Alexandra Mazzucco macht auch in der Geschäftsstelle des Handball-Verbandes Sachsen eine gute Figur. Foto: Andreas Neustadt

Leipzig. Alexandra Mazzucco lächelt. Die 28-Jährige wirkt sehr zufrieden. Und dazu hat sie auch allen Grund. Schließlich hat sie mit dem SV Union Halle-Neustadt in der vor wenigen Wochen zu Ende gegangenen Bundesliga-Saison den Klassenerhalt bereits frühzeitig gesichert. Damit hat sie ihre erste Saison mit den Hallenserinnen erfolgreich abgeschlossen. Mindestens ein weiteres Jahr wird sie hier mit der Nummer 60 auf dem Trikot auf der rechten Außenbahn noch ihre spielerische Stärke und vor allem ihr Tempo einbringen. Und sie hätte auch nichts dagegen, noch das eine oder andere Jahr in Halle dranzuhängen, gibt sie lächelnd zu. Ihre Schnelligkeit hat ihr vor einigen Jahren, als sie noch beim HC Leipzig und damit um den Deutschen Meistertitel, den DHB-Pokal und auch in Champions League spielte, den Spitznamen „der schnellste Zopf der Liga“ eingebracht.

Doch nicht nur auf dem Parkett bringt „Alex“ ihre Stärken ein. Seit September 2020 arbeitet sie in der Geschäftsstelle des Handball-Verbandes Sachsen (HVS) und tauscht hier als Projektmanagerin die Turnschuhe und den Handball mit Schreibtisch und Computer. „Ich habe vorher als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Leipzig gearbeitet. Die Verträge an der Uni werden aber leider immer nur semesterweise verlängert, das war mir irgendwann zu unsicher“, erklärt die leidenschaftliche Sportlerin. Also schrieb sie eine Initiativbewerbung an den HVS – mit Erfolg. „Als die Zusage kam, hab ich mich riesig gefreut. Ich habe mich schon immer für Verbandsarbeit interessiert. Das ist genau das Richtige für mich. Für mich war schon immer klar, dass die Trainerrichtung nicht so meins ist“, erklärt sie lächelnd. Kurz nachdem Alexandra Mazzucco die Geschäftsstelle „bezogen“ hatte, kam der zweite Lockdown und damit auch der sächsische Handballsport zum Erliegen. Die Organisation von verschiedensten Projekten, Turnieren und Aktionstagen, die vor allem in ihren Aufgabenbereich fallen, liegt seitdem auf Eis. Nun freut sie sich, dass mit den sinkenden Inzidenzzahlen hoffentlich auch bald wieder das Handball-Leben unterhalb der Bundesliga-Ebene zum Leben erwacht. Allerdings erleichterte ihr der Lockdown auch ein wenig die Eingewöhnungszeit am Verbands-Schreibtisch, gibt sie schmunzelnd zu. Sie fühlt sich in dem vierköpfigen Team um HVS-Geschäftsführer Ronald Meier auf jeden Fall pudelwohl. „Hier bekomme ich einen Einblick, was hinter den Kulissen alles abläuft und kann auch mitgestalten. Das ist unheimlich spannend.“ Das Pendeln zum täglichen Mannschaftstraining in das knapp 50 Kilometer entfernte Halle/Saale nimmt sie gern in Kauf. Für das Athletiktraining bekommt sie Pläne, die sie dann in Leipzig abarbeiten darf. Die berufliche Karriere nach dem Handball war Alexandra Mazzucco schon immer wichtig. Schon mit 19 Jahren begann sie an der Uni Leipzig ein Sportmanagement-Studium, dass sie im Februar 2018 mit dem Masterabschluss beendete.

Im Sommer 2011 kam die gebürtige Bayerin vom damaligen Drittligisten ESV 1927 Regensburg zum HC Leipzig. Als 18-Jährige und frischgebackene Abiturientin. Schon damals galt sie als großes Talent, dem eine erfolgreiche Bundesliga-Karriere vorausgesagt wurde. Behutsam wurde sie über die A-Jugend und das Juniorteam an die Bundesligamannschaft herangeführt.

„Beim HCL hab ich meine schönste Zeit erlebt“, sagt sie. Auch wenn sie hier 2012 während eines Bundesligaspiels einen Kreuzbandriss erlitt und damit ein halbes Jahr außer Gefecht gesetzt war. „Bis auf den Kreuzbandriss bin ich aber von großen Verletzungen verschont geblieben. Ich hoffe, das bleibt auch so“, sagt sie. Nach der Zwangspause kämpfte sie sich aber schnell wieder heran, wurde zur Führungsspielerin, später sogar Kapitänin, und schaffte den Sprung in die Nationalmannschaft. „Die Zeit beim HCL war eine tolle Zeit, auch wenn das Ende natürlich unschön war. Vor allem die beiden Pokalsiege 2014 und 2016 mit dem Final4-Turnier vor den eigenen Fans waren etwas ganz Besonderes. Da hat einfach die ganze Stadt mitgelebt.“ Das jähe Ende mit der Insolvenz der HCL Bundesliga GmbH im Frühjahr 2017 hat sie als Kapitänin hautnah miterlebt.

„Ich hatte damals in der Hoffnung, dass alles gut wird, gesagt ich bleibe. Als es dann hieß, dass es beim HCL vorbei ist, war das unglaublich hart“, erinnert sie sich. Sie sei damals an einigen Gesprächen im Rathaus zur Rettung des Vereins mit Trainer Norman Rentsch auch direkt beteiligt gewesen. Am Ende seien die ganzen Bemühungen leider umsonst gewesen. Damit stand auch sie von heute auf morgen mitten in der Saisonvorbereitung ohne Verein da und mit 24 Jahren am Scheideweg, „ob sei die Energie und die Motivation aufbringen könne, weiterhin Handball auf hohem Niveau spielen zu können“. Dann kam der Anruf von Herbert Müller. Der Trainer des HCL-Dauerrivalen Thüringer HC wollte die schnelle Außenspielerin unbedingt haben und sie folgte damit ihren HCL-Teamkolleginnen Saskia Lang und Anne Hubinger. „Dafür bin ich Peter Müller noch heute unheimlich dankbar. Wir sind damals beim THC mit offenen Armen empfangen worden“, sagt sie. Drei Jahre spielte sie beim THC, mit dem sie 2018 die Deutsche Meisterschaft gewann. Im vergangenen Sommer folgte dann der Wechsel nach Halle – auch, um wieder etwas näher an ihrem Wohnort Leipzig dran zu sein. In der Messestadt fühlt sie sich unheimlich wohl. Leipzig zu verlassen war für sie auch nach der HCL-Insolvenz nie ein Thema. Im Mai feierte sie bereits ihr „Zehnjähriges“ in Leipzig, wie sie zufrieden feststellt. Und jetzt, da die Corona-Lockerungen auch endlich wieder den einen oder anderen Café-Besuch zulassen, ist das Wohlfühlgefühl in der Messestadt noch einmal deutlich gestiegen.

Zum Handball ist „Alex“ übrigens nur durch einen Zufall gekommen. „Ich habe als Kind Leichtathletik gemacht, das war meine Welt. Als ich elf Jahre alt war, hat sich der Leichtathletikverein aufgelöst. Der nächste Verein war aber so weit weg, dass mich mein Papa überredet hat, zum Handball zu gehen. Das war nicht so weit weg“, kramt sie lächelnd in ihren Erinnerungen. So kam die „Sportskanone“ mit elf Jahren zum Handball – und sie hat es bis heute nicht bereut. Das Laufen gehört aber auch heute noch zu ihren Leidenschaften. Auch das geliebte Skifahren in ihrer bayerischen Heimat lässt sie sich im Winter nicht nehmen. Seit einigen Jahren ist sie auch, so oft es dieZeit zulässt, mit dem Rennrad unterwegs. Wie viele ihrer Handball spielenden Kolleginnen ist auch Alexandra Mazzucco Fußballfan. Dabei schlägt ihr Herz für den FC Bayern – kein Wunder, schließlich hat sie nach wie vor einen innigen Draht ins heimische Bayern, auch zu ihrer Familie, die sie so oft es zeitlich passt, besucht. „Ich schau mir aber auch gern Spiele von RB Leipzig an. Hoffentlich gibt es bald wieder die Möglichkeit, die Spiele im Stadion zu verfolgen“, blickt sie voraus.

Thema „Nationalmannschaft“ beendet

Das Thema „Nationalmannschaft“ hat Alexandra Mazzucco übrigens für sich persönlich nach 19 Länderspielen (35 Tore) beendet – obwohl sie mit 28 Jahren eigentlich im besten Handball-Alter ist. „Ich habe eine tolle Zeit in der Nationalmannschaft gehabt, aber das ist vorbei“, sagt sie ohne Wehmut mit einem Lächeln auch mit Blick auf die zahlreichen jungen Spielerinnen im aktuellen Kader: „Da gehöre ich ja inzwischen schon zum Team ‚alt‘.“ Ihr Höhepunkt in der Nationalmannschaft war die Teilnahme an der Heim-WM 2017. Zum ehemaligen HCL-Trainer Norman Rentsch hat sie nach wie vor einen sehr guten Draht. Dass der nun mit dem BSV Sachsen Zwickau den Aufstieg in die Bundesliga geschafft hat, zaubert ihr ein Lächeln in das Gesicht. „Ich freu mich sehr, dass er es mit Zwickau geschafft hat. Allerdings spiele ich sehr ungern gegen ihn“, blickt sie mit einem Augenzwinkern auf die kommende Bundesliga-Saison voraus. Vor dem Start der Saisonvorbereitung in Halle ist Alexandra Mazzucco vor allem in der HVS-Geschäftsstelle am Schreibtisch zu finden und mithelfen, das sächsische Handball-Leben nach dem Corona-Lockdown wieder zum Laufen zu bringen. Ende Juni steht aber erst einmal der wohlverdiente Sommer-Urlaub an. Das Traumziel ist Norwegen. Ob das klappt, hängt von der weiteren Entwicklung der Corona-Inzidenzzahlen ab. Der VW-Bus ist bereits gemietet. „Wir werden also auf jeden Fall mit dem VW-Bus unterwegs sein. Wo es hingeht, sehen wir dann“, sagt sie. Die Vorfreude darauf ist ihr dabei deutlich anzusehen, denn da ist es wieder: dieses Lächeln. Andreas Neustadt

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