REGION. In DDR-Zeiten war sie ein Muss für jeden Achtklässler, heute ist die Teilnahme an ihr freiwilliger Natur: die Jugendweihe. Demgegenüber entscheiden sich Jugendliche aus christlich geprägten Elternhäusern in der Regel für die Konfirmation.
Sachsens Nachwuchs stellt sich den dunklen Kapiteln der deutschen Geschichte. „Wir haben in diesem Jahr rund 2500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an unseren Buchenwald-Fahrten, und das ist eine sehr gute Zahl“, berichtet Marcel Lehmann, Regionalkoordinator für die Leipziger Region beim Sächsischen Verband für Jugendarbeit und Jugendweihe, der seit Anfang der 90er-Jahre im Freistaat die Jugendweihe-Feiern sowie das Rahmenprogramm koordiniert. Seit jener Zeit ist demografisch und in puncto Schullandschaft viel passiert, was seinen Niederschlag nicht zuletzt in der Statistik des Verbandes findet. Nehmen an dessen sachsenweit 1000 Veranstaltungen in diesem Jahr rund 25.000 Jugendliche teil, so lag diese Zahl 1991/92 knapp fünfmal so hoch.
„Abgesehen von den demografischen Veränderungen haben sich mittlerweile eine Reihe lokaler Jugendweihe-Initiativen gegründet und sich darüber hinaus Schul-Fördervereine des Themas angenommen, sodass sich die Zahlen nicht eins zu eins vergleichen lassen“, so Lehmann. Zudem besuchten heute viel mehr Schülerinnen und Schüler mehr oder weniger weit von ihren Wohnorten entfernte Bildungsstätten, was die Zentrierung von Veranstaltungen im Klassenverbund erschwere. „Knapp 6000 Teilnehmer an 170 Veranstaltungen in diesem Jahr allein in der Stadt und im Landkreis Leipzig zeigen aber deutlich, dass das Interesse an der Jugendweihe im Allgemeinen und unseren Angeboten im Speziellen nach wie vor hoch ist“, so der Regionalkoordinator.
Neben altbewährten Angeboten wie Knigge- und Tanzkursen würde man dabei auch immer wieder neue Angebote ins Programm nehmen, wie etwa in diesem Jahr ein Opern-Projekt sowie einen Erste-Hilfe-Kurs mit den Johannitern. Im Landkreis Leipzig fanden beziehungsweise finden in diesem Jahr insgesamt 16 vom Verband organisierte Feierstunden in den Städten Markranstädt, Markkleeberg, Grimma, Wurzen, Borna, Brandis und Zwenkau statt.
Anders als in früheren Zeiten, als Jugendliche mit 14 Jahren ihren Personalausweis erhielten, und – bis zur Einführung der polytechnischen Oberschule Ende der 50er-Jahre – zumindest auf dem Land die Schule mit der achten Klasse abschlossen, erscheint die Jugendweihe heute etwas beziehungslos im Lebenslauf eines Heranwachsenden. „Sie wird von Schülern und Eltern allerdings wieder deutlich mehr als in den Jahren nach der Wiedervereinigung als das gesehen, was sie schon immer war, nämlich die traditionelle Feier des Erwachsenwerdens“, erläutert Marcel Lehmann. Selbige erfreut sich auch in Kitzscher, wo die Feier sowie das Begleitprogramm seit 2007 in den Händen der Kinder- und Jugendförderung „Initiative Kitzscher“ liegt, eines ungebrochenen Interesses. „Unsere Angebote sind sehr gut nachfragt, in diesem Jahr nehmen 27 Achtklässlerinnen und Achtklässler an der Feier statt“, berichtet die Vereinsvorsitzende Kay Enge, deren Verein bei der Gestaltung des durchweg kostenfreien Begleitprogramms mit Dozenten und Institutionen wie der Feuerwehr und dem Deutschen Roten Kreuz zusammenarbeitet.
Roger Dietze