Leipzig. Cindy Limberg steht neben einer Bananenpflanze, deren Blätter sie weit überragen. Über ihrem Kopf flattert es. „Da hat sich gerade einer so schön hingesetzt“. Sie deutet auf einen gelben Schmetterling, der auf einer Passionsblume gelandet ist. Er ist einer von 20 bis 30 Falterarten, die im feucht-warmen Schmetterlingshaus im Botanischen Garten der Universität leben – dem heimlichen Besucher-Magneten der Anlage.
Geöffnet ist das Haus allerdings schon seit Monaten nicht mehr. Und das ist ein Problem für den Förderkreis des Botanischen Gartens, der dafür zuständig ist. „Seit Beginn der Pandemie konnten die Gewächshäuser nur drei Monate lang öffnen“, beschreibt Vereinsvorsitzende Limberg das Desaster. „Wir sind aber auf die Eintrittsgelder angewiesen.” Zwar bekommt der Verein auch Spenden. Aber das und die Mitgliedsbeiträge federn die Ausfälle nicht ab. „Wir kratzen am finanziellen Limit nach anderthalb Corona-Jahren“, sagt Cindy Limberg traurig.
Größter Kostenfaktor sind die Puppen, aus denen die Schmetterlinge schlüpfen. 500 bis 1000 Euro muss der Verein für eine Lieferung berappen. „Damit es ordentlich flattert, müssen wir alle zwei Wochen eine Puppenlieferung nachbestellen“, so die 32-Jährige. Die vorhandenen Schmetterlinge vermehren sich zwar auch, aber nicht alle Arten gleichermaßen gut. Deshalb werden die Puppen aus Costa Rica eingeflogen. Kleinbauern züchten die Tiere dort und „können sich damit ihren Lebensunterhalt verdienen“, sagt Limberg. In feuchten Schaumstoff gewickelt, kommen sie so im Postpaket per Flugzeug nach Leipzig. Jede Puppe ist mit einem kleinen Schild versehen, auf dem ihre Art vermerkt ist. Donnerstags ist in Costa Rica Exporttag, dienstags darauf landen die Schmetterlinge in Leipzig.
132 Puppen werden dann an hängenden Korkeichenstämme mit Nadeln festgesteckt. Jeden Tag kümmert sich jemand um die Tiere: Sie werden mit Wasser besprüht, um die Luftfeuchtigkeit hoch zu halten und das Schlüpfen zu erleichtern. Die Mitarbeiter kontrollieren, ob sich die Falter ordentlich entwickeln und sorgen für Nahrung.
In seiner Not hat der Verein jetzt eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen, die noch bis 12. Juni läuft. 5000 Euro sollen auf diese Weise zusammenkommen. „Damit würden wir die nächsten zwei Monate schaffen“, sagt Cindy Limberg. Die gärtnerische Pflege des Hauses übernimmt die Universität. Von dem Geld könnten die Mitglieder die Puppenlieferungen, Pflanzen für die Raupen und Futter für die Schmetterlinge kaufen. Sie lieben vergorenes Obst und eine Nachbildung aus Blütennektar, bestehend aus Honig, Traubenzucker und Wasser. 2200 Euro sind bereits zusammengekommen. Limberg ist zuversichtlich, dass auch der Rest der Summe gespendet wird.
Sollte die Crowdfunding-Aktion nicht erfolgreich sein, wird es im Schmetterlingshaus zunächst weniger flatterig zugehen. Noch im Juni sollen die Gewächshäuser im Botanischen Garten wieder öffnen – dann kommen auch wieder Eintrittsgelder in die Kasse des Fördervereins. Und damit könne man „diesen super-schönen Ausflugsplatz“ erhalten. Normalerweise besuchen viele Familien mit Kindern das Schmetterlingshaus. 2019 kamen 1500 Kinder aus Kitas und Horten hierher. „Die ganz Kleinen sind noch so richtig krass begeistert von den Schmetterlingen“, weiß Cindy Limberg. Und genau darum geht es dem Verein: Groß und Klein für das Thema Umwelt und Naturschutz zu gewinnen.
Im Schmetterlingshaus ist das eine leichte Übung. „Schaut mal“, ruft Limberg. Über ihrem Kopf dreht ein blauer Morphofalter seine Runden. „Die Innenseite der Flügel ist so strahlend blau.“ Der imposante Falter kann eine Flügelspannweite von 120 Millimetern erreichen. Dann macht Limberg noch eine kleine Entdeckung: Auf einer Pflanze findet sie kleine gelbe Punkte, die Schmetterlingseier der Passionsblumenfalter. Wenn die Raupen schlüpfen, fressen sie hungrig die Blätter ab, bevor sie sich verpuppen und nach einigen Wochen als Falter das Licht der Welt neu erblicken. Im Schmetterlingshaus wohnen allerdings nicht nur anmutige Insekten. Auch Kakerlaken fühlen sich hier pudelwohl. „Aber die sind nachtaktiv“, beruhigt Limberg und lächelt. Gina Apitz
Der Link zur Crowdfunding-Aktion im Internet: www.startnext.com/lasst-die-schmetterlinge-fliegen