Über all die Jahre hinweg hat Elisabeth Woratz die Arbeit ihrer Beratungsstelle ausführlich dokumentiert - ein Beleg für den großen Bedarf. Foto: Ralf Miehle

Altenburg. Hunderte Menschen sind über die Jahre zu ihr gekommen und jedem hat sie zugehört: Elisabeth Woratz war 25 Jahre Leiterin der Psychosozialen Beratungsstelle in Altenburg. Ihre Motivation über all diese lange Zeit: „Ich liebe Menschen.“

„Das Wichtigste an meiner Arbeit war immer, dass mir die Menschen und ihr Ergehen wichtig sind“, sagt Elisabeth Woratz. Der warme Ton, in dem sie das sagt, klingt absolut ehrlich, klar. Und das noch nach 45 Jahren in einem Beruf, der sie jeden Tag in die Gesichter verschiedenster Menschen blicken ließ. Gesichter gezeichnet von Krisen, Leid, Verlust. Über ein Vierteljahrhundert war Elisabeth Woratz die Leiterin der Psychosozialen Beratungsstelle für das Altenburger Land. Seit Kurzem nun hat sie sich in den wohlverdienten Ruhestand begeben.

Seit 1985 wohnt sie mit ihrem Mann in Altenburg. Ursprünglich kommt sie aus Mecklenburg-Vorpommern. „Mein Mann hat hier angefangen, in der Suchtberatung zu arbeiten, und deswegen sind wir nach Altenburg gezogen. Anfangs wollte ich immer wieder zurück nach Mecklenburg, weil hier alles so heruntergekommen war“, erinnert sie sich lachend an ihre Emotionen und Gedankengänge aus Anfangstagen. Mit der Zeit jedoch hat ihr die Skatstadt immer besser gefallen – und so sind sie geblieben und haben sich für besagte lange Zeit in den Dienst der hier lebenden Menschen gestellt – ihr Mann über viele Jahre als Leiter der Suchtberatungsstelle.

Doch zurück zu Elisabeth Woratz: 1986 begann sie ihren Dienst beim Diakonischen Werk Thüringen, in der Kreisstelle für Diakonie. „Das war im Bereich der allgemeinen Sozial- und Lebensberatung.“ Schon im Jahr 1991 stellte sie fest, dass immer mehr psychisch belastete oder erkrankte Menschen die Beratungsstelle aufsuchten.

1993 wurde die Arbeit mit diesen Menschen ein Schwerpunkt ihres Dienstes. „Da entstand in mir die Idee, eine psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle für psychisch erkrankte Menschen und deren Angehörige aufzubauen“, erzählt unsere Gesprächspartnerin. Sie schrieb die entsprechende Konzeption, und im Dezember des Jahres 1994 konnte die Beratungsstelle in der Trägerschaft des Diakonischen Werkes Thüringen eröffnet werden. Zwei Jahre später bekam die Einrichtung eigene Räumlichkeiten in der Carl-von-Ossietzky-Straße 12. Elisabeth Woratz und weitere Mitarbeiter initiierten schließlich die Gründung des Vereins „Horizonte – Psychosoziales Diakoniezentrum Altenburger Land“, das war im Juni 1995.

„Ganz wichtig bei dem Angebot der Psychosozialen Beratungsstelle ist: Es ist ein niederschwelliges Angebot“, erklärt Elisabeth Woratz. „Jeder Mensch kann kommen. Die Beratung ist kostenfrei, man braucht keine Überweisung.“

Die Sprechzeiten oder ein Telefongespräch dienen als Erstkontakt, in einem ersten Einzelgespräch erzählt der Betroffene, welches Anliegen ihn zur Beratungsstelle führt. Und äußert sich im Rahmen dieser ersten Begegnung auch dazu, ob er lieber Einzeltermine oder Gesprächsrunden in Anspruch nehmen würde. „Es kommen Menschen in unterschiedlichen seelischen Notlagen. Menschen in Krisensituationen, die sich einsam fühlen, Gesprächsbedarf haben.“

Und Elisabeth Woratz hörte jedem zu. Routine kam für sie in all der Zeit nie auf. „Jeder Mensch ist einmalig. Und für jeden Menschen habe ich mich wieder neu interessiert. Es war immer wieder die Frage: Was braucht er, was möchte er?“ Um diesen Job machen zu können, muss man Menschen lieben, wie sie sagt. Beziehungsfreundlich sein. Herausfinden wollen, was die Menschen bewegt. Man muss zuhören (können), immer wieder aber ebenso nachfragen.

Doch Empathie und Offenheit reichen nicht aus, betont Elisabeth Woratz. Das Wissen ist genauso wichtig. Ursprünglich hatte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht. Aber dann absolvierte sie die Fachhochschule, wurde Diplom-Sozialarbeiterin. Dazu kamen eine Systemische Familientherapieausbildung, eine sozialpsychiatrische Zusatzausbildung. „Das war mir immer wichtig“, sagt sie. Kontinuierlich dazulernen, sich fortbilden.

Elisabeth Woratz selten mit nach Hause genommen. „Ich habe mich immer auf die Lösung konzentriert. Wie kann ich den Menschen dabei helfen, selbst zu entdecken, was sie weiterbringt? Das war mir wichtig in meiner Tätigkeit.“ Ihre Arbeit hat sie immer als einen Dienst am Menschen auf Grundlage der christlichen Nächstenliebe ausgeübt. „Was mir sehr wichtig war, weil ich Christ bin.“

Ihre Beratungsstelle, seit 2007 in Trägerschaft der Horizonte gGmbH, fungierte als Auffangnetz, als Filter, um die Betroffenen notfalls weiterzuvermitteln – auch in eine medizinische Betreuung, wenn schwere psychische Erkrankungen vorlagen.

Und jetzt, im Ruhestand? Da zieht es Elisabeth Woratz und ihren Mann, beide Jahrgang 1957, doch wieder in den Norden, nach Mecklenburg-Vorpommern. „Meine Eltern leben dort. Und wir wollen jetzt die Zeit nutzen und sie unterstützen.“ Von der Beratung will sie sich noch nicht komplett verabschieden. Sie könnte sich ein ehrenamtliches Engagement in der Eheberatung und zusammen mit ihrem Mann in der Suchtkrankenhilfe vorstellen. „Ich bin immer offen für Neues. Und jetzt kann ich die ganze Sache ruhiger angehen.“

Wer sich mit seinen Sorgen an die Psychosoziale Beratungsstelle für das Altenburger Land in der Carl-von-Ossietzky-Straße 19 in Altenburg wenden möchte, derjenige meldet sich am besten telefonisch unter der Rufnummer 03447 514214, denn natürlich wird die von Elisabeth Woratz so verdienstvoll und langjährig erfolgreich aufgebaute Beratungsarbeit auch nach ihrem Übergang in den Ruhestand von anderen Mitarbeitern fortgeführt.

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