92 Jahre alt – und noch kein bisschen müde

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Leipzig. Ob er denn Lust habe, zum bundesweiten Vorlesetag – das ist jeweils der dritte Freitag im November – in der Grundschule Espenhain zu lesen? Na sicher hatte er Lust, der 92-jährige Hans-Holger-Petermann. Und griff zum Buch „Der Tag, an dem die Oma das Internet kaputt gemacht hat“ von Marc-Uwe Kling, um Schülerinnen und Schülern vorzulesen. Damit nicht genug – es warten noch weitere Termine: Im Gasthof Plaußig ist er mit „Glühwein und Kerzenschein“ am Samstag, 26. November, zu Gast, dann wartet schon die Senioren-Weihnachtsfeier in Oelzschau am 13. Dezember.

Das ist mal ein gestandener Vorleser! Einer, der von Hause aus Schauspiel in Dresden studierte, in Gera, Dresden, Greiz, Greifswald und und und echte Charakterrollen spielte, am Theater Regie führte, als Conférencier oder als Spielmeister unterwegs war und auch schon mal als Clown vor Kindern auftrat. Der mit DDR-Showgrößen wie Heinz Quermann, Friedel Hönisch, Eberhard Cohrs, dem Duo Herricht und Preil, Willi Schwabe, Fips Fleischer, Fred Delmare, Achim Mentzel, Helga Hahnemann und vielen anderen auf du und du war. Hans-Holger Petermann stand oft im Leipziger Haus der Heiteren Muse mit Manfred Uhlig mit einer erfolgreichen Wasserrevue auf der Bühne – gern auch vor Fernsehkameras. Als sein bleibendstes Erlebnis bezeichnet er das Gespräch mit Helene Weigel, der großartigen Schauspielerin und Intendantin des Berliner Ensembles: „Ich hatte mich im jugendlichen Übermut beim Berliner Ensemble beworben. Frau Weigel interessierte sich sehr für meine Ambitionen. Über eine Stunde dauerte das Gespräch. Das war für meine künstlerische Laufbahn wirklich wegweisend. Dafür bin ich ihr ewig danken“, erzählt er mir in bewegenden Worten.

Und mit einem wehmütigem Lächeln berichtet er dann davon, dass er „heute nicht mehr durch den TÜV käme“, wie er scherzhafter Weise bemerkt: „Leider bin ich körperlich gehandicapt. Meine Beine machen nicht mehr das, was ich gern möchte.“ Deshalb trage er jetzt Texte vor und rezitiert wie etwa zu den aller 14 Tage stattfindenden Kaffeenachmittagen des Wiederitzscher Pflegedienstes, der ihn mit betreut. Das sei für ihn wie ein Fünfer im Lotto. Ebenso wie sein elektrischer Krankenfahrstuhl, der ihn von Wiederitzsch nach Stadtmitte bringt oder auch zu den in menschlicher Obhut befindlichen Königstigern nach Dölzig, auf die der 2014 gegründete Verein mehr als ein Auge hat.

Verrückte Lebenswege

„Es geht doch manchmal verrückt zu. Ich wollte als Junge immer Schauspieler oder Raubtier-Dompteur werden. Beides ist mir geglückt,wobei das mit dem Dompteur so nicht stimmt. Aber immerhin engagiere ich mich als Vorsitzender und mit mir die 15 Mitglieder des Vereins für das Überleben der fünf Königstiger der Tiertrainerin Carmen Zander.“ Ihr gemeinsames Ziel: Die Gründung eines Tigerparkes für ein neues Zuhause der Großkatzen, die von der Tiertrainerin liebevoll betreut werden. Die übrigens vor der Pandemie mit ihren Tigern in Dölzig bei Veranstaltungen die Menschen erfreute und damit Gelder für das große Vorhaben sammelte. „Wir als Verein lassen keine Möglichkeit aus, um Spenden für unser Ziel – ein Park für diese Tiger – zu sammeln. Bisher stehen bereits mehr als 50 000 Euro zu Buche“, betont der Tausendsassa Hans-Holger Petermann.

Dessen Nachwuchs übrigens gleichfalls Beachtliches aufzuweisen hat: Sein ältester Sohn Detlev ist einer der Hauptinitiatoren der Rekonstruktion der Leipziger Radrennbahn. Sein jüngster Sohn Andreas war Leistungssportler, achtmal bei der Friedensfahrt dabei. Heute ist er in Grimma als sogenannter Quereinsteiger Sportlehrer an einer Schule, die er täglich von Leipzig aus mit dem Fahrrad erreicht. Dessen Sohn Roman wiederum ist der international bekannte Presley-Interpret, Sänger, Musiker, Entertainer. Und ein weiterer Enkel namens Ronny Reiche wurde kürzlich vom Oberbürgermeister der Stadt Leipzig für seine ehrenamtliche Arbeit im Technischem Hilfswerk (THW) ausgezeichnet.

Einiges richtig gemacht

„Da habe ich in meinem Leben doch so manches richtig gemacht“, sagt Hans-Holger Petermann lachend. Und meint, dass dies auch seinen Opa freudig stimmen würde, dessen Grab die Familie dieser Tage in Bernstadt auf dem Eigen in der Oberlausitz besuchte. Im dortigen Museum erinnert eine Gedenktafel an Heinrich Oskar Petermann. Fünfzig Jahre war er in der sächsischen Landstadt als Feuerwehrhauptmann mit Ehrentitel Branddirektor tätig.

Und was wünscht sich Hans-Holger Petermann, dessen Frühstück auch zum Sonntag sehr schmalbrünstig ist mit einer Scheibe Butterbrot, einem Apfel und einer Tasse Kaffee? „ Ich möchte gern einhundert Jahre alt werden. Na, wenigstens 98. Das Leben ist doch wunderschön. Ich genieße jede Stunde, erfreu mich an all den schönen Dingen des Alltags und an meiner Familie.“ Traudel Thalheim

Wer für die Tiger von Carmen Zander spenden mag, kann dies hier tun: Kontonummer: DE 23 8306 5408 0004 857780.

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