Der Fotograf Gerhard Weber, der am 9. Januar seinen 80. Geburtstag feiert, arbeitet seit 60 Jahren mit der Kamera in der Hand. Ich durfte den gebürtigen Berliner einen Monat vor seinem Ehrentag in Grimma besuchen und ihn in seinem Arbeitszimmer, wo er seine Arbeiten druckt und archiviert, fotografieren.
Bis zum 23. Februar 2020 sind Gerhard Webers Bilder, die auch international gefeiert werden, in der Ausstellung „Leben in der DDR“ zu sehen: „Meine Bilder erzählen nüchtern, ungeschönt vom gelebten Alltag im realen Sozialismus und sind aus heutiger Sicht mit einer gewissen Heiterkeit und Nachdenklichkeit versehen“, meint der freischaffende Künstler, der zwischen 1987 und 1990 ungefähr 80 Colditzer Familien daheim fotografiert hat. „Meist war ich am Wochenende zwei bis drei Stunden bei den Leuten zu Hause. Ich sagte ihnen vorher, geht bitte nicht zum Friseur und zieht euch so an wie an einem ganz normalen Samstag. Ich habe mich immer für die einfachen und ganz normalen Menschen interessiert und alle auf Augenhöhe behandelt“, sagt der heute 79-Jährige. Seine Milieu-Porträts sind einmalige Zeitzeugen, voller Emotionen und kleiner Geschichten. Die Öffentlichkeit bekam die größtenteils Schwarz-Weiß-Fotografien in einer Freiluftgalerie in Colditz am Tag des Geldumtausches im Sommer 1990 zu sehen, erinnert sich Gerhard Weber.
Auch in seinem ganz persönlichen Jubiläumsjahr lädt eine Open-Air-Ausstellung ab Juni in Grimma die Besucher auf eine Zeitreise ein. Der Titel lautet „Draußen im Land & Mitten im Dorf“ und präsentiert Fotografien aus dem ländlichen Leben der Menschen im Muldental und Landkreis Leipzig von 1960 bis zum Jahr 2020.
Tipp: Gespräch mit Gerhard Weber am Sonnabend , dem 7. Dezember, 14.30 Uhr, in der Ausstellung „Leben in der DDR“ im Kulturhistorischen Museum Schloss Merseburg.
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Der Verein Notenspur Leipzig veranstaltet am dritten Adventswochenende das „Notenspur-Fest der Hausmusik“. Zahlreiche Leipziger öffnen ihre Wohnzimmer, um zu musizieren und Musik gemeinsam mit Nachbarn, Freunden und Fremden zu erleben. Bundesweit findet das musikalische Festival in diesem Jahr unter dem Motto „Beethoven bei uns“ statt. Wer kennt sie nicht, diese kraftvollen und beeindruckenden Kompositionen „Für Elise“ oder die 9. Sinfonie mit der „Ode an die Freude“? Ab dem 16. Dezember feiert ganz Deutschland ein Jahr lang den 250. Geburtstag des Künstlers Ludwig van Beethoven, der am 17. Dezember 1770 in Bonn getauft wurde.
Das Holbein-Quartett, bereits zum zweiten Mal beim Hausmusik-Fest dabei, freut sich auf das weihnachtliche Konzert mit vielen „Unbekannten“ in einer Wohnung im Leipziger Stadtteil Schleußig. Bevor im heimischen „Konzertsaal“ der Familie Fichtner die Musik von Haydn, Mozart und dem großen Beethoven zur Aufführung kommen, trafen sich die Hobbymusiker letzte Woche zur Generalprobe.
Ina (Cello) und Falk (Geige) sind verheiratet, Andreas (Bratsche) und Johannes (Geige) Brüder. „Wir machen Musik auf gehobenem Laienniveau. Früher spielten wir im Universitätsorchester, heute treffen wir uns zum gemeinsamen Spielen und gemütlichen Beisammensein. Ab und an gibt’s auch eine Mugge“, plaudert der Familienvater Falk, der als Intensivmediziner arbeitet. Seine Frau, eine Mathematikerin, erzählt vom Kennenlernen mit den Brüdern auf einer Hochzeitsfeier in Markkleeberg, wo sie vor sieben Jahren zufällig nebeneinander saßen. Letztes Jahr feierten die musikalischen Akademiker Premiere beim Notenspur-Fest der Hausmusik. „Mit teilweise wildfremden Leuten haben wir nach dem Konzert noch lange zusammen gesessen und geredet. Das war ein so intimes Erlebnis, dass wir uns schnell einig waren, auch diesmal mitzumachen“, so der Hausherr. Die Sitzgelegenheiten im Schleußiger Wohnzimmer waren schnell vergriffen, in anderen Stadtteilen, beispielsweise in Lindenau, gibt es noch freie Kapazitäten.
Tipp: Freie Plätze bei den Wohnzimmer-Konzerten am 14. und 15. Dezember in ganz Leipzig finden Sie im Internet unter folgendem Link: www.notenspur-leipzig.de/fest-der-hausmusik
Regina Katzer