheimnis steckt ja auch in all diesen Klischees über den Orientalischen Tanz: Es geht eben auch um das Wohlfühlen im eigenen Frauenkörper. Und um die Freude an diesem eigenen Frauenkörper – wobei Franziska Fink gern einräumt, dass sich auch der eigene Blick auf den Tanz inzwischen deutlich verändert hat: Einst begann alles als Leidenschaft für den Bauchtanz in der türkischen Ausprägung, „inzwischen kenne ich die Unterschiede in den länderspezifischen Stilen. Und inzwischen ist es vielmehr die Präsenz der Tänzerin, die mich berührt“.

„Eine gute Tänzerin braucht eine Ausbildung“

Veränderung ist ein gutes Stichwort: Auch für die Tänzerin Lina hat sich in den vergangenen Jahren so viel verändert. Sicher, der orientalische Bauchtanz gehört zu ihrem Leben wie das Atmen – dies gibt sie auch selbst zu Protokoll. Doch aus der Zwölfjährigen, die auf der Terrasse der Eltern nach erlebten Vorbild munter drauflos tanzte, ist eine Hochleistungssportlerin geworden. „Jede Tänzerin, die richtig gut ist, braucht eine fundierte Ausbildung und ganz viel Training“, zieht sie nüchtern die Grenze zwischen tänzerischem Hobby und gelebter Profession – ganz ohne Wertung, versteht sich.

„Der orientalische Bauchtanz ist nur dann berührend, wenn er eine individuelle Sache ist.“

Und dann erzählt sie von dem Mantra, das sie im vergangenen Jahr angetrieben hatte. Von dem „Du wirst Deutsche Meisterin 2023“, mit dem sie sich hineinstürzte in unzählige Übungsstunden: „So viel wie vor der Deutschen Meisterschaft habe ich so viel trainiert wird nie vorher.

So ist es aber nun einmal: Ehe ich etwas wirklich richtig beherrsche, muss ich es Tausende Mal trainiert haben. Nur dann kann ich tanzen, ohne über die Bewegungen nachdenken zu müssen.“ Der Lohn der Mühen: Im September 2023 im hessischen Baunatal stand Franziska Fink gleich dreimal auf dem Treppchen ganz oben – und nahm den Deutschen Meistertitel in den Kategorien Klassisch, Folklore und Show/Fantasie mit nach Hause.

Menschen mit ihrem Tanz zu berühren

Dabei ist sie sich der Widersprüche in der Sache durchaus bewusst ist. Der leistungssportliche Ansatz beim Orientalischen Tanz sei umstritten und dies aus gutem Grund: „Dieser Tanz ist eigentlich nur dann wirklich gut und berührend, wenn er eine individuelle Sache ist. Eine Standardisierung ist der Tod der Sache.

Nicht nur als Solistin, sondern auch mit dem Ensemble Lina tanzt Franziska Fink auf den Bühnen des Landes.Foto: Nicole Glielmi
Nicht nur als Solistin, sondern auch mit dem Ensemble Lina tanzt Franziska Fink auf den Bühnen des Landes.Foto: Nicole Glielmi

Aber ich wollte mich einmal in meinem Leben auch als Solistin einem Wettbewerb stellen.“ Dazu muss man wissen: Eigentlich ist Franziska Fink – nun ja – schon eine Teamplayerin mit dem eigenen Ensemble Lina (das übrigens auch schon mal den Titel „Bellydancers Of The World“ einfahren konnte). Und eine orientalische Bauchtänzerin, die eins am meisten liebt: Menschen mit ihrem Tanz zu berühren, zu begeistern und zu verzaubern.

„Ich mag es bei meinen Auftritten gern familiär“, erzählt sie und ergänzt: „Sehr gern tanze ich improvisierte Auftritte direkt unter den Menschen. Und inzwischen habe mir einige Standards zusammengestellt, das da ganz gut passen: Da gibt es zum Beispiel stets den Eröffnungstanz: Da nehme ich auch mal ganz bewusst wahr, wie das Publikum drauf ist.“ Und dann verlässt sie sich ganz auf die eigene Leidenschaft, das eigene Körpergefühl: Manchmal kommt sie dann „in so einen Flow, dass ich gedacht habe, ich tanze jetzt abgehoben vom Fußboden. Diesen Flow liebe ich über alles. Das sind die schönsten Momente“.

Wenn eine Rolle zur Befreigung wird

Eben wegen dieser Schönheit schlüpft Franziska Fink so gern in ihre Kostüme. Und verwandelt sich in die Bauchtänzerin Lina – auch dies ist ein sehr bewusster Prozess: „Wenn ich das Kostüm anziehe, werde ich tatsächlich zu einer anderen Person. Und dieses Reinschlüpfen in eine andere Rolle kann sehr befreiend sein.“ Es ist dann auch genau diese Idee der Befreiung, die sie gern weitergibt in ihren Kursen – an Frauen, die einfach Lust auf Bewegung und das Erleben des eigenen Körpers haben. Weit weg vom Leistungssport natürlich, „inzwischen gibt es ja auch die Idee, diesen Tanz mit gesundheitlichen Aspekten zu verbinden. Selbst einen inklusiven Ansatz gibt es mittlerweile“.

Die Verbindung zu den eigenen Wurzeln

Für diese Ideen und Entwicklungen hat Franziska Fink – die ja auch längst selbst im Orientalischen Bauchtanz unterrichtet – stets ein waches Auge. Das Bewusstsein für die orientalische Kultur schließe dies ja nicht aus. Im Gegenteil, findet sie: „Ich bin ja Deutsche. Und ich bin eben auch eine Ballerina und liebe Klassik. Das sind meine Wurzeln.“ Und daraus könnte sich doch etwas machen lassen. „Ich habe Lust auf so viele Dinge, auf coole Auftritte mit dem Mendelssohn-Kammerorchester zum Beispiel“, überlegt sie und sagt dann mit einem Lächeln: „Manchmal muss man die Leute nur auf die entsprechenden Ideen bringen.“ Jens Wagner

Weitere Infos: www.lina-bauchtanz.de

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